"High Convenience"-Fertiggerichte im Restaurant: Das Zeug könnt ihr behalten! - Kommentar
Autor: Rupert Mattgey
Deutschland, Freitag, 01. März 2024
Eine Geburtstagsfeier in einem beliebten Bamberger Restaurant. Schönes Wetter, nette Gespräche, gute Stimmung. Doch auf den Tellern landet „High Convenience“-Essen: vorgekochte Lebensmittel und ganze Gerichte aus Tiefkühltruhe und Plastikbeutel, nett angerichtet, völlig überteuert. Die Gesichter der Feiernden werden lang und länger. Ein Kommentar gegen den furchtbaren High-Convenience-Trend.
Neulich in einem sehr beliebten und wunderschön gelegenen Bamberger Restaurant: Wir feiern einen 40. Geburtstag. Alle sind gut drauf, nur als das Essen kommt, bricht die Stimmung ein. Was da auf den Tellern gelandet ist, hat mit ehrlichem, hausgekochtem Essen nichts mehr gemein. 'High Convenience Food' nennt man die derzeit bei deutschen Gastronomen so heißgeliebten Fertigprodukte, bei denen sich kein Koch und keine Köchin mehr stundenlang an den Herd stellen muss. Erhältlich für kleines Geld im Großhandel (Metro) und online. Alles ist vorgekocht. Haltbar gemacht. In Plastiktüten und Tiefkühlkartons verpackt. So weit vorbereitet, dass man nur noch den letzten Schritt tun muss: das Essen erwärmen. Dann noch schön auf den Tellern anrichten, das war‘s.
Problem: Das Zeug schmeckt nicht. Überhaupt nicht. Es ist ekelhaft. Und ich gehe so weit, zu behaupten, dass ich es jederzeit und überall herausschmecken würde. Manchmal schrillen schon beim Lesen der Speisekarte meine inneren Alarmglocken. Doch der Siegeszug der High-Convenience-Lebensmittel durch die deutsche Gastronomie scheint nicht aufzuhalten. Warum eigentlich? Wer soll diesen Fraß denn bitteschön essen?
High-Convenience-Lebensmittel im Restaurant: Das ist doch kein Kochen!
High Convenience sollte in der Gastro-Küche nicht die Regel sein, sondern eine Art Notfallplan, wenn der Koch krank wird. Aber vielleicht befindet sich Deutschlands Gastronomie ja tatsächlich seit Jahren in einer Art Dauer-Notfall? Fehlendes Personal, steigende Kosten, Energiekrise – all diese Faktoren führen dazu, dass viel zu oft Fertigware anstatt frischer Lebensmittel auf den Tellern landet. Aber das geht nicht. Die Restaurants, die das zu einem festen Geschäftsmodell machen, werden das noch früh genug merken. Die Gäste werden, so wie ich, vermutlich einfach nicht mehr wiederkommen. Eine Ausnahme mache ich da nur im ICE-Bordbistro. Denn da ist seit jeher alles „Convenience“. Aber da weiß man das wenigstens und kann sogar dabei zugucken, wie die kurz erwärmten „Bratwürste“ aus dem Plastikbeutel auf den Teller gequetscht werden.
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Liebe Gastronomen, glaubt ihr wirklich, es merkt niemand, wenn ihr euren Gästen Tiefkühlkost und Tütenfraß vorwerft? Glaubt ihr wirklich, eure Gäste sind so abgestumpft, die Geschmacksknospen so verdorrt, das Urteilsvermögen so eingeschränkt? Glaubt ihr wirklich, es fällt nicht auf, dass in eurer Küche niemand mehr selbst kocht, sondern nur vorgefertigte Häppchen formschön auf einem Teller drapiert? Das Burger-Patty - aus der Tiefkühltruhe. Das Salatdressing - aus der Tüte. Die Tomatensalsa - aus dem Eimer. Die Spiegeleier – vorgebraten und schockgefrostet.
Die Spätzlepackung im Wasserbad erhitzen zählt für mich nicht als „Kochen“. Die Tiefkühl-Maultaschen (vegan!) in die Fritteuse oder die Fertig-Brühe werfen, auch nicht. Die Sauce im Plastikbeutel in die Mikrowelle stellen, ebenfalls nicht. Ein paar Salatblätter, darüber gestreute Kräuter und ein Löffel Sauerrahm als Deko mögen dem Gericht den Anschein von frischer Hausmacherkost verleihen, können am Geschmack aber leider wenig ändern.
Bratkartoffeln aus der Tüte und Fertig-Klöße: Es gibt eine Grenze
„High Convenience“, das heißt auf Deutsch so viel wie „Hoher Komfort“ oder „Hohe Bequemlichkeit“. Schon klar, liebe Gastronomen, dass es für euch bequem ist, die Linsensuppe einfach aus dem Päckchen auf den Teller zu schlonzen. Selbst kochen ist ja auch so anstrengend. Und zeitraubend. Und teuer! Schließlich müsste man einen richtigen Koch bezahlen! Die Zubereitung der Bratkartoffeln dauert ewig, also nimmt man, ist doch klar, einfach die vorgebratenen Kartoffelscheiben aus dem Alu-Päckchen. Im Wasserbad schonend erhitzt, ab auf den Teller, Zwiebelchen sind auch schon drin. Schmeckt zwar nach so ziemlich gar nichts, und knusprig ist das logischerweise auch nicht, aber hey: High Convenience! Da kann der „Koch“ in derselben Zeit, die er früher für eine Portion Bratkartoffeln verbraten hat, glatt 20 Essen rausballern.
Nicht falsch verstehen: Ich finde es durchaus ok, wenn eine Gastro-Küche auf vorgeschälte, vorgeschnittene Zwiebeln zurückgreift. Auf vorgeschälte Kartoffeln vielleicht auch noch. Aber vorgebratene Bratkartoffeln? Ernsthaft? Spätestens beim vorgekneteten Kloß wird eine Grenze überschritten. Wenn ich ein Fertiggericht will, hole ich mir für drei Euro eines aus dem Supermarkt. Dafür gehe ich nicht in ein Restaurant und lege zehn oder 20 Euro auf den Tisch. Denn mal ehrlich, Gastronomen, auch wenn es im Einkauf günstig ist und in der Küche jetzt alles superschnell geht: Am Preis für den Gast hat sich dadurch rein gar nichts zum Positiven verändert. Wenn überhaupt, ist Essengehen mittlerweile so teuer geworden, dass viele es sich gar nicht mehr leisten können.