Der Tankrabatt: Dieses Fazit zieht der ADAC - ein Interview
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Mittwoch, 07. Sept. 2022
Der Tankrabatt ist ausgelaufen. Was hat er gebracht? Ist ein fairer Preis in Krisenzeiten entstanden oder haben sich die Mineralkonzerne die Taschen voll gemacht? Wir fragen nach im Exklusiv-Interview bei Dennis Heldt vom ADAC Nordbayern.
- Die gemischte Bilanz zum Tankrabatt
- Die Bruttomargen haben sich seit Jahresbeginn mehr als vervierfacht
- Mineralkonzerne agieren willkürlich und intransparent
- Statt Tankrabatt eine höhere Entfernungspauschale bei der Steuer
- Der Preis an der Zapfsäule hat sich vom Rohölmarkt vollständig entkoppelt
Das Fazit zum Tankrabatt fällt bei Dennis Heldt vom ADAC Nordbayern eher ernüchternd aus: Er wird die öffentlichen Kassen teuer zu stehen kommen – geschätzt 3,15 Milliarden Euro. Haben davon nur die Mineralkonzerne profitiert? Fragen an den Verkehrsexperten des ADAC in Nordbayern.
inFranken: Welche Erfahrungen hat der ADAC mit dem dreimonatigen Tankrabatt gemacht?
Dennis Heldt: "Wir ziehen eine gemischte Bilanz. Der Tankrabatt hat dazu geführt, dass die Preise an der Zapfsäule gesunken sind. Aber unterm Strich haben die Mineralölkonzerne kräftig abkassiert und zusätzliche Gewinne aus dem Steuervorteil mitgenommen. Der eigentlich gut gemeinte Entlastungseffekt blieb daher hinter den allgemeinen Erwartungen zurück und das kritisieren wir als ADAC."
Das RWI und Ifo haben festgestellt, dass die Mineralkonzerne und die Tankstellen den Tankrabatt an die Autofahrenden weitergegeben haben. Hat der ADAC dieselben Erfahrungen gemacht?
"Interessanterweise hat das RWI festgestellt, dass im August der Tankrabatt eben nicht vollständig an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben wurde. Das deckt sich auch mit unserer ADAC-Berechnung, wonach wir in Deutschland bei Benzin im Vergleich zur Rohöl- und Dollarnotierung am Weltmarkt zeitweise 20 Cent je Liter über den marktgerechten Preisen lagen. Bei Diesel ist die Berechnung etwas komplexer, aber selbst wenn man hier die Sonderfaktoren wie erhöhte Nachfrage wegen Heizöl oder die logistischen Herausforderungen aufgrund der niedrigen Pegelstände in den Flüssen abzieht, bleibt auch beim Diesel das Preisniveau viel zu hoch."
Sie sprechen von einem Missbrauch der Steuerentlastung durch die Mineralölkonzerne, auf was konkret zielt Ihr Vorwurf?
"Brancheninterne Daten zeigen, dass sich die Bruttomargen im Raffineriesektor seit Jahresbeginn mehr als vervierfacht haben. Somit kann man sagen, dass vor allem die Mineralölgesellschaften große Profiteure der gestiegenen Preise sind, was auch durch die aktuell veröffentlichte Gewinnentwicklung der Ölkonzerne im Vergleich zu den Vorjahren eindeutig belegt wird. Da die Mineralölkonzerne den Tankrabatt aber nicht vollständig an die Autofahrenden weitergegeben haben, ist diese Steuerentlastung des Staates also auch in die Gewinne der Unternehmen geflossen. Hier muss aus unserer Sicht das Bundeskartellamt aktiv werden und schnell Ergebnisse aus der angekündigten Sektoruntersuchung vorlegen und Licht ins Dunkel der Preisgestaltung bringen."
Es gibt drei Akteure: die Tankstellenpächter und -besitzer*innen, die zwölf Raffinerien und die Mineralkonzerne. Wer ist der größte Gewinner in dieser Dreiecksbeziehung?
"Sicherlich haben auch die Raffinerien einen Anteil an den gestiegenen Preisen, diese sind im Vergleich zu den Mineralölkonzernen aber eher zu vernachlässigen. Den geringsten Einfluss haben die Tankstellenpächter, die hier am Ende der Kette stehen und die Preisvorgaben der Konzerne umsetzen müssen."
Die Autofahrer*innen sind einfach nur sauer auf die Ölmultis, können Sie das nachvollziehen?
"Ja, das können wir durchaus nachvollziehen. Wie angesprochen bleibt die Preisgestaltung der Mineralölgesellschaften willkürlich und intransparent, das kritisieren wir seit Jahren. Die jetzige Energiekrise im Zuge des Ukraine-Krieges offenbart diese Missstände jetzt in aller Deutlichkeit – zum Leidwesen der Millionen Kunden, die auf das Auto schlicht angewiesen sind. Den Frust vor allem der Berufspendlerinnen und -pendler können wir absolut verstehen."