Wenn Corona deinen Urlaub vermiest hat: Pauschalreisende können jetzt versuchen, Geld zurückzufordern
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Dienstag, 24. Januar 2023
Geld zurück wegen Corona-Maßnahmen im Urlaub? Bislang eher unwahrscheinlich. Jetzt macht aber der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit einem Urteil Millionen Urlaubern wieder Hoffnung.
- EU-Recht schützt Pauschalreisende
- Bei unzumutbarer Gesundheitsgefährdung: gebührenfreier Rücktritt
- Hotel-Schließung berechtigt nicht automatisch zum Rücktritt
In den Jahren der Corona-Pandemie haben Urlaubsreisende viele unangenehme Überraschungen bei ihren Pauschalreisen erlebt: gesperrte Strände, Pool-Verbot oder eingesperrt im Hotelzimmer. Das alles sind eigentlich Gründe für eine Preisminderung. Aber die Reiseveranstalter versperren sich, bislang erfolgreich. Jetzt hat sich durch ein Urteil des EuGH das Blatt gewendet. Übrigens: Wenn dir Corona den Urlaub ruiniert hat, kannst du zwei Jahre lang nach dem Reisetermin versuchen, den Preis zu mindern oder Geld zurückzuverlangen, wie Finanztip verrät.
Gesperrter Strand, eingeschlossen im Hotelzimmer: Minderung des Reisepreises?
Reisende, deren Pauschalreise durch Maßnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie beeinträchtigt war, können Anspruch auf eine Minderung des Reisepreises stellen, urteilt der EuGH (Urteil vom 12.1.2023, Az.: C-396/21). Denn die entsprechende europaweite Pauschalreiserichtlinie sieht eine verschuldensunabhängige Haftung des Reiseveranstalters vor.
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Zwei Reisende hatten bei einem deutschen Reiseveranstalter eine zweiwöchige Pauschalreise nach Gran Canaria 2020 gebucht. Sie verlangen eine Preisminderung von 70 Prozent, weil auf der Insel zur Bekämpfung der Verbreitung der Covid-19-Pandemie angeordnete Einschränkungen bestanden und deshalb die Tourist*innen vorzeitig abreisen mussten.
Durch die Corona-Maßnahmen waren Strände gesperrt und eine Ausgangssperre im Hotel verhängt, sodass die Reisenden ihre Hotelzimmer nur zum Essen verlassen durften. Der Zugang zum Pool und den Liegen war ebenfalls untersagt und das Animationsprogramm eingestellt. Nach fünf Urlaubstagen erhielten die beiden Reisenden die Nachricht, dass sie sich bereithalten sollten, die Insel jederzeit zu verlassen. Nach zwei weiteren Tagen mussten sie nach Deutschland zurückkehren.
EU-Recht schützt Pauschalreisende
Der Reiseveranstalter FTI Touristik verweigerte die geforderte Preisminderung mit der Begründung, er habe nicht für ein solches "allgemeines Lebensrisiko" einzustehen. Die beiden Reisenden verklagten FTI Touristik daraufhin vor dem Landgericht (LG) München I. Das LG ersuchte den EuGH, um Auslegung der Pauschalreiserichtlinie der EU. Diese sieht vor, dass Reisende Anspruch auf eine angemessene Preisminderung für den Zeitraum haben, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag. Es sei denn, der Reiseveranstalter kann belegen, dass die Vertragswidrigkeit den Reisenden zuzurechnen ist. Beispielhaft sind in der Richtlinie Kriegshandlungen, sowie der Ausbruch einer schweren Krankheit am Reiseziel oder Naturkatastrophen genannt.
Der EuGH entschied, dass Corona-Maßnahmen eine solche Vertragswidrigkeit darstellen. Die Ursache dafür und insbesondere ihre Zurechenbarkeit zum Reiseveranstalter sei unerheblich. Die Richtlinie begründe den Anspruch auf Preisminderung unabhängig von einer verschuldensunabhängigen Haftung des Reiseveranstalters. Von dieser sei er laut EuGH nur befreit, wenn die Nichterbringung oder mangelhafte Erbringung der Reiseleistungen den Reisenden zuzurechnen ist, was hier nicht der Fall sei.