Gericht fällt mehrere Urteile zu Reisen, Fliegen und Gepäck: Alles, was du für deinen nächsten Urlaub wissen solltest
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Donnerstag, 17. November 2022
Flugreisende haben jetzt für ihren Urlaub mehr Rechte. Das ist deshalb wichtig, weil sich die Airlines bei Problemen mit dem Gepäck, Anschlussflügen oder Verspätungen oftmals stur stellen.
- Fehlendes Fluggepäck vermasselt Geburtstagsparty
- Airline unternahm nichts, um für einen stornierten Flug Ersatz zu beschaffen
- Schadensersatz für nachgewiesene psychische Erkrankung
- Der Kummer mit den verspäteten Anschlussflügen
- Wer haftet für den geklauten Koffer?
Gleich fünf Urteile zum Reiserecht verbessern die Rechte von Fluggästen bei Problemen mit den Airlines. Insbesondere Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sorgen für Überraschungen und sind die Vorlage zur Umsetzung für die nationalen Gerichte.
Fehlendes Fluggepäck vermasselt Geburtstagsparty
Fehlende Gepäckstücke am Zielflughafen sind ausgesprochen ärgerlich und können letztlich sogar den Reisezweck aushebeln. Informiert die Airline ihre Kund*innen nicht rechtzeitig, müssen sie für die Kosten aufkommen - und neuerdings sogar einen Teil des Flugpreises erstatten. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Celle entschieden (Urteil vom 20.10.2022, Az.: 11 U 9/22). Wenn ein Flugunternehmen damit rechnen muss, Passagiergepäck nur erheblich verzögert zum Zielort transportieren zu können, hat es die Reisenden vor der Buchung darauf hinzuweisen. Unterbleibt das, muss die Fluggesellschaft den Reisenden die entstandenen Schäden ersetzen.
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Und das war der Fall: Eine Familie hatte einen Flug von Hannover nach Kenia gebucht, um dort einen 50. Geburtstag zu feiern. Das Gepäck einschließlich der festlichen Garderobe für die Feier traf mit einwöchiger Verzögerung ein. Die Flugreisenden verklagten die Airline - mit Erfolg. Und so argumentiert das Gericht: Die Beförderungsleistung für den Hinflug sei wertlos, weil die zeitnahe Gepäckbeförderung für den Fluggast von wesentlicher Bedeutung war. Die Ersatzbeschaffung für den Gepäckinhalt erfordere in Kenia – soweit überhaupt möglich – einen deutlich höheren Zeitaufwand. In der Konsequenz sei die Erreichung des eigentlichen geplanten Reisezwecks nachhaltig gestört. Der Rückflug sei aber zu bezahlen, wobei der Senat angedeutet hat, dass dies bei einer Pauschalreise möglicherweise anders zu beurteilen sei.
Die Kosten für die Ersatzbeschaffung, also den Inhalt des Gepäckstücks, musste das Luftfahrtunternehmen bereits nach einem Urteil des Landgerichts (LG) Hannover ersetzen. Sonstige Ansprüche hatte das LG aber abgewiesen. Mit ihrer Berufung vor dem OLG verlangten die Passagiere nun den Flugpreis zurück.
Airline unternahm nichts, um für einen stornierten Flug Ersatz zu beschaffen
Bei einem von der Airline stornierten Flug haben Passagiere Anspruch auf Ersatzbeförderung. Kümmert sich die Fluggesellschaft nicht zeitnah darum, können Reisende selbst auf die Suche nach alternativen Flügen gehen und sich Mehrkosten dafür erstatten lassen. Die Kosten muss die Airline selbst in dem Fall übernehmen, wenn die ersatzweise gebuchten Flüge eine höhere Kategorie haben und von einem anderen Flughafen starten als die stornierte Verbindung. Dies entschied das Landgericht Köln (Urteil vom 13.4.2022, Az.: 4 O 440/20).
Und das war der Fall: Kläger war ein Mann, der mit seiner Frau von Singapur nach Deutschland fliegen wollte. Seine Airline hatte den Flug storniert. Daraufhin hatte das Ehepaar vergeblich per E-Mail und Telefon um Informationen gebeten, wie es weitergehen solle. Ein Angebot für eine Ersatzbeförderung machte die Airline nicht. Nach den vergeblichen Kontaktversuchen nahmen die Fluggäste die Organisation selbst in die Hand. Zu der Zeit drohten wegen der Corona-Pandemie schon Schließungen von Flughäfen und der stornierte Flug wäre schon am folgenden Tag abgehoben. Das Ehepaar war zu dem Zeitpunkt in Thailand. Es hatte Flugtickets nach Singapur gebucht, um dort den stornierten Flug nach Deutschland zu erwischen. Das Problem: Von Singapur gab es keine Ersatzflüge mehr am geplanten Abflugtag.