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Falsche Hotelangaben zum Strand: Münchner Gericht setzt fünf Minuten Gehweg als Grenze fest


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Samstag, 24. August 2024

Das Amtsgericht München hat zur Angabe "wenige Gehminuten vom Strand" geurteilt. Das Landgericht Frankfurt hat sich mit zwei anderen Fällen von Reisemängeln im Urlaub befasst.
Hotelbeschreibungen versprechen Strandnähe, das muss dann aber auch stimmen.


  • Hotels müssen ihre Versprechen zur Lage einhalten
  • Fünf Minuten Fußmarsch zum Strand sind hinnehmbar
  • Ist eine Busfahrt statt einer Schiffsreise in Schottland akzeptabel?
  • Flugreise mit Hindernissen: Fluggesellschaft haftet für Ersatztickets

Angaben in Hotelbeschreibungen sollen die Reisenden zum Besuch und zur Buchung motivieren. Nicht immer stimmen die Informationen. Beliebt ist, mit der Nähe zum Strand zu werben, obwohl die Angabe mit der Wirklichkeit nicht übereinstimmt. Das Amtsgericht München musste jetzt klären, was mit der Bezeichnung "nur wenige Gehminuten von wunderschönen Stränden entfernt" konkret gemeint ist. Das Gericht trifft dabei eine sehr praxisnahe Entscheidung. In zwei weiteren Urteilen aus dem Reiserecht musste das Landgericht in Frankfurt am Main entscheiden, wie viel die Reisegesellschaft für eine verkorkste Schiffsreise erstatten muss und wer die Kosten für drei Ersatztickets für einen ausgefallenen Flug zu tragen hat. 

Müssen Hotels ihre Versprechen zur Lage einhalten?

Wirbt ein Hotel mit der Angabe, dass die Unterkunft "nur wenige Minuten vom Strand" entfernt ist, dann muss das stimmen und einer Nachprüfung standhalten. Für die Werbung "nur wenige Gehminuten von wunderschönen Stränden entfernt" gilt eine Grenze von maximal fünf Minuten Fußweg. Das hat das Amtsgericht (AG) München entschieden und eine Reiseveranstalterin zur Erstattung von Kosten für das Ersatzhotel sowie zu Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 1.795 Euro verurteilt (Urteil vom 22.11.2023, Az.: 242 C 13523/23).

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Geklagt hatte eine Frau, die gemeinsam mit ihrer neunjährigen Tochter eine Rundreise durch Costa Rica gebucht hatte. Dazu sollte auch der Aufenthalt in einem Boutique-Hotel an der Pazifikküste für vier Nächte gehören. Dieses Hotel warb ausdrücklich mit seiner Strandnähe.

An der Rezeption des Boutique-Hotels erfuhr die Frau, dass der Strand 25 Gehminuten entfernt ist. Es sei besser, mit einem Taxi zu fahren. Das empörte die Reisende. Vor Ort wandte sie sich an die lokale Ansprechpartnerin der Reiseveranstalterin. Schließlich war in Abstimmung mit ihr über eine Buchungsplattform auf eigene Kosten ein Ersatzhotel zu buchen. Die Reiseveranstalterin wollte für das Ersatzhotel nicht zahlen. Im Verfahren in München hielt sie dagegen, dass man für den Weg von 1,3 Kilometern lediglich 15 Minuten zu Fuß benötige. Eine bestimmte geringe Entfernung sei zudem nie zugesichert worden.

Fünf Minuten Fußmarsch zum Strand sind hinnehmbar

Dieser Argumentation folgte das Amtsgericht München nicht und sah in der Entfernung zum Strand einen Reisemangel. Nach der Ankündigung im Reiseprospekt dürfe das Hotel maximal fünf Gehminuten vom Strand entfernt sein. Das Gericht rechnete nach dieser Festlegung die Zeit aus, die ein Fußweg zum Strand von 1,3 Kilometern in Anspruch nimmt. Selbst für erfahrene Läufer sei dafür ein "ambitioniertes Tempo" von 15,6 Kilometern pro Stunde notwendig, um das in fünf Minuten zu schaffen. "Vor dem Hintergrund, dass der Beklagten bei der Reiseplanung bekannt war, dass die Klägerin mit einem neunjährigen Kind reiste – passte sie doch ihr Freizeitprogramm kindgerecht an – kann das Einhalten eines solchen Tempos nicht vorausgesetzt werden", so das Amtsgericht in seiner Urteilsbegründung.

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Außerdem kostete die Reise knapp 9.000 Euro für zwölf Tage (ohne Flüge). Der Reiseveranstalter, der mit "Luxusreisen" wirbt, müsse sich an seinen eigenen Ansprüchen messen lassen: "Nach Überzeugung des Gerichts sind jedenfalls bei einer hochpreisigen Luxusreise 'wenige Gehminuten' eine Zeit, die bei normalem Gehtempo regelmäßig fünf Minuten nicht überschreitet." 

Die klagende Frau erstritt erfolgreich die Kostenerstattung nebst Schadensersatz. Die Reiseveranstalterin muss die Kosten für das Ersatzhotel sowie Schadensersatz für nutzlos aufgewendete Urlaubszeit in Höhe von insgesamt 1.795 Euro übernehmen.

Ist eine Busfahrt statt einer Schiffsreise in Schottland akzeptabel?

In einem zweiten Fall ging es um eine vermasselte Schiffsreise. Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat im Fall einer Pauschalreise nach Schottland einem klagenden Ehepaar eine Minderung des Reisepreises von 25 % zugesprochen (Urteil vom 15.05.2024, Az.: 2-24 O 82/23). Die Reisenden hatten eine elftägige Schiffsreise "Das Herz der schottischen Highlands" für insgesamt rund 13.000 Euro gebucht.

Im geplanten Reiseverlauf war unter anderem eine Fahrt durch den Kaledonischen Kanal ab Inverness vorgesehen. Am vierten Reisetag stellte sich heraus, dass der Kanal wegen Reparaturen an der Gairlochy-Swing-Brücke nicht befahrbar war. Eine Reihe von geplanten Besuchen von Sehenswürdigkeiten musste deshalb ausfallen. Waren ursprünglich sieben Übernachtungen an unterschiedlichen Liegeplätzen vorgesehen, verblieb das Schiff zwei Nächte in Corpach und drei Nächte in Orban. Es wurde ein Alternativprogramm über Land per Bus organisiert. Als das Schiff am sechsten Reisetag endlich in Richtung der Insel Mull weiterfahren sollte, entschied der Kapitän, wegen des starken Windes nicht durch den Sound of Mull, sondern direkt zurück nach Orban zu fahren. Aufgrund des schlechten Wetters war am Folgetag auch ein Besuch der Isle of Eigg nicht mehr möglich.

Das LG gab der Klage der Eheleute auf Minderung des Reisepreises statt. Da ein Kernelement der Reise und mehrere bedeutende Besichtigungen wegfielen. "Zwei Drittel der vollen Schiffstage konnten nicht mit dem Erlebniswert und dem Charakter einer Schiffsreise verbracht werden. Das Schiff wurde stattdessen nur als 'schwimmendes Hotel' genutzt", so die Richter. Insgesamt sprach das LG eine Minderung von 25 % des Gesamtreisepreises zu.

Flugreise mit Hindernissen – haftet die Fluggesellschaft für Ersatztickets?

Ebenfalls vor dem Landgericht Frankfurt am Main landete die Klage von drei Reisenden, die 15.000 Euro für Ersatztickets haben wollten. Die drei buchten einen Flug von Shiraz nach Doha und von dort weiter nach Frankfurt am Main. Als sie am Reisetag am Flughafen in Shiraz eintrafen, erfuhren sie, dass der Flug bereits fünf Tage zuvor per E-Mail annulliert worden war.

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Die verspätete Information durch die Fluggesellschaft beruhte auf Internetrestriktionen im Iran, die verhinderten, dass das E-Mail-Programm sich aktualisierte. Die Airline verteidigte sich damit, sie hätte bereits Ersatzflüge für den übernächsten Tag organisiert, sodass die drei Reisenden ihrerseits keine Tickets hätten erwerben müssen.

Das LG entschied, dass die Fluggesellschaft die Kosten für die Ersatztickets zu erstatten hat. Ob die Airline tatsächlich Ersatzflüge organisiert habe, könne dahinstehen. "Denn eine Callcenter-Mitarbeiterin in Deutschland erteilte jedenfalls die – unterstellt – fehlerhafte Auskunft, dass Ersatzflüge nicht angeboten werden könnten und sich die Fluggäste selbständig um eine Rückkehr kümmern müssten", begründete das LG. Die Auskunft der Callcenter-Mitarbeiterin muss sich die Fluggesellschaft zurechnen lassen. Das Gericht hat deshalb entschieden, dass die Fluggesellschaft für die Falschinformationen der Hotline haftet (Urteil: LG Frankfurt am Main vom 14.2.2024, Az.: 2-24 O 564/23). 

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