Ballermann auf Mallorca: Vier Klischees im Faktencheck
Autor: Stefan Lutter, Agentur dpa
Palma de Mallorca, Montag, 04. August 2025
Der Ballermann auf Mallorca ist ein kontroverses Thema, das deutsche Urlauber spaltet. Von Sexismus bis hin zu Exzessen: Welche Ballermann-Klischees stimmen?
Wer von seinem geplanten Sommerurlaub auf Mallorca erzählt, fügt gelegentlich den Satz hinzu: "Aber wir fliegen nicht zum Ballermann!" Die Partymeile in El Arenal genießt bei einigen Deutschen einen eher zweifelhaften Ruf.
Viele haben das Bild von grölend-betrunkenen Gruppen im Kopf, die am Strand aus Eimern Sangria trinken und deren Artikulation ab den Mittagsstunden stark abnimmt. Doch es ist wie so oft: Man sollte sich erst eine Meinung bilden, wenn man schon mal vor Ort war. Was sagen Ballermann-Experten zu den vier gängigsten Klischees?
Ballermann ist ultrasozial statt asozial
Wer am Ballermann feiert, ist asozial! Stimmt nicht, sagt Partysänger Tobee ("Aua im Kopf", "Helikopter 117"), der seit fast 20 Jahren im Bierkönig auftritt. "Die Menschen hier wollen die Freiheit genießen, losgelöst von ihrem Beruf. Du bist hier mit jedem schnell im Gespräch, egal welchen Beruf du hast."
Der 40-Jährige führt im zweiten Leben übrigens eine Zahnarztpraxis bei Ulm. Wer an einem der Stehtische im Megapark oder im Raucherbereich vom Bierkönig verweilt, kommt fast unweigerlich ins Gespräch: mit dem 18-jährigen Amateurfußballer aus Oberbayern, dem Handwerker aus dem Ruhrgebiet oder der Apothekerin von der Ostsee. Soziale Herkunft, Alter und Wohnort sind hier in der Regel völlig egal. Diese Erfahrung machte auch ein Reporter des seriösen "Zeitmagazin" in diesem Jahr, als er für eine Reportage seine Ballermann-Premiere feierte: "Man kann mit keinem sprechen, ohne umarmt zu werden. Alle hier liegen sich ständig in den Armen."
Daraus folgert der Pop-Soziologe Dr. Sacha Szabo vom Institut für Theoriekultur Freiburg: "Diese Feiergemeinschaft mit ihrer zeitweiligen und freiwilligen Aufgabe der Selbstkontrolle ist keineswegs im eigentlichen Sinn asozial, sondern im Gegenteil, sie ist vielmehr ultrasozial." Das Feierphänomen könne man am besten als "Karneval das ganze Jahr" beschreiben.
Partysongs bei Thema Alkoholgenuss eher unkritisch
Die Lieder verherrlichen Alkohol und Sexismus! Dass die Ballermann-Songs dem Alkoholgenuss eher unkritisch begegnen, wird wohl niemand ernsthaft bestreiten. Wer nur ein verdünntes Bier, also ein Radler, bestellt, wird in dem wohl größten Hit des Jahres von Rumbombe als "Hurensohn" beschimpft. Weitere Partyschlager an der Playa heißen "Saufbuddy", "Suffpilot" oder "Sternhagelvoll".
Doch Lieder über den Alkohol habe es bereits in der humanistisch geprägten Renaissance gegeben, erklärt der Musikwissenschaftler Gregor Herzfeld von der Universität Regensburg in einer ZDF-Doku über den Ballermann. Überliefert sei etwa ein Text über den Kater am Tag nach dem Gelage: "Von edler Art spie ich im Bad." Auch sexistische Inhalte - in denen Frauen (oft durch Doppeldeutigkeiten) als Objekt degradiert werden - gehören am Ballermann dazu. "Dich kennt der ganze Laden, vom Kopf bis zu den Waden", heißt es im Song "Olivia". Andere grölen: "Geiler Arsch, geiler Blick, geiles Stück: Anna-Lena".