Fracking soll uns von russischem Gas unabhängig machen: Was ist Fracking überhaupt?
Autor: Susy Bergmann
Deutschland, Mittwoch, 04. Mai 2022
Gut die Hälfte unseres Erdgases stammt aus Russland. Auf der Suche nach einer unabhängigen deutschen Energieversorgung ist jetzt das umstrittene Fracking wieder im Gespräch. Das steckt hinter der Technologie.
- Verfahren zur Erdgasgewinnung aus 5000 Metern Tiefe
- Risiken für Mensch und Umwelt
- Kann deutsches Fracking von russischem Gas unabhängig machen?
Seit 2005 ist Fracking im Einsatz, vor allem die USA setzen stark auf diese Technologie zur Erdöl- und Erdgasgewinnung. In Deutschland ist Fracking wegen seiner Gefahren für Mensch und Umwelt seit 2017 weitgehend verboten. Im Zuge der aktuellen Energiekrise wird dieses Verbot von manchem Politiker infrage gestellt. Wie geht eigentlich Fracking – und was daran gilt als gefährlich?
Tiefe Gesteinsschichten sprengen
Fracking ist die Abkürzung für hydraulic fracturing, also hydraulische Frakturierung. Das ist ein Verfahren zur Erdgas- (oder auch Erdöl-)gewinnung aus schwer zugänglichen sehr tiefen Gesteinsschichten, sogenannten unkonventionellen Lagerstätten. Die gashaltigen Steinschichten, vorwiegend Schiefer, werden dabei durch Druck aufgesprengt.
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Damit man an das Schiefergas kommt, sind Bohrlöcher von bis zu 5.000 Metern Tiefe nötig. Nach der Bohrung wird unter sehr hohem Druck Flüssigkeit über ein Bohrloch in die tiefen Gesteinsschichten gepumpt. Diese Frackingflüssigkeit ist ein Gemisch aus Wasser, Chemikalien und Quarzsand oder Keramikkügelchen.
Dadurch zerbrechen die Steine und das Gas tritt aus. Der Sand, die Keramikkügelchen und Chemikalien halten die entstandenen Risse offen, damit weiter Gas ausströmt. Gemeinsam mit einem Teil der eingepumpten Flüssigkeit gelangt das Gas dann durch die Bohrleitungen nach oben (= Flowback).
Gefahren für Grundwasser und Böden
Fracking birgt große Risiken für Mensch und Umwelt und ist daher sehr umstritten. Das Umweltbundesamt und viele Umweltschützer fürchten vor allem Grundwasserverunreinigung. Denn die fördernden Unternehmen setzen beim Fracking chemische Stoffe ein. Einige dienen etwa dazu, die Frackingflüssigkeit zum besseren Transport zu verdicken. Andere bewirken, dass sie am Ende wieder flüssiger wird, damit sie an die Oberfläche fließen kann. Manche werden zum Schutz vor Ablagerungen und Korrosion der Rohre gebraucht oder schützen das Bohrgerät. Biozide werden eingesetzt, um Bakterienwachstum zu hemmen. So kommen beim Fracking bis zu mehreren Hundert verschiedene Chemikalien zusammen. Was da genau alles in die Erde gepresst wird, wissen nur die ausführenden Unternehmen selbst. Es gibt keine Veröffentlichungspflicht. Untersuchungen zur Umweltverträglichkeit sind daher auf freiwillige Auskünfte angewiesen. Dass viele der verwendeten Chemikalien wassergefährdend und toxisch sind, ist aber bekannt.
Fracking-Befürworter bestreiten das nicht. Sie argumentieren, die Flüssigkeit gelange nicht in die Umwelt. Aber bereits vor der Bohrung muss die giftige Flüssigkeit gelagert und transportiert werden. Dabei sind mögliche Unfälle die erste Gefahr. Etwa die Hälfte der eingepumpten Frackingflüssigkeit tritt später, zusammen mit dem geförderten Gas, durch das Bohrloch wieder aus. So entstehen große Mengen giftiger Abwässer. Die müssen entsorgt werden und stellen ein weiteres Umweltproblem dar. Der Bundesverband Erdgas, Erdöl und Geoenergie hält die Ummantelungen der Bohrleitungen aus Stahl und Zement für eine "undurchdringliche Barriere". Doch Materialfehler oder Materialalterung können vorkommen. Die Ummantelung verlöre dann ihre Schutzfunktion. Tritt Frackingflüssigkeit beim Hochpumpen aus einem unterirdischen Leck aus, kann sie ins Grundwasser gelangen. Ebenso Methangas. Denn die sehr tiefen Fracking-Bohrungen führen immer durch Grundwasserschichten.