Massenüberwachung auf WhatsApp und Co.? EU plant umstrittene Chatkontrolle
Autor: Lea Mitulla
Berlin, Donnerstag, 09. Oktober 2025
Die EU diskutiert einen Vorschlag zur sogenannten Chatkontrolle. Nachrichten in Messaging-Apps wie WhatsApp würden dann unverschlüsselt gescannt werden. Kritiker warnen vor Massenüberwachung.
"Die EU will unsere Chatnachrichten lesen!" Diese Nachricht macht aktuell die Runde. Dabei geht es um einen Gesetzesvorschlag, der in Brüssel diskutiert wird - schon wieder, denn die Diskussionen laufen schon seit drei Jahren. Die EU-Kommission berät über die sogenannte Chatkontrolle, automatisierte Scans auf den Handys der Bürger, die verschickte Bilder und Videos auf kinderpornografische Inhalte prüfen sollen. Der Vorschlag stößt auf massive Kritik, da viele Bürger, Politiker und Datenschützer eine "Massenüberwachung" fürchten.
Wie funktioniert Chatkontrolle konkret? Grundlage für die Verhandlungen ist ein Vorschlag der EU-Kommission aus dem Jahr 2022 ("Vorschlag über Vorschriften zur Prävention und Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs von Kindern"). Die sogenannte Chatkontrolle würde dem Vorschlag nach technisch durch sogenanntes Client-Side Scanning funktionieren.
Chatkontrolle im Überblick: Dieser Vorschlag wird in der EU diskutiert
- Nur Bilder, Videos und URLs werden geprüft - reine Textnachrichten sind ausgenommen.
- Inhalte werden mit Datenbanken bekannter Missbrauchsmaterialien abgeglichen.
- Für neue, bisher unbekannte, missbräuchliche Darstellungen sollen Algorithmen und Künstliche Intelligenz Muster erkennen.
- Wenn ein Verdacht entdeckt wird, erfolgt eine automatische Meldung an die zuständigen Behörden.
- Anbieter von Messaging-Apps sind verpflichtet, eine Kontrolle dieser Art in ihre Dienste einzubauen.
- Nutzer müssen der Überprüfung individuell zustimmen - tun sie das nicht, könnten Funktionen in den Apps eingeschränkt werden.
Eine freiwillige Kontrolle dieser Art durch die Dienste gibt es bereits. Apple und Google haben zum Beispiel "Nacktfoto-Scanner" nach ähnlichem Prinzip in ihre Betriebssysteme eingebaut. iOS- und Android-Nutzer können die Sicherheitsfunktion aktivieren, um vor "sensiblen Inhalten" gewarnt zu werden.
Massenüberwachung oder Mittel gegen Kinderpornografie? Pro und Contra der Chatkontrolle
Fürsprecher der Kontrollmöglichkeiten betonen, dass es beim Kampf gegen Kinderpornografie um besonders schwerwiegende Kriminalität gehe. Laut EU-Kommission ist "keine allgemeine Überwachung" der Online-Kommunikation vorgesehen, wie ein Sprecher der Kommission mitteilte. Die Bedingungen würden demnach von den Datenschutzbehörden genau überwacht werden.
Die freiwilligen Kontrollen seien für den Schutz der Kinder von großer Bedeutung. "Dank dieses Ansatzes konnten in den letzten Jahren viele große Erfolge bei Ermittlungen erzielt werden", so der Behördensprecher.
Kritiker weisen immer wieder auf die Gefahren durch Massenüberwachung hin. Besonders Datenschützer sehen in dem Ansatz einen massiven Eingriff in die Privatsphäre. Dieser Kritik schließt sich auch der Messenger WhatsApp an, der in Deutschland von etwa drei Vierteln der Bevölkerung genutzt wird.