Druckartikel: Google-KI soll WhatsApp-Nachrichten lesen - was der Update-Schock wirklich bedeutet

Google-KI soll WhatsApp-Nachrichten lesen - was der Update-Schock wirklich bedeutet


Autor: Lea Mitulla

Deutschland, Mittwoch, 23. Juli 2025

Googles KI-Assistent "Gemini" hat neue Funktionen bekommen - und kann jetzt auch auf Drittanbieter-Apps wie WhatsApp zugreifen. Die Neuerung wirft jedoch Bedenken auf. Wie sicher sind die Daten der Nutzer noch?
Der KI-Assistent Gemini kann nun auch auf Apps wie WhatsApp zugreifen. Was bedeutet das für Nutzer?


Seit dem 7. Juli 2025 kann Googles Künstliche Intelligenz "leichter mit deinem Gerät interagieren". Das geht aus einer E-Mail hervor, die einige Nutzer in den USA Anfang Juli erhalten haben. Laut Google gelte das auch für Nutzer in Deutschland, berichtet das Portal "Golem". Doch die vermeintlich freudige Nachricht hat bei vielen Nutzer mehr Fragen aufgeworfen, wie Google mit ihren Daten umgeht. Auch bei den KI-Funktionen in Gmail gab es zuletzt Sicherheitsbedenken.

Konkret geht es darum, dass Gemini nun auch auf Drittanbieter-Apps zugreifen kann. Der KI-Assistent erweitert damit seine Funktionen und soll Nutzern bei mehr Aufgaben im Alltag - über Googles eigene Apps hinaus - unterstützen. Unter anderem kann Gemini jetzt auch über WhatsApp Anrufe starten und Nachrichten schreiben.

Google-KI kann jetzt auf WhatsApp zugreifen - was bedeutet das für meine Daten?

Was für Beunruhigung sorgte, waren jedoch zwei bestimmte Formulierung: Gemini könne bei der Verwendung bestimmter Apps helfen, "ob die Gemini Apps Aktivität eingeschaltet ist, oder nicht." Auf einer in der E-Mail verlinkten Support-Seite war zudem von menschlichen Prüfern die Rede, die die Daten lesen und bewerten können, auf die Gemini Zugriff hat. 

Auf den ersten Blick klingt das wie eine Mitlese-Funktion, als ob Gemini einen ausspionieren würde, auch wenn es ausgeschaltet ist. Ganz richtig ist das jedoch nicht. Da sich im Netz unklare Angaben zu dieser Problematik finden, haben wir bei Google nachgehakt. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.

Kann Gemini ungefragt auf andere Apps zugreifen?

Nein, Gemini greift nur auf Drittanbieter-Apps zu, wenn du eine entsprechende Anfrage an die KI stellst. Zum Beispiel, wenn du sagst: "Rufe 'XY' auf @WhatsApp an." Das funktioniert aber nur, wenn du zuvor die Verbindung mit dieser App in den Einstellungen von Gemini aktiviert hast, versichert Google. Wenn du sichergehen möchtest, dass Gemini auch nach dem Update nicht auf andere Apps zugreift, kannst du hier überprüfen, ob die Verbindungen noch deaktiviert sind.

Kann Gemini meine WhatsApp-Nachrichten mitlesen?

Ja und nein. Du kannst mit Gemini lediglich WhatsApp-Nachrichten verschicken. Die KI verarbeitet dabei den Text, den du ihr vorgibst bzw. mit Gemini hast erstellen lassen. Sobald die Nachricht an WhatsApp weitergegeben wird, wird sie dort Ende-zu-Ende-verschlüsselt, wie jede andere Nachricht. Gemini hat also nur Zugriff auf die Nachrichten, die du über die KI eingibst. Gemini kann aber nicht automatisch deine Chats mitlesen, heißt es von Google. Wenn du die App-Aktivitäten ausschaltest, werden deine Eingaben auch nicht von Prüfern ausgewertet oder für KI-Training verwendet. Konkret für WhatsApp gilt laut Google Support zudem: Gemini kann keine Nachrichten lesen und zusammenfassen. Dasselbe gilt für WhatsApp-Benachrichtigungen.

Eine Grauzone gibt es durch Google Assistant. Da Gemini noch nicht alles kann, was der Google Assistant kann, werden einige Funktionen von letzterem ausgeführt, heißt es auf der Support-Webseite. Auf diesem Weg soll es laut Berichten möglich sein, dass Gemini indirekt auf Benachrichtigungen von WhatsApp und anderen Apps sowie aktuelle Bildschirminhalte zugreifen kann. Der Google Assistant kann zum Beispiel Benachrichtigungen vorlesen oder zusammenfassen. Kam der Befehl dazu über Gemini, wird das im Aktivitätsverlauf mit der KI gespeichert, sofern dieser aktiviert ist. Du kannst in den Einstellungen deines Handys prüfen, welche Berechtigungen die Gemini-App und der Google Assistant haben. Zugriff auf Benachrichtigungen und Bildschirmkontext solltest du ausschalten, wenn du auf Nummer Sicher gehen willst.

Wieso kann Gemini durch das Update auf andere Apps zugreifen, wenn die App-Aktivitäten ausgeschaltet sind?

Bei der App-Aktivität geht es um die Erfassung deiner Interaktionen mit Gemini, also alle Anfragen an die KI. Durch das Update kannst du Gemini auch auf deinem Handy einsetzten, wenn die App-Aktivitäten nicht erfasst werden. Hier gilt wieder: Gemini greift nur auf andere Apps zu, wenn du eine Anfrage an die KI stellst. Du kannst Gemini Anrufe starten, Nachrichten schreiben oder Dienstprogramme wie den Timer starten lassen. In deiner App-Aktivität tauchen sie nicht auf, werden aber für 72 Stunden im Backend aufbewahrt. Solange die App-Aktivitäten nicht aktiviert sind, werden diese Interaktionen laut Google nicht von Prüfern ausgewertet oder für KI-Training verwendet. 

Was passiert mit meinen Daten aus anderen Apps in Gemini?

Auf Googles Support-Seite ist deutlich zu lesen, dass Gemini "personenbezogenen Daten wie Ihren Namen, Ihre E‑Mail-Adresse und Ihre privaten Inhalte, die Gemini von Apps erhält", verarbeitet. Verarbeitet heißt aber nicht automatisch, dass sie auch von menschlichen Prüfern gelesen werden oder in das KI-Modell eingespeist werden. Denn für persönliche Inhalte gelten besondere Regeln, die zuvor für Gemini in anderen Google-Diensten wie Workspace eingeführt wurden. Dort kann Gemini zum Beispiel E-Mails zusammenfassen oder Dateien teilen. Für solche persönlichen Inhalte gilt laut dem Gemini Apps Privacy Hub:

  • Sie dürfen nicht von Prüfern eingesehen werden.
  • Sie werden nicht verwendet, um "Technologien für generatives maschinelles Lernen zu verbessern, die in Gemini-Apps eingesetzt werden" (KI-Training).
  • Sie werden von Gemini-Apps nicht verwendet, um den Nutzern Anzeigen zu präsentieren.
  • Sie werden nicht länger aufbewahrt, als es für die Bereitstellung, Aufrechterhaltung und Wartung der Gemini-Apps-Dienste erforderlich ist. Das bedeutet, maximal 72 Stunden.

Wie Google auf Nachfrage bestätigt hat, gilt der Schutz persönlicher Inhalte auch für Inhalte aus Drittanbieter-Apps.

Wieso werden meine Daten trotz deaktivierten App-Aktivitäten für 72 Stunden aufbewahrt?

Google zufolge soll dadurch sichergestellt werden, dass die App richtig funktioniert. Zum Beispiel, damit Gemini Antworten mit Bezug zur bisherigen Unterhaltung mit dem KI-Assistenten geben kann. Dafür werden laut Googles Support-Seite aber nur die Unterhaltungen der letzten 24 Stunden gebraucht. Wieso genau 72 Stunden nötig sind, wird nur schwammig erklärt. "Google benötigt die 72-stündige Aufbewahrungsdauer, um sicherzustellen, dass die Daten aus den Backend-Prozessen verfügbar sind, falls die Systeme ausfallen oder Fehler auftreten."

WhatsApp-Nachrichten vor Gemini-Zugriff schützen: Das kannst du tun

Wenn du deine Daten vor Gemini-Zugriff schützen möchtest, ist die wohl wichtigste Maßnahme: Benutze die KI erst gar nicht. Wenn du keine Befehle gibst, lässt du den KI-Assistenten auch nicht aus Versehen auf deinen Smartphone-Inhalt los. Gemäß dem EU-Datenschutzrecht kannst du außerdem Folgendes tun:

  • Du kannst der Verarbeitung deiner personenbezogenen Daten widersprechen.
  • Du kannst eine Berichtigung unrichtiger personenbezogener Daten in den Antworten von Gemini-Apps verlangen.

Hier sind nochmal die wichtigsten Tipps für mehr Privatsphäre trotz Gemini im Überblick:

  • Teile keine sensiblen oder vertraulichen Inhalte mit der KI.
  • Deaktiviere die App-Aktivitäten in der Gemini-App oder der Webversion.
  • Deaktiviere auf deinem Handy die App-Berechtigungen für Gemini unter Einstellungen > Apps > Gemini > Berechtigungen.
  • Überprüfe, ob Gemini auf deinem Handy als Standard-Assistent aktiviert ist, unter Einstellungen > Apps > Standardapps. Ist das der Fall, lege stattdessen "Keine" als Standard fest. Sollte das nicht möglich sein, deaktiviere die Berechtigungen für Bildschirminhalte und Screenshots für den Assistenten (kommen u.a. bei Funktionen wie "Suche mit Bild" oder "Suche mit gesamten Display" zum Einsatz).

Nutzer wütend nach Google-Update: Lässt sich Gemini vom Handy löschen?

Das Problem mit dem Gemini-Update liegt also letztlich eher in der schlechten Kommunikation von Seiten Googles. Im Gemini Apps Privacy Hub finden sich zwar Antworten, die auf die Sorgen der Nutzer um ihre Privatsphäre eingehen. Doch nicht immer sind die Antworten auch klar und verständlich formuliert. Die Informationen zum Zugriff auf Drittanbieter-Apps - der zentrale Punkt des Updates - sind sehr begrenzt. Stattdessen werden Nutzer auf eine weitere Support-Seite oder Gemini Apps verwiesen, wo man wieder auf das gleiche Problem stößt.

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Ähnlich wie bei Meta AI sind viele Nutzer zudem unzufrieden, dass nirgends steht, wie man die KI vollständig entfernen kann. Das IT-Portal "Ars Technica" machte auf darauf aufmerksam und hat sogar bei Google nachgefragt - ohne klare Antwort. Auf älteren Smartphones ist die Sache noch einfach, da Gemini nicht vorinstalliert ist. Das ist zum Beispiel beim Pixel 7 oder Pixel 8 der Fall.

Neuere Pixel-Handys haben Gemini aber schon von Werk an installiert. Ein Forscher des Tech-Dienstleisters "Tuta" vermutet, dass Gemini künftig in Android "eingebaut" werden könnte, wie es Microsoft damals mit dem Internet Explorer in Windows gemacht hat. Dann hätten auch die Smartphones anderer Hersteller automatisch Gemini vorinstalliert. Für Nutzer wird es dadurch aber deutlich schwerer, den KI-Assistenten loszuwerden. 

Gemini bereits tief in Android verankert

"Ars Technica" zufolge kann Gemini in so einem Fall nur per ADB-Befehlen vom Handy gelöscht werden. Die "Android Debug Bridge" wird von Google für Entwickler bereitgestellt - für Laien nicht gerade eine einfache Lösung. Laut einem Bericht des Portals "Neowin" klappt die vollständige Deinstallation auch per ADB nicht.

Im Test konnte Gemini weiter über die Gestensteuerung aktiviert werden. Wenn Gemini vorinstalliert war, lasse sich die KI nur komplett abschalten, indem die Google-App gelöscht wird. "Neowin" rät davon aber ganz klar ab. Sicherer für das Handy sei es, alle Updates für die Google-App zu deinstallieren und anschließend zu deaktivieren. 

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