Druckartikel: Coburger Professor Markus Stark über die rasante Entwicklung des 3D-Drucks (mit Grafik)

Coburger Professor Markus Stark über die rasante Entwicklung des 3D-Drucks (mit Grafik)


Autor: Natalie Schalk

Coburg, Donnerstag, 12. Oktober 2017

Wissenschaft, Produktion, Alltag: Markus Stark kennt die Einsatzbereiche des 3D-Drucks schon lange und berichtet hier von den jüngsten Entwicklungen.
Markus Stark ist Professor für Maschinenbau an der Hochschule Coburg. Hochschule Coburg


Markus Stark ist Professor für Maschinenbau an der Hochschule Coburg und leitet auch das Institut für Prototypen und Modelltechnik an der Fakultät für Maschinenbau, einen Bereich, in dem solche Verfahren schon seit vielen Jahren eingesetzt werden.

Welche Rolle spielt 3D-Druck in der Industrie?
Markus Stark:
Was allgemein als 3D-Druck bezeichnet wird, nennen wir im technischen Bereich "Additive Fertigung". Die ersten Anwendungen waren in der Produktentwicklung: Mit "Rapid Prototyping" werden im 3D-Drucker Prototypen für erste Tests hergestellt. Das geht viel schneller als beispielsweise diese aus dem Vollen zu fräsen. Durch die Weiterentwicklung der Technologien können nun auch Werkzeuge im 3D-Drucker hergestellt werden, beispielsweise für den Spritzguss. Man spricht vom "Rapid Tooling". Auch für die Montage können schnell und flexibel produktspezifische Greifersysteme gefertigt werden, die mit einem Vakuum ein Teil ansaugen und von einem Ort zum anderen transportieren. Dafür mussten ausladende Druckluftschläuche an Metallgreifern angebracht werden - beim 3D-Druck druckt man den Saugkanal integriert im Greifarm einfach mit. Der letzte Punkt, der immer wichtiger wird, ist "Rapid Manufacturing": Finale Produkte werden im 3D-Drucker bei kleinen Stückzahlen erzeugt, wenn es sich nicht rentiert, ein Werkzeug zu bauen. Oder bei individualisierten Produkten wie Schmuck, Brillen, Zahnersatz und medizinischen Implantaten.


Und so funktioniert die Technik (bitte über die Grafik fahren):



Vergangenes Jahr waren die Hälfte der Produkte aus dem 3D-Drucker Prototypen - heuer ist das nur noch ein Drittel. Wohin entwickelt sich die Technologie?
Sie ist inzwischen so weit fortgeschritten, dass sie sich für den Serieneinsatz eignet. Die Prototypenfertigung wird nicht weniger - aber das Manufacturing nimmt rasant zu. Vor allem die Fertigung von Metallbauteilen mit dem Laserschmelzverfahren wird in Medizintechnik oder auch in Luft- und Raumfahrttechnik genutzt, weil komplexe Geometrien möglich sind und die Teile beispielsweise hinsichtlich des Gewichts optimiert werden können. Im Automobilbereich lassen sich einzelne Bauteile für Luxuskarossen und Oldtimer herstellen. Die Materialeigenschaften sind super, das eröffnet ein breites Feld an Anwendungen. Bei Kunststoff hat der Spritzguss zwar bei großen Stückzahlen deutliche Vorteile - aber 3D-Verfahren werden besser und schneller. Großes Potenzial sehe ich auch im Dienstleistungsbereich, wo Kunden sich beispielsweise Schmuck oder eigene Kreationen in Wunschfarbe und -material bestellen können.

Und der Verbraucher? Wenn in der Küche ein Rohr undicht ist oder ein Zahnrad bricht: Können wir das irgendwann einfach schnell ausdrucken?
Da ist schon etwas Know-how nötig. Für technisch Versierte ist ein 3D-Drucker eine tolle Sache! In Hobbybereichen wie im Modellbau können zum Beispiel Bauteile für Flugzeugmodelle gebaut und individualisiert werden. Aber ein Funktionsbauteil wie ein Zahnrad? Die Erzeugung des erforderlichen 3D-Modells am Rechner ist schwierig. Denkbar ist, dass künftig ein entsprechender Datensatz vom Hersteller angeboten wird. Problematisch wird aber, die nötige Genauigkeit für solch kritische Bauteile mit einem einfachen 3D-Drucker zu erreichen. Dann auch noch die Materialien mit den erforderlichen Eigenschaften und vielleicht in entsprechenden Farben vorrätig zu haben: im "Normal-Haushalt" für mich schwer vorstellbar.
Von Flugzeugteilen über Plätzchen bis hin zum Herzmuskelgewebe: Lesen Sie hier, woran beim 3D-Druck in Franken gearbeitet wird.
Die Uni Bayreuth druckt lebendes Gewebe, der weltweit größte 3D-Drucker für Selektives Strahlschmelzen steht in Fürth, auch die Hochschule Coburg nutzt 3D-Druck in vielen Bereichen - spielt er in Franken eine besondere Rolle?
In der Medizintechnik gibt's immer wieder herausragende Anwendungen, und im Bereich Metall ist die Lichtenfelser Firma Concept Laser ein Zentrum, das in Deutschland wirklich seinesgleichen sucht. Auch bei Kunststoff gibt es in Franken Highlights wie Adidas. Aber das Verfahren hat einfach insgesamt große Bedeutung, überall: In Dubai steht beispielsweise das angeblich erste mit einem 3D-Drucker gebaute Büro.

Das Gespräch führte Natalie Schalk.