Spaniens Weg aus der Diktatur
Autor: Werner Diefenthal
Deutschland, Montag, 04. April 2022
Spanien war, unter Franco, lange eine Diktatur. Doch die Geschichte zeigt, dass Diktaturen auf Dauer nicht überleben. Wie gelang es Spanien, letztlich wieder demokratisch zu werden?
- Wie konnte Franco sich an der Macht halten?
- Wie gingen andere Länder mit Spanien um?
- Was hatte Franco für die Zeit nach seinem Tod geplant?
- Wie wurde Spanien am Ende wieder demokratisch?
1939 hatte Franco es geschafft. Seine Herrschaft über Spanien wurde international anerkannt, der Weg in die Diktatur war beendet. Doch nach dem Zweiten Weltkrieg änderte sich die Weltordnung, Spanien stand mehr oder weniger isoliert da. Franco hielt an seiner Herrschaft trotzdem noch weitere 30 Jahre fest. Wie gelang ihm das und was führte am Ende dazu, dass Spanien die Fesseln der Diktatur abstreifen konnte?
Spanien im zweiten Weltkrieg und die Neuordnung Europas danach
Offiziell verpflichtete sich Spanien während des Zweiten Weltkrieges zur Neutralität. Wie kam es dazu? Am 7. April 1939 kündigte es den Beitritt Spaniens zum Antikominternpakt zwischen dem Deutschen Reich, dem Königreich Italien und dem Kaiserreich Japan an, gefolgt vom Austritt aus dem Völkerbund am nächsten Tag. Als Franco vom Hitler-Stalinpakt erfuhr, war er außer sich. Dass Spanien dadurch zum Verbündeten Russlands wurde, empörte ihn. Am Tag des Deutschen Überfalls auf Polen erklärte er die Neutralität Spaniens. Er begründete dies unter anderem mit dem Mangel an Waffen und Flugzeugen. Allerdings war ihm auch von Admiral Canaris, dem Chef der deutschen Nachrichtendienste, davon abgeraten worden, an der Seite Deutschlands in den Krieg zu ziehen.
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Die Briten, vertreten durch zahlreiche Spione in Spanien, kontrollierten die Neutralität und warnten Franco, dass eine spanische Kriegsbeteiligung unweigerlich zum Einmarsch Großbritanniens führen würde. Hitler ließ jedoch nicht locker und verlangte nach der verlorenen Luftschlacht um England, dass Spanien in den Krieg eintreten sollte. Sein Ziel war es, mithilfe der Spanier das unter britischer Herrschaft stehende Gibraltar einzunehmen. Davon versprachen sich die Deutschen freien Zugang zum Mittelmeer und die Kontrolle über die dortige Meerenge. Hitler bot dem spanischen Diktator im Gegenzug Kolonialgebiete in Nordafrika an. Franco weigerte sich hartnäckig, fürchtete es doch den Verlust der Kanarischen Inseln und der Balearen an die Briten. Allerdings entsandte Franco 1941 einen Freiwilligenverband, die "Blaue Division", um Deutschland im Krieg gegen die Sowjetunion zu unterstützen.
Das Verhalten Francos war teils widersprüchlich. Zwar unterstützte Franco öffentlich die Repressalien Hitlers gegen die Juden, doch lieferte er keine spanischen Juden aus und schützte auch die Juden in Marokko weitgehend. Spanien gehörte zu den Ländern, die während des Krieges die meisten flüchtenden Juden aufnahm. Auch lieferte Franco weiterhin Rohstoffe nach Deutschland, dies war das Resultat der Hilfe durch die Deutschen im Bürgerkrieg. Weiterhin gestattete er den Bau einer Versorgungsstation durch den deutschen Ingenieur Gustav Winter auf Fuerteventura. Die Halbinsel Jandia wurde abgesperrt, die Bewohner mussten die Gegend verlassen. Erst 1950 durften sie wieder zurückkehren. Über dem Stützpunkt wurde 1946 die "Villa Winter" errichtet, die zum Ausschleusen von Nazi-Größen nach Südamerika diente. Auch in Spanien selber wurde hochrangigen Nazis Unterschlupf und Hilfe gewährt.
Mit dem Ende des Zweiten Weltkrieges änderte sich die politische Landkarte Europas drastisch. Die faschistischen Regierungen Deutschlands und Italiens existierten nicht mehr, die Faschisten hatten den Krieg verloren. Als letzter Faschist hielt sich Franco jedoch weiter an der Macht, sah aber Spanien weitestgehend isoliert. 1945 befahl er, mit den Hinrichtungen von Gefangenen im Zusammenhang mit dem Spanischen Bürgerkrieg aufzuhören. Dies werteten die Alliierten als ein Zeichen, dass Spanien aufgehört hatte, deutschfreundlich zu sein. Allerdings verweigerte die UNO die Aufnahme Spaniens in die Weltorganisation. Für eine Regierung, deren Grundsätze auf der faschistischen Ideologie beruhen, gäbe es keinen Platz in den Vereinten Nationen, hieß es in der Begründung. Der UN-Weltsicherheitsrat empfahl den Abzug aller Botschafter, einzig Argentinien unter Eva Perón unterhielt noch Beziehungen zu Spanien. Diese Ablehnung hatte massive Konsequenzen, denn Spanien erhielt dadurch keinerlei Hilfen aus dem Marshallplan und geriet daher in große wirtschaftliche Probleme. Um die spanischen Monarchisten auf seine Seite zu ziehen, verkündete Franco im März 1947 die Wiedereinführung der Monarchie. Der Staatsname wurde in "Königreich Spanien" geändert, ein Monarch wurde aber nicht ernannt. De facto war Franco Staatsoberhaupt auf Lebenszeit.
Der Kalte Krieg und der Weg in die Demokratie
Franco verstand es geschickt, seine Macht zu festigen und auszubauen. Bereits 1945 erließ er ein Gesetz über den Volksentscheid, das es ihm ermöglichte, einzelne Gesetzesprojekte dem Volk direkt zur Abstimmung vorzulegen. Das spanische Parlament wurde in eine beratende Ständeversammlung umgewandelt und damit machtlos. Das "Grundgesetz der Spanier" enthielt zwar einzelne Grundrechte, doch es handelte sich nicht um Abwehr- oder Teilhaberechte, wie sie in anderen demokratischen Verfassungen verankert waren, sondern um staatliche Rechtsgewährungen im Rahmen der franquistischen Herrschaft. Franco verbot alle oppositionellen Parteien und nicht staatliche Gewerkschaften, Spanisch wurde als einzig gültige Landessprache verordnet. Beamter konnte nur werden, wer Katholik war, die Zivilehe wurde verboten. Damit rückte die Kirche näher an Franco heran.