Druckartikel: Spanien unter Franco

Spanien unter Franco


Autor: Werner Diefenthal

Deutschland, Montag, 04. April 2022

Spanien. Eines der beliebtesten Urlaubsländer, doch bis weit in die Mitte des 20. Jahrhunderts eine Diktatur unter Franco. Wie kam es dazu und wie konnte sie so lange bestehen?
Guernica – Sinnbild für den spanischen Bürgerkrieg. Das Originalbild stammt von Pablo Picasso.


  • Spanien vor der Diktatur
  • Wer war Franco?
  • Wie konnte er an die Macht kommen?
  • Welche Rolle spielte Deutschland dabei?

Spanien ist heute eine parlamentarische Monarchie. Mit der 1978 in Kraft getretenen Verfassung hat sich das Land als demokratischer Rechtsstaat konstituiert. Der König ist Staatsoberhaupt und ernennt den Ministerpräsidenten, nachdem diesem vom Parlament das Vertrauen ausgesprochen wurde. Das Parlament, bestehend aus Abgeordnetenhaus (Congreso) und Senat (Senado), wird jeweils auf vier Jahre gewählt. Es übt die gesetzgebende Gewalt aus, billigt den Staatshaushalt und kontrolliert die Regierungstätigkeit. Doch bis 1978 wurde das Land von einem Diktator regiert: Francisco Franco. Wer war dieser Mann? Wie kam er an die Macht und wie konnte er so lange regieren?

Spanien auf dem Weg in die Diktatur: Die Anfänge

Eine Diktatur mitten in Europa? Schwer vorstellbar, aber Spanien war lange Zeit in der Hand eines Diktators. Wie kam es dazu? Und wie konnte Franco sich so lange an der Macht halten? Ein Blick in die Geschichte.

Video:




Seit 1700 war der spanische Königsthron in der Hand der Bourbonen, von wenigen Ausnahmen abgesehen. Im Jahr 1873 wurde die "Erste Republik" ausgerufen, die aber nur kurzen Bestand hatte. Ein Jahr später wurde die Monarchie wieder eingeführt und Alfons XII König. Nach dessen Tod regierte seine Frau Christine für den minderjährigen Sohn, bis dieser als Alfons XIII zum König gekrönt wurde. Während dieser Zeit wurden die letzten spanischen Kolonien in Kuba, Puerto Rico und die Philippinen unabhängig. Der Lebensstandard im Land stieg zwar, dennoch gab es massive soziale Probleme, vor allem die Nichtberücksichtigung der Interessen der Industriearbeiterschaft, was zu einem Erstarken der sozialistischen und anarchistischen Bewegung führte. Katalonien, das bereits sehr stark industrialisiert war, forderte mehr Selbstbestimmung, was zu Spannungen und letztlich zu einer blutigen Niederschlagung der katalanischen Autonomiebewegung führte. Im Ersten Weltkrieg erklärte Spanien sich als neutral, was die Spanier in Anhänger der Alliierten und Deutschen spaltete. 

Zu dieser Zeit machte sich ein junger Mann bereits einen Namen: Francisco Franco. Geprägt wurde seine Weltsicht durch den Verlust Kubas an die USA, welche den endgültigen Zusammenbruch des spanischen Weltreichs einleitete. In seinen Augen war die Ursache für diese Niederlage die Korruptheit der Politiker, die sich nicht genug um die Armee gekümmert hatte. Mit 15 trat er in die Militärakademie ein, 1912 zog er nach Melilla im spanischen Protektorat in Marokko, wo er sich schnell verdient machte und 1917 zum jüngsten spanischen Major befördert und nach Asturien versetzt wurde, wo er einen Bergarbeiterstreik niederschlug.

Im Januar 1920 wurde von Obersleutnant José Millán Astray die "Spanische Legion", ein Äquivalent zur französischen Fremdenlegion, gegründet und Franco zu seinem Stellvertreter ernannt. Franco befehligte in Marokko drei Bataillone und ging mit äußerster Härte gegen Aufständische und auch gegen die Zivilbevölkerung vor. Im Zuge der Auseinandersetzungen setzte er auch Senfgas ein. 1926 wurde er vom König zum jüngsten General Europas seit Napoleon Bonaparte ernannt, 1928 zum Leiter der Heeres-Akademie in Saragossa.

Am 14. April 1931 wurde die Zweite Spanische Republik ausgerufen, was den Übergang von der Monarchie zur Demokratie markierte. Franco wollte jedoch den König auf dem Thron halten und versuchte, mit den Kadetten der Heeres-Akademie zu intervenieren, wurde allerdings vom Direktor der Guardia Civil General José Sanjurjo zurückgepfiffen. Daraufhin beendete Franco seinen Widerstand, lehnte es allerdings ab, einen Eid auf die Republik zu leisten. 1932, Franco war zu der Zeit Militärgouverneur in der galizischen Provinz La Coruña, wurde General Sanjuro abgesetzt und putschte von La Coruña gegen die Republik. Sanjuro wurde verhaftet, Franco als Militärgouverneur auf die Balearen versetzt. Nach diversen Regierungswechseln zwischen 1932 und 1936 errang die linke Volksfront einen gewaltigen Wahlsieg. Halbherzig schloss Franco, inzwischen Generalsstabschef, sich einem Putsch an, der scheiterte. Er wurde abgesetzt und auf die Kanarischen Inseln abgeschoben. 

Der Bürgerkrieg und die Folgen

Der Spanische Bürgerkrieg gilt mittlerweile als Auftakt zum Zweiten Weltkrieg. Ab 1936 kämpften faschistische Truppen drei Jahre lang gegen die Zweite Spanische Republik. Wie kam es zu diesem Bürgerkrieg und welche Rolle spielte Deutschland darin?

Ab März 1936 planten rechte Generäle einen Umsturz, leiten sollte diesen General Sunjuro, der im Exil in Portugal lebte. Doch dieser kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben und so fiel die Leitung im Süden Franco zu, der allerdings erst in einer Nacht- und Nebelaktion von einem britischen Piloten heimlich von den Kanaren nach Marokko geflogen werden musste. Der Putsch wurde von Monarchisten, Rechtsrepublikanern, Großgrundbesitzern, Falangisten und auch der Kirche unterstützt. Nach seinem Eroberungsfeldzug in Marokko landete Franco gegen Ende Juli 1936 in Südspanien, von wo aus die Kämpfe schnell auf das ganze Land übergriffen. Deutschland und Italien griffen mit militärischer Unterstützung ein, mit der Entsendung von Soldaten und militärischem Gerät wollte Hitler sicherstellen, weiterhin von Spanien mit dringend benötigten Rohstoffen versorgt zu werden. Ferner gab ihm das die Gelegenheit, den Einsatz der Wehrmacht sowie der Luftwaffe und ihrer Waffen zu erproben und die faschistischen Bewegungen in Europa zu unterstützen. Zu Beginn transportierten deutsche Flugzeuge von Juli bis Oktober 1936 etwa 13500 Soldaten und Material von Nordafrika nach Spanien. Als dies erledigt war, entschied Hitler, eine Luftwaffeneinheit, die "Legion Condor", unter dem Decknamen "Operation Rügen" direkt in die Kämpfe eingreifen zu lassen. Im Zuge dieses Einsatzes wurde die Stadt Guernica am 26. April 1937 buchstäblich dem Erdboden gleichgemacht. Im Oktober 1936 wurde Franco zum Oberbefehlshaber sowie zum Staats- und Regierungschef ernannt.

Große Teile Spaniens konnten von den Putschisten erobert werden, doch die großen Städte wie Barcelona und Madrid leisteten erbitterten Widerstand. Unterstützt wurden sie nur durch die "Internationalen Brigaden", einer Art Freiwilligen-Armee, welche von der Komintern mit Soldaten aufgestockt wurde. Das Rekrutierungsbüro in Paris wurde von Josip Broz, besser bekannt als Tito, geleitet. Einer der bekanntesten Angehörigen ist übrigens der Schriftsteller Ernest Hemingway.

Der Bürgerkrieg wurde mit unbarmherziger Härte geführt, Schätzungen sprechen von 200000 bis 500000 Toten. Auf Druck des Völkerbundes verließen die Internationalen Brigaden 1938 Spanien, allerdings wurden viele von ihnen in französische Lager interniert und nach der deutschen Besatzung Frankreichs 1940 vielfach in Konzentrationslager gebracht. Im August 1937 erkannte der Vatikan die spanische Regierung an, gefolgt von Frankreich und England Anfang 1939. Im März 1939 konnte Franco die republikanische Zone kampflos einnehmen, eine halbe Million Republikaner flüchteten daraufhin ins Ausland. Am 1. April des Jahres erklärte Franco den Bürgerkrieg für beendet. Daraufhin erkannten auch die Amerikaner die Regierung an.

Damit war Spanien endgültig unter der Herrschaft Francos und eine Diktatur. Diese dauerte bis 1975, dem Tode Francos. Diese Diktatur zeichnete sich vor allem durch die enge Verbindung zwischen Staat und Kirche aus. Alle Kollektivbetriebe und Arbeiterorganisationen wurden zerschlagen, alle Parteien außer der Falange verboten. Heute geht man davon aus, dass im Zuge der Repressionspraktik des "Verschwindenlassens" etwa 143000 Menschen verschwanden und sehr wahrscheinlich getötet wurden. 

Während des Zweiten Weltkrieges hatte Franco, sehr zum Missfallen Hitlers, Spanien formal neutral gehalten. Nach dem Krieg stand Spanien als letzter faschistischer Staat isoliert in Europa und stellte Franco vor neue Herausforderungen. 

Lies hier den zweiten Teil: Spaniens Weg in die Demokratie