Druckartikel: Buch-Check: Sind Selfpublisher und ihre Bücher schlechter als die von einem Verlagsautor?

Buch-Check: Sind Selfpublisher und ihre Bücher schlechter als die von einem Verlagsautor?


Autor: Werner Diefenthal

, Dienstag, 04. Januar 2022

Bücher gibt es viele. Von Verlagsautoren, aber immer mehr auch von Selfpublishern. Sind die vom Autor selbst verlegten Werke wirklich schlechter? Oder ist das nur ein Vorurteil?
Die Qual der Wahl. Der Markt für Bücher ist schier unübersichtlich.


  • Wie groß ist der Buchmarkt in Deutschland?
  • Sind Bücher aus einem Verlag wirklich besser?
  • Was zeichnet einen Selfpublisher aus?
  • Wo liegen die Unterschiede?
  • Die Gefahren beim Selfpublishing

Was genau ist eigentlich ein Selfpublisher? Ein Selfpublisher ist Autor und Verleger in einer Person. Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es nur die Möglichkeit, über Verlage oder Agenten sein Buch zu veröffentlichen. Das Problem dabei war, dass die Verlage nicht die Möglichkeit haben, die Fülle der Manuskripte zu prüfen, die sie täglich erreichen. So fielen sehr viele Bücher bereits nach einer ersten Sichtung durch das Raster. Das änderte sich, als die digitale Welt sich veränderte und man recht schnell und einfach sein Werk über diverse Plattformen, allen voran Amazon, einfach selber veröffentlichen konnte.

Die Anzahl der selbst verlegten Bücher nahm rasant zu. Und gerade am Anfang gab es dort mit Sicherheit Bücher, die sowohl von der äußeren Qualität als auch vom Schreibstil her eher schlecht waren. Der Markt wurde zeitweise regelrecht von Billigbüchern überschwemmt, lieblos zusammengeschrieben und schon vom Äußeren her eher abschreckend. Schnell hieß es, selbst verlegte Bücher sind schlecht, das sind Bücher, die kein Verlag haben möchte. Doch mit der Zeit hat sich das geändert. Ein Autor, der als Selfpublisher veröffentlicht und es ernst damit meint auf dem Markt Fuß zu fassen, achtet auf Qualität. 

Wie groß ist der Buchmarkt in Deutschland?

Im Jahr 2020 sind rund 69200 Neuerscheinungen durch Verlage auf dem deutschen Buchmarkt veröffentlicht worden Dem stehen (Stand 2017) mehr als 250000 Novitäten von Selfpublishern gegenüber. Es ist deutlich zu sehen, dass es mehr Selbstverleger als Verlagsautoren zu geben scheint. Dabei bleibt die Anzahl der Hybridautoren, also jener, die sowohl selber verlegen als auch bei einem Verlag veröffentlichen, noch unberücksichtigt. Rings um die Selfpublisher hat sich inzwischen ein vielfältiges Dienstleistungsangebot etabliert, bestehend aus Lektoren, Korrektoren, Cover-Designern, Marketing-Agenturen und vielem mehr. Also alles, was ansonsten ein Verlag für seine Autoren erledigt.

Und da liegt auch der große Unterschied. Während ein Verlagsautor sein Manuskript abliefert und der Rest durch den Verlag erledigt wird, muss der Selfpublisher sich um alles selber kümmern. Er muss für ein Lektorat sorgen, ein Cover beschaffen, den Buchsatz erledigen und sich darum kümmern, über einen Dienstleister sein Buch zu veröffentlichen und dem Buchhandel zur Verfügung zu stellen. Dabei muss er dies alles finanziell stemmen.

Ein Lektorat kostet im Schnitt sechs bis sieben Euro je Normseite. Dazu kommen Korrektorat, Buchsatz und Cover. Das kostet sehr schnell mehrere tausend Euro. Ein Selfpublisher ist Autor und Verlag in einer Person, er muss selber kalkulieren, ab wann er mit einem Buch Gewinn macht, er muss seine Marge kalkulieren, sein Marketing planen und noch vieles mehr.

Doch dafür behält er alle Rechte an seinem Werk. Auch kann sein persönlicher Gewinn, wenn er genug Bücher verkauft, um seine Unkosten zu decken, höher sein als bei einem Verlag. Dort liegt der Gewinn für den Autor meist im einstelligen Prozentbereich des Verkaufspreises.

Der Selfpublisher - Autor oder Unternehmer?

Wenn man das alles sieht, stellt sich die Frage, ob ein Selfpublisher noch ein Autor im klassischen Sinne ist. Er schreibt sein Buch, er muss dafür sorgen, dass es möglichst fehlerfrei ist, muss sich ein Cover beschaffen, das Buch sauber setzen und auf den gängigen Plattformen veröffentlichen und dem Buchhandel zur Verfügung stellen. Dazu muss er auch sein Marketing selber gestalten, Werbung machen und vieles mehr. Hier haben sich in den letzten Jahren sehr viele Dienstleister einen Platz gesucht, sodass man als freier Autor die Qual der Wahl hat. Und natürlich gibt es auch da viele schwarze Schafe und Fallstricke. Zum einen gibt es die ISBN, die ein Buch benötigt, um im stationären Buchhandel gefunden werden zu können. Diese kann er sich entweder selber beschaffen oder aber einen Dienstleister, bei dem er sein Buch veröffentlichen will, beauftragen. Dazu kommen noch die Pflichtexemplare für die Deutsche Nationalbibliothek, die abgeliefert werden müssen. Auch dies kann durch den Dienstleister erledigt werden. 

Die wichtigste Frage ist die nach der Auflage. Während ein Verlag meist eine relativ kleine Auflage drucken lässt und diese bei Bedarf erhöht, wählen die Selfpublisher oft "Print on demand", das heißt das Buch wird dann gedruckt, wenn eine Bestellung über einen Dienstleister eingegangen ist. Das minimiert das Risiko, auf einem Berg gedruckter Bücher sitzen zu bleiben und spart auch die Lagerhaltung. Nachteil: Die Druckkosten liegen je Exemplar höher als bei einer Auflage. Dies muss über die Kalkulation abgefangen werden.

Auch im Bereich Lektorat, Buchsatz und Cover gibt es sehr viele Dienstleister, hier muss der freie Autor sich die Angebote und Leistungen genau ansehen und entsprechend kalkulieren.  Die größte Gefahr eines Selfpublishers liegt allerdings bei den sogenannten Druckkostenzuschussverlagen. Diese bieten an, das Buch zu lektorieren, das Cover zu gestalten, den Buchsatz und das Marketing zu erledigen. Ein typisches Merkmal dieser Unternehmen ist, dass sie ständig Manuskripte suchen und, wenn man als Autor eines einschickt, innerhalb kürzester Zeit eine meist euphorische Antwort zurückkommt. Damit verbunden ist eine Kostenkalkulation, die weit über 10000 Euro betragen kann. Ein seriöser Verlag verlangt kein Geld, das sei direkt gesagt. Diese Druckkostenzuschussverlage leben davon, Manuskripte im Eiltempo zu drucken. Größtenteils werden die angepriesenen Leistungen nicht oder nur mangelhaft erbracht. Diese Unternehmen leben nicht vom Buchverkauf, sondern von den Autoren, die diese Rechnungen zahlen. Und gerade durch diese Unternehmen sind viele Selfpublisher und die Qualität in Verruf geraten.

Woran man Qualität generell erkennen kann.

Doch woran erkennst du ein qualitativ hochwertiges Buch? Unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Buch eines Verlages oder eines Selfpublishers handelt, gibt es einige Kriterien, die du bei der Printausgabe beachten kannst.

  • Das Cover, quasi das Aushängeschild des Buches. Ein gutes Cover erkennst du recht schnell daran, dass es professionell aussieht. Wie ist es gestaltet? Hier gilt die 1-2-3 Regel: ein Bild (oder auch eine professionelle Collage), zwei verschiedene Grundfarben und nicht mehr als drei Schriftarten. Der Titel ist gut lesbar und das Bild passt zum Inhalt des Buches.
  • Der Klappentext. Ist er gut lesbar und fehlerfrei? Ein guter Klappentext ist kurz und prägnant. Er lässt einen erahnen, um was es im Buch geht.
  • Der Aufbau des Buchs. Wie sieht es im Buch selbst aus? Gerade beim Buchsatz erkennst du, ob ein Buch professionell bearbeitet wurde. Sind alle Seiten gleich lang, das heißt alle Seiten, mit Ausnahme derer, bei denen vielleicht ein Kapitel endet, sind unten auf gleicher Höhe. Die Seiten sind gespiegelt, es sind Seitenzahlen vorhanden. Wurde der Blocksatz verwendet? Sind die Zeilenabstände gleich und die Zeilen in etwa mit der gleichen Anzahl von Zeichen gefüllt? 
  • Wie sieht es generell mit der Fehlerfreiheit aus? Wenn da gespart oder geschlampt wurde, erkennst du das bereits nach einer kurzen Leseprobe. Ein Lektorat ist nicht billig. Doch hier gespart heißt am falschen Ende sparen. Nichts schreckt mehr ab als ein mit Fehlern gespickter Text.
  • Historische Korrektheit. Gerade im Bereich der historischen Fiktion warten Fallstricke. Die Recherche macht hier einen großen Teil der Arbeit aus. Und im heutigen Zeitalter des Internets kann man Fakten sehr schnell prüfen. Allerdings zeigt sich das erst beim Lesen und kann auf die Schnelle nicht unbedingt erkannt werden.

Ein Selfpublisher, der auf Qualität achtet, wird auf all dies in seiner Arbeit achten. Die Geschichte selbst kann noch so gut sein, doch eine Häufung von Rechtschreib- oder Grammatikfehlern ist ein Zeichen von mangelhafter Arbeit. Über den Schreibstil kann man bekanntlich streiten, dieser ist Geschmackssache und zunächst einmal ein rein subjektives Qualitätsmerkmal. Doch ein Stil, der sehr stark auf Wiederholungen setzt, den Lesefluss beeinträchtigt oder aber sprachlich eher einfach ist, deutet auf eine eher schlechte Qualität hin. Doch das gibt es auch bei Verlagsautoren und wird dort mit schmeichelnden Worten sogar als Verkaufsargument genutzt. 

Der Inhalt ist am Ende das Wichtigste

Der Buchmarkt ist dem Wandel unterworfen. Selfpublisher, Verlage, Printausgaben, E-Books. Dazu die schier unübersichtliche Anzahl von Titeln. Dazu noch das Problem, dass auch die Verlage oft sparen müssen, sich immer mehr auf freie Lektoren stützen. Die Kapazitäten sind begrenzt, jeder Verlag sucht nach dem "ultimativen Buch".

So wuchs der Anteil der selbst verlegten Bücher in den letzten Jahren immer weiter. Einige Verlagsautoren sind mittlerweile ebenso als Selfpublisher zu finden, andere Selfpublisher wurden von Verlagen entdeckt. Bekannte Beispiele sind E.L. James, die mit "50 Shades of Grey" einen Überraschungserfolg landete sowie Andy Weir, dessen Roman "Der Marsianer" innerhalb kürzester Zeit verfilmt wurde. Im Selfpublisher-Verband haben sich viele freie Autoren, aber auch Lektoren und andere Dienstleister, zu einer Interessengemeinschaft zusammengeschlossen. Die Anzahl der Mitglieder wächst stetig, über 1000 im Dezember 2021, es werden jedes Jahr Preise für die besten Bücher vergeben. Die Jury dort ist meist hochkarätig besetzt, um die bestmögliche Qualität sicherzustellen. 

Es ist also nicht davon auszugehen, dass ein Roman, der im Selbstverlag erscheint, qualitativ schlechter sein muss als ein Buch eines renommierten Verlags. Es gibt mit Sicherheit auch Autoren, die sich nicht an die Regeln für Qualität halten. Genauso wie es Bücher gibt, die optisch sehr gut sind, die aber einfach die Leserschaft nicht fesseln. Und letzten Endes ist dies das größte Qualitätsmerkmal und reine Geschmackssache.