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Pannen beim Friseur: Wann kannst du klagen - und lohnt sich das überhaupt?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Donnerstag, 06. April 2023

Friseure üben eine besondere Profession aus: manche bezeichnen das Friseurhandwerk als angewandte Kunst. Dabei geht auch schon mal etwas daneben. Dann gibt es Klagen und manchmal Geld als Schadensersatz.
Viele von uns sind schon mal unglücklich von einem Friseurbesuch zurückgekommen - wann kann man sogar klagen?


  • Fünf Millionen Haare warten auf einen tollen Schnitt
  • Der Umgang mit Farben ist diffizil
  • Misslungener Haarschnitt führt selten zur Entstellung
  • Viele Kompetenzen in einem Beruf

Das lebendige, so eigenwillige Haar ist eine Herausforderung. Jeden Morgen für uns alle, aber natürlich ebenso für Friseurinnen und Friseure. Jede und jeder von uns besitzt Erfahrungen mit dem eigenen Haar, den Frisuren und den Friseur*innen. Wir alle sind von diesem Thema unmittelbar betroffen und berührt. Aber manchmal geht etwas schief, wie Rechtssprüche zeigen.

Fünf Millionen Haare warten auf einen tollen Schnitt

Eigentlich sind Haare nur Fäden aus Horn. Bei den einen wachsen sie ziemlich üppig, bei den anderen eher spärlich. In der Evolutionsforschung deuten Wissenschaftler*innen das menschliche Haupthaar als Überbleibsel eines Ganzkörperfells, das unsere Vor-vor-vorfahren wärmte und schützte.

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Fünf Millionen Haare hat der Mensch insgesamt, völlig unbehaart sind nur unsere Handflächen und Fußsohlen, die Lippen, die Brustwarzen und die Schleimhäute. Wer blond ist, könnte 150.000 Haupthaare zählen, Rothaarige kommen nur auf 75.000 Exemplare. Täglich fallen etwa 60 bis 100 abgestorbene Haare aus. Schon diese nackten Zahlen machen neugierig.

"Niemand entflieht der tagtäglichen Erfahrung mit seinem Haar. Kaum jemand kommt ohne ein dramatisches, wenn nicht traumatisches Friseurerlebnis durchs Leben", schreiben Hans G. Bauer und Fritz Böhle in ihrem Buch "Haarige Kunst: Über den Eigensinn des Haars und das Können von Friseuren*".

Umgang mit Farben ist anspruchsvoll

Ohne Zweifel, für solch diffizile Aufgaben wie Waschen, Schneiden und Föhnen braucht es fundiertes Fachwissen und besondere handwerkliche Fertigkeiten. Manchmal endet der Besuch beim Coiffeur im Desaster und dann landet der Fall vor deutschen Gerichten.

So musste ein Friseur 2.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, weil er das falsche Färbemittel einsetzte. Weist ein Kunde darauf hin, dass er gegen Ammoniak und Henna-Farben allergisch ist, treffen den Friseur oder die Friseurin Auf­klärungs­pflichten. Kommt er oder sie dem nicht nach und verursacht das Färbemittel eine allergische Reaktion, muss die Fachkraft im Haarsalon Schadensersatz und Schmerzensgeld leisten. Dies hat das Amtsgericht (AG) Brandenburg gerade jetzt entschieden (AG Brandenburg a. d. Havel, Urteil vom 19.12.2022, Az.: 34 C 20/20).

Misslungene Färbe-Aktionen sind ein Dauerthema. Vor dem Münchener AG scheiterte allerdings die Klage einer Kundin auf Schadensersatz nach einer missglückten Haarfärbung (AG München, Urteil vom 24.1.2019, Az.: 213 C 8595/18). Die Frau hatte ihre Friseurin unter Vorlage einer Fotografie mit der Ausführung einer bestimmten Haarfärbetechnik, der sogenannte Balayage-Technik, beauftragt. Das gleichmäßig über den gesamten Kopf verteilte Haarfärbemittel habe sich über zwei Stunden auf ihrem Kopf befunden, berichtete sie dem Richter. Nach dem Ausspülen seien ihre Haare gleichmäßig dottergelb gewesen. Die Klägerin habe in "Schockstarre" für die Friseurbehandlung samt Silbertönung einen Betrag in Höhe von 153 Euro bezahlt und den Salon verlassen. Der Gelbstich sei aber geblieben. Das Haar habe durch die viel zu lange Einwirkzeit Schaden genommen. All dies habe über lange Zeit auch negative psychische Auswirkungen gehabt. Das AG lehnte die Klage trotzdem ab, weil der Friseurin keine angemessene Frist zur Nacherfüllung ihrer handwerklichen Leistung gesetzt wurde.

Misslungener Haarschnitt führt selten zur Entstellung

Eine missglückte Dauer­wellen­behandlung kann zu einer psychischen Belastung führen. Die damit einhergehende Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit rechtfertigt ein Schmerzensgeld von 100 Euro. Dies geht aus einer Entscheidung des AG Siegen (Urteil vom 19.06.1990, Az.: 6 C 3010/88) hervor. Das Gericht hielt es für nachfühlbar, dass dies zu einer psychischen Belastung von gewissem Gewicht führt. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes seien Ausmaß und Schwere der physischen und psychischen Störungen, also das Maß der Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen. Im konkreten Fall konnte das AG nicht feststellen, dass die Kundin besonders stark unter dem Eindruck der verunglückten Frisur leiden musste und hielt daher ein Schmerzensgeld von 100 Euro für angemessen.

Schmerzensgeld zu kassieren, wenn einem die Frisur nicht gefällt, ist schwierig, wie ein Fall vor dem AG München zeigt. Eine Kundin beobachtete den gesamten Schneidevorgang und erhob zu keinem Zeitpunkt Einwände. Am Ende zeigte sie sich zufrieden mit der Haarfarbe und der Haarlänge und verzichtete wegen eines anschließenden Termins bei der Kosmetikerin auf das Föhnen. Zwei Tage später erschien sie allerdings wieder im Salon und beschwerte sich. Die Haare seien zu kurz geschnitten, sie habe jetzt richtige Löcher, durch die man die Kopfhaut sehe. Sie verlangte ein Schmerzensgeld von der Friseurin. Diese weigerte sich zu bezahlen. Schließlich habe sie die Haare ordnungsgemäß geschnitten.

Das Gericht lehnte die Klage ab. Schmerzensgeldansprüche nach einem Friseurbesuch kämen nur in Betracht, wenn durch die Haarbehandlung dauerhafte Schäden am Haar oder der Kopfhaut verursacht sind. Dies komme außerdem noch in Betracht, wenn das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kundin so beeinträchtigt sei, dass sie durch einen völlig misslungenen Haarschnitt quasi "entstellt" sei. Dafür sei aber nichts ersichtlich (AG München, Urteil vom 7.10.2011, Az.: 173 C 15875/11). 

Viele Kompetenzen in einem Beruf

Wer ein guter Friseur oder eine gute Friseurin sein will, braucht Geschick und feinmechanische Fingerfertigkeit. Das reicht aber noch nicht, wie Bauer und Böhle in ihrem Buch feststellen: Dazu gehören ebenso "Einfühlungsvermögen und soziale Kompetenz einer Sozialarbeiterin; Freundlichkeit und Dienstleistungsbereitschaft einer Servicekraft; Geschmack und Fachwissen einer Schönheitsberaterin; Grundwissen und Kenntnisse eines Chemiearbeiters sowie Wissen und Können eines Kaufmanns."

Susanne Will, Leiterin der Haarpflegeentwicklung Europa bei Procter & Gamble, ist überzeugt, dass sich die Wahrnehmung vom eigenen Haar in unserer Seele widerspiegelt, wie sie dem RedaktionsNetzwerk Deutschland im Interview anvertraute: "Wenn die Haare nicht sitzen – beim sogenannten Bad-Hair-Day – fühlen wir uns seelisch nicht gut und der Tag ist verdorben."

Und: Das Haar beschützt unser Gehirn. "Verliert jemand seine Haare – insbesondere trifft das auf Frauen zu – verliert er auch die Sicherheit und das Selbstvertrauen. Das kann sich dann auf viele Bereiche auswirken, beispielsweise auch auf die Partnersuche. Haare verändern uns eben sehr."

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