Kein Grund zur Scham - warum wir neue Wörter brauchen
Autor: Annabelle Heilig
Deutschland, Dienstag, 11. Januar 2022
Weg mit der Scham! Wir brauchen dringend neue Wörter für den weiblichen Intimbereich. Denn das veraltete Wort Scham ist doch längst überholt und sollte in keinster Weise mit Scham besetzt sein.
- Woher kommen die Bezeichnungen?
- Scham als psychologisches Thema
- Vorstellung neuer Begriffe
Die Schamhaare wachsen auf dem Schamhügel, die inneren Schamlippen dürfen keinesfalls sichtbar sein - am besten versteckt sich die gesamte Scham immer schön unsichtbar hinter gleichzeitig superweit ausgeschnittener Unterwäsche. Dabei ist das ein ganz normaler Teil des weiblichen Geschlechts.
Woher kommen die Bezeichnungen?
Das Wort "Schamlippen" ist um die zweihundert Jahre alt. Es beschreibt die Labien, die inneren und äußeren Venuslippen. Ein Begriff, der längst überholt ist und nicht in unsere Zeit passt. Vor allem, weil es da überhaupt nichts zu schämen gibt. Ganz im Gegenteil: Es ist ein intimer und lustvoller Teil des weiblichen Körpers. Doch im Duden gibt es tatsächlich kein anderes Wort dafür.
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Die Journalistin Gunda Windmüller meint dazu: "Es ist nicht nur ein Wort. Es hat quasi einen ganzen Rucksack an Problemen dabei: Die weiblichen Geschlechtsteile, die weibliche Sexualität und Lust wurde seit Jahrhunderten eingeengt, diszipliniert und verdrängt." Sie fordert dazu auf, den Sprachgebrauch der weiblichen Scham in Vulvalippen umzuändern und zu verbreiten, denn so wie sich die Gesellschaft verändert, verändert sich Sprache auch.
Wenn wir also die Scham loswerden wollen, müssen wir dringend diese alten Begriffe loswerden! Stell dir vor, das Wort "Schamlippen" würde im Duden durch "Vulvalippen" ersetzt. Hierfür gibt es sogar eine Petition!
Scham als psychologisches Thema
Die Scham der Frau spielt gesellschaftlich eine größere Rolle als die des Mannes. Noch bis vor ein paar Jahrzehnten war die Rolle der Frau sich anzupassen, still zu sein, nicht aufzufallen und alles zu bedecken, was zu bedecken geht. Auch weiblicher Sex galt häufig als unrein. Mittlerweile werden viele Tabu-Themen, wie beispielsweise die weibliche Intimität und Sexualität endlich angesprochen und anerkannt. Die typische Rolle der Frau hat sich drastisch geändert. Dennoch ist es bis heute dringend notwendig, über solche Themen zu sprechen und die eigene Sicht gegebenenfalls zu überdenken.
Buchtipp: 'Unten rum: Die Scham ist nicht vorbei' jetzt ansehenViele Begriffe für Vagina und Vulva sind immer noch negativ kodiert. Muschi, Pussy oder andere herablassende Begriffe verniedlichen oder werden auch als Beschimpfungen benutzt. Durch schambesetzte Begriffe wird angestrebt jemanden herabzuwürdigen oder es ist beabsichtigt auszudrücken, dass jemand schwach sei. Das trägt wiederum unbewusst dazu bei, das weibliche Geschlecht als schwach und weniger wertvoll anzusehen. Auch wenn die einzelne Bezeichnung bewusst nicht verletzend gemeint ist, da wir ja an diese Begriffe gewöhnt sind, wird die Verbindung "Scham kommt von Schämen" bestehen bleiben und beeinflusst so weiter die Bewertung des weiblichen Schambereichs.