Wie der Bildungsgrad mit Vorurteilen zusammenhängt: Eine Studie deckt auf
Autor: Evelyn Isaak
Deutschland, Dienstag, 25. April 2023
Ob bewusst oder unbewusst: Vorurteile begegnen uns im Alltag immer wieder. Studien decken nun auf, wie diese mit dem Bildungsgrad zusammenhängen.
Egal ob gebildet, ungebildet, konservativ oder weltoffen: Überall kann man vorgefasste Meinungen finden. Dabei ist es nicht ungewöhnlich, dass man sich in unserer Gesellschaft eher unsympathische, engstirnige und weniger intelligente Menschen vorstellt, die diese Vorurteile haben.
Doch stimmt das? Verschiedene Studien haben sich die Frage gestellt, ob der Bildungsgrad die Tendenz zur Vorurteilsbildung beeinflusst.
Grundlagen der Studien und Ergebnisse
Stereotype und Vorurteile beeinflussen nicht nur unsere Wahrnehmung, sondern auch unser Denken und Handeln. Doch wovon hängt es eigentlich ab, ob man eine voreingenommene Meinung hat, oder nicht? Bei diesem Artikel orientieren wir uns an dem Buch "Vorurteile haben immer nur die anderen" von Juliane Degner, welches die aktuellen Forschungsergebnisse aus der Sozialpsychologie aufgreift. Weiter gibt die Autorin eine Einsicht in psychologische Prozesse und Mechanismen, die Stereotypen und Vorurteilen zugrunde liegen. Juliane Degner ist Professorin für Sozialpsychologie an der Universität Hamburg. Hier forscht sie vor allem zu automatischen Prozessen der sozialen Wahrnehmung und Eindrucksbildung. Weiter interessiert sie sich dafür, welchen Einfluss soziale Kategorisierungsprozesse, Stereotype und Vorurteile auf letzteres haben.
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Degner erklärt, dass es eine Vielzahl an groß angelegten Studien gibt, welche meist in Form von Fragebögen und Interviews abfragten, inwiefern Personen feindseligen Aussagen über verschiedene negativ stigmatisierte Gruppen zustimmen. Zusätzlich mussten die Befragten Persönlichkeitsfragebögen ausfüllen, ihr Bildungsniveau angeben und/oder Intelligenzaufgaben bearbeiten. Im Anschluss wurde ein generalisierter Vorurteilsindex von den Forscher*innen berechnet, anhand dessen sich Personen als mehr oder weniger vorurteilsbehaftet einordnen ließen.
Ein konsistentes Ergebnis zeigte sich laut Degner bei allen Studien: Menschen, die offen rassistische oder fremdenfeindliche Einstellungen äußern, neigen auch oft dazu, sich sexistisch, antisemitisch und islamfeindlich zu äußern oder Feindseligkeit gegenüber Homosexuellen, Obdachlosen und Personen mit Behinderung auszudrücken. Häufiger werden also negative Bewertungen gegenüber verschiedenen sozialen Gruppen beobachtet. Weitere signifikante statistische Zusammenhänge sind laut Degner:
- Menschen, bei denen ein geringerer Intelligenzquotient oder geringere kognitive Fähigkeiten gemessen wurden und/oder die ein niedrigeres Bildungsniveau haben, neigen stärker dazu, negative Einstellungen gegenüber Mitgliedern anderer Gruppen zu äußern; und das vor allem gegenüber ethnischen Minoritäten.
- Menschen, die geringere Offenheit und Aufgeschlossenheit für neue Erfahrungen aufweisen oder allgemein geringere Verträglichkeit im Sinne von Rücksichtnahme, Kooperationsbereitschaft, und Empathie aufweisen, neigen eher zu generalisierten Vorurteilen als Menschen mit hoher Offenheit und hoher Verträglichkeit.
- Neigungen zu emotionaler Labilität oder Ängstlichkeit zeigen sich durchweg als nicht mit Vorurteilen assoziiert.
Mögliche Erklärungen für den Zusammenhang
Weiter stellt sich die Frage, wie sich diese in Studien beobachteten Zusammenhänge erklären lassen. Kann eine geringe Intelligenz nun als Ursache für die Entstehung von Vorurteilen gesehen werden? Degner führt verschiedene mögliche Gründe an, weshalb ein Zusammenhang beobachtet werden konnte: