Trinkgeld mit Karte bezahlen: Wer bekommt das Trinkgeld wirklich?
Autor: Oliver Jung-Kostick
Deutschland, Sonntag, 07. Mai 2023
Trinkgeld geben ist üblich – Kartenzahlung auch. Doch wie funktioniert das, wenn du in deiner Stammkneipe deine Rechnung bezahlst und der netten Servicekraft etwas Gutes tun willst? Kommt das Geld auch dort an, oder wäre Barzahlung besser?
- Was ist Trinkgeld überhaupt?
- Wem steht das Trinkgeld zu?
- Welche steuerlichen und sonstigen Auswirkung hat das Trinkgeld?
- Kommt das Trinkgeld bei Kartenzahlung auch wirklich an?
- Ist Barzahlung vielleicht doch besser?
Trinkgeld geben ist so etwas Alltägliches, dass du vielleicht noch nie darüber nachgedacht hast, was an juristischen und betriebswirtschaftlichen Hintergründen dabei angesprochen wird. Und gerade im Zeitalter der bargeldlosen Kartenzahlung scheint es praktisch, Rechnungen und Trinkgeld in einem Bezahlvorgang zu erledigen. Doch in der Praxis ist es nicht ganz so einfach. Für Servicekräfte und deren Arbeitgeber*innen gibt es einiges zu beachten.
Was ist Trinkgeld überhaupt?
Trinkgeld ist eine freiwillige Leistung, wenn du als Gast zufrieden warst. Eine Pflicht zum Geben von Trinkgeld besteht nicht, wie die Gewerbeordnung (GewO) in § 107 Absatz II Satz 2 klarstellt, auch wenn es sozial sicherlich üblich ist.
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Überwiegend wird Trinkgeld als Schenkung von dir direkt an die Servicekraft angesehen. Schenkungsverträge sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch prinzipiell notariell zu beurkunden, um Schenker*innen vor übereilter Weggabe von Geld oder Sachen zu schützen, weil sie keine Gegenleistung dafür bekommen. Doch wenn du das Trinkgeld an die Bedienung übereignest, wird dieser Formmangel geheilt und der Vertrag wird wirksam (§ 518 Satz 2 BGB).
Ohne triftigen Grund können Schenker*innen das Trinkgeld daher nicht zurückfordern. Ausnahmen wären etwa bei grobem Undank oder einer nachträglichen Verarmung des Schenkers denkbar, aber wenig wahrscheinlich. Eine Bedienung wird kaum wütend werden, wenn sie ein hohes Trinkgeld bekommt, und die Schenker*innen beleidigen oder körperlich attackieren. Und bei den zu erwartenden Summen an Trinkgeld, die bei 5–10 Prozent des Rechnungsbetrages anfallen, wird ein Vermögensverfall des Schenkers in der Praxis kaum eine Rolle spielen. Eine Ausnahme wären vielleicht Gäste, die extrem hohes Trinkgeld von mehreren hundert Euro (oder sogar mehr) geben, ohne sich das wirklich leisten zu können. Auch erhebliche Trunkenheit könnte wegen Zweifel an der Geschäftsfähigkeit eine Rückforderung begründen.
Wem steht das Trinkgeld zu?
Prinzipiell steht das Trinkgeld der Servicekraft zu, der du es gibst – nicht dem Inhaber oder der Inhaberin. Doch in vielen Betrieben sind vertragliche Regelungen zwischen Arbeitgeber und Personal üblich, die juristisch nicht unumstritten sind.
Der Grund für die Vorschriften ist, dass selten eine Bedienung allein verantwortlich für die Erfüllung des Vertrags ist und die Zufriedenheit von Gästen eigentlich eine Anerkennung für die Leistung aller Beteiligten wie Thekenpersonal, Küchenmitarbeiter*innen und Servicekräften ist. Aus Gründen der Fairness gibt es daher Betriebe, die das eingenommene Trinkgeld unter allen Mitarbeiter*innen der Schicht aufteilen, in der es erzielt wurde. Denkbar sind auch Regelungen, dass zwischen Getränken und Essen unterschieden wird und das Küchenpersonal prozentual einen angemessenen Anteil des Trinkgelds für seine Umsätze bekommt.