Druckartikel: Mehr Geld für Studierende: Ab August gelten neue Bedarfssätze - das bringt die BAföG-Reform

Mehr Geld für Studierende: Ab August gelten neue Bedarfssätze - das bringt die BAföG-Reform


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Sonntag, 17. Juli 2022

Das Bundesausbildungsförderungsgesetz, kurz BAföG, ist für 639.000 Schüler*innen, Azubis und Studierende die Existenzgrundlage. Ab August steigt die staatliche Förderung. Wir sagen, wie die Fördersätze steigen und welche Grenzen zukünftig gelten.
Mehr Geld für mehr Bafög-Empfangende


  • Höhere Förderung ab August
  • Freibeträge, Wohnungszuschlag und einmaliger Heizkostenzuschuss
  • Altersgrenze angehoben und Start der Novelle
  • Wie viel darf ich neben BAföG verdienen und wie funktioniert das mit dem Antrag?
  • Erlass der Darlehensrestschuld und Rückzahlung

Studieren ist teuer – und es ist in den vergangenen Jahren zunehmend teurer geworden. Der Höchststand lag im Jahr 2012 bei 979.000 Personen, die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) erhalten. Im Jahr 2020 wurden in Deutschland immerhin 639.000 Personen gefördert. Trotzdem reicht es bei vielen nicht, die Hälfte der Studierenden muss nebenbei jobben. Der Bundestag hat jetzt endlich die BAföG-Reform beschlossen. Zu spät, zu mickrig, sagen Kritiker - aber immerhin.

Höhere Förderung ab August

Ob deine Berufsausbildung, deine Schulausbildung oder dein Studium durch Bafög gefördert wird, hängt unter anderem von deiner Ausbildungsstätte ab. BAföG bekommen

Video:




  • Studierende an Universitäten, Hochschulen, Fachhochschulen und Akademien
  • Auszubildende an Berufsaufbauschulen, Berufsfachschulen, Fachschulen, Berufskollegs
  • Schüler*innen an allen anerkannten Schulen von Gymnasien über Gesamtschulen bis Hauptschulen, zweiter Bildungsweg über Abendhauptschulen, Abendrealschulen, Abendgymnasien, Kollegs.

Durch das 27. BAföG-Änderungsgesetz sollen sich im Wesentlichen zwei Dinge ändern: Bafög-Beziehende sollen mehr Geld bekommen– und es soll zukünftig wieder mehr Empfangende geben. "Wir wollen jetzt die Trendwende schaffen", sagte Bildungsministerin Stark-Watzinger dem DSW-Journal des Deutschen Studentenwerks (DSW). 

Und das sind die neuen Förderkonditionen für BAföG-Beziehende: Ab August 2022 steigt der Förderungshöchstbetrag (Grundbedarf zum Lebensunterhalt und für die Unterkunft) von 861 Euro auf 934 Euro. Das heißt für rund 3/4 der mit BAföG geförderten Studierenden, die außerhalb des Elternhauses leben, beträgt die Erhöhung de facto über acht Prozent. Diese Höchstbeträge können BAföG-Empfangende erwarten:

  • Universitäten und höhere Fachschulen: Unterkunft bei den Eltern 592 Euro, außerhalb 934 Euro
  • Abendgymnasien und weiterführende Fachschulklassen: Unterkunft bei den Eltern 563 Euro, außerhalb 900 Euro
  • Abendhaupt- und Abendrealschulen sowie weiterführende Fachoberschulen: Unterkunft bei den Eltern 557 Euro, außerhalb 858 Euro
  • Berufsfachschulen: Unterkunft bei den Eltern 356 Euro, außerhalb 754 Euro

Freibeträge, Wohnungszuschlag und einmaliger Heizkostenzuschuss

Die Förderung ist außerdem abhängig von der Höhe des Einkommens der Eltern. Die Freibeträge des Elterneinkommens der BAföG-Empfänger*innen steigen um 20,75 Prozent. Dadurch rutschen mehr Lernende in die Förderung. Der Wohnzuschlag für auswärts Wohnende liegt künftig bei 360 Euro. Das reicht in Städten wie Berlin, Hamburg oder München für das Zimmer in der WG natürlich nicht, geschweige denn für mehr Wohnraum.

Ist eigenes Vermögen vorhanden, wird das angerechnet. Der Vermögensfreibetrag der Geförderten bis zum 30. Lebensjahr liegt bei 15.000 Euro sowie für Auszubildende, die das 30. Lebensjahr vollendet haben, bei 45.000 Euro.

Im Übrigen erhalten BAföG-Geförderte, die auswärts wohnen, als Einmalzahlung einen Heizkostenzuschuss für die Heizperiode 2021/2022. Das ist Bestandteil des Entlastungspakts der Bundesregierung und beträgt 230 Euro.

Alters- und Verdienstgrenze, Start und Antrag

Die Altersgrenze bei den BAföG-Empfangenden steigt: Künftig profitieren Menschen von einer Förderung, wenn sie bei Beginn der förderungsfähigen Ausbildung das 45. Lebensjahr (bisher 30, bei der Förderung zum Master 35 Jahre) nicht überschritten haben. Die Begründung: Später im Leben getroffene Entscheidungen für eine höher qualifizierende Ausbildung verdienen Unterstützung. Studierende und Schüler*innen profitieren schon zum kommenden Schuljahresbeginn beziehungsweise dem Wintersemester 2022/2023 von den Leistungsverbesserungen.

Auf den Freibetrag schlägt das BAföG-Amt noch Kosten für Sozialabgaben und die Werbungskostenpauschale obendrauf. Bei regelmäßigem gleichbleibendem Verdienst sind künftig 520 Euro pro Monat (Brutto) möglich.

Beim bundesweit einheitlichen Online-Antrag "BAföG-Digital" war für eine gültige Antragstellung bisher der digitale Antrag entweder mit der eID-Funktion des Personalausweises zu bestätigen oder ausgedruckt und unterschrieben an das zuständige Amt für Ausbildungsförderung zu senden. Künftig reicht die Einrichtung eines einfachen Nutzerkontos aus. Der digitale Antrag geht direkt online ans BAföG-Amt.

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Erlass der Darlehensrestschuld und Rückzahlung

Und das gilt im Grundsatz: Studierende erhalten BAföG im Regelfall zu 50 Prozent als Zuschuss und zu 50 Prozent als zins­loses Darlehen. Den Darlehens­teil verlangt der Staat zurück, den Zuschuss nicht. Aber egal wie hoch die Darlehens­schuld ist, mehr als 10.010 Euro muss niemand zurück­zahlen. Auszubildende, die Schüler-BAföG bekommen, erhalten die Förderung hingegen als reinen Zuschuss. Sie müssen nichts zurück­zahlen.

Und mit dem BAföG-Amt kannst du verhandeln: Es gibt einen Nachlass auf deine Schulden, wenn du dein BAföG auf einen Schlag zurückzahlst. Dann kannst du bis zu 50 Prozent erlassen bekommen. Die Erlassmöglichkeit der Darlehensrestschulden nach 20 Jahren für Altfälle gilt künftig für jene Rückzahler*innen, die es versäumt hatten, innerhalb der gesetzten Frist der vorangegangenen 26. BAföG-Novelle den Erlass der Darlehensrestschulden zu beantragen

Die Stiftung Warentest hat einen BAföG-Rück­zahlungs­rechner. Der Rechner zeigt dir, wie viel Rabatt du bekommst, wenn du deine BAföG-Schulden vorzeitig zurück­zahlst. Die Rechnung basiert auf der Annahme, dass du BAföG zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als Darlehen erhalten hast. 

Kritik an der "mickrigen" BAföG-Erhöhung

Dem Deutschen Studentenwerk (DSW) reichen die Beschlüsse nicht. Die Erhöhung werde "faktisch von der Inflation aufgefressen", kritisierte DSW-Generalsekretär Matthias Anbuhl. Auch der Freie Zusammenschluss von Student*innenschaften (FZS) und die DGB-Jugend äußerten sich unzufrieden. Die jüngste BAföG-Reform sei "leider wieder nur ein Tropfen auf den heißen Stein", erklärte der Bundesjugendsekretär der DGB-Jugend, Kristof Becker. "Angesichts der aktuell dramatischen Teuerungsrate muss man nun wirklich kein Mathe-Genie sein, um zu sehen, dass die Erhöhung vorne und hinten nicht reicht." Nötig sei "ein BAföG, dass endlich wieder der studentischen Lebensrealität gerecht wird und es auch bleibt", sagte Lone Grotheer vom FZS. 

Der Paritätische Wohlfahrtsverband verwies darauf, dass die Armutsquote unter Studierenden doppelt so hoch sei wie im Bevölkerungsdurchschnitt. "Junge Menschen an der Uni müssen sich auf ihr Studium konzentrieren können. Ständige Existenzängste machen keine guten Akademiker", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Schneider.

Nach Berechnungen der Paritätischen Forschungsstelle liege fast jede*r zweite Studierende mit BAföG-Bezug unter der allgemeinen Armutsschwelle, erklärte der Verband. Demnach seien deutlich höhere Steigerungen notwendig als die jetzt geplanten. 

Fazit

Die 27. BAföG-Anpassung ist bitter notwendig. Aber jede*r zweite Studierende mit BAföG-Bezug bleibt trotzdem unter der allgemeinen Armutsschwelle, deshalb reicht dieses "Novellchen" nicht.