Steuerklasse 0: Was es damit auf sich hat und für wen sie gilt
Autor: Oliver Jung-Kostick
Deutschland, Sonntag, 30. Juli 2023
Steuerklasse 0 - Was soll das denn sein? Traditionell gibt es doch nur Steuerklassen von I bis VI, oder? Trotzdem existiert die Steuerklasse 0, und zwar für einen ganz bestimmten Zweck.
- Steuerklasse 0 nur für eng begrenzte Gruppe Steuerpflichtiger
- Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) beachten
- Steuerklasse VI vermeiden
Die "Familie" der deutschen Lohnsteuerklassen scheint Zuwachs bekommen zu haben. Zu den bisherigen hat sich nun die Lohnsteuerklasse 0 gesellt, die bei manchem Stirnrunzeln auslösen wird. Aber keine Angst – der scheinbare Widerspruch löst sich schnell auf, denn diese Steuerklasse betrifft nur eine begrenzte Zahl von Steuerpflichtigen.
Steuerklasse 0 nur für Grenzgänger und -pendler
Die Existenz einer Steuerklasse 0 dürfte manche verblüffen, werden die Steuerklassen in Deutschland seit eh und je mit den römischen Ziffern von I bis VI benannt. Die arabische "0" crasht dieses System daher doch recht auffällig. Kein Wunder: Sie ist nur für eine bestimmte Gruppe von Steuerpflichtigen gedacht: die sogenannten Grenzgänger beziehungsweise Grenzpendler. Und strenggenommen ist sie keine echte Steuerklasse, sondern ein Hilfskonstrukt für Steuerfälle mit Auslandsbezug.
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Grenzgänger*innen oder Grenzpendler*innen im steuerrechtlichen Sinn sind ausländische Arbeitnehmer*innen ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland, die hier arbeiten und prinzipiell Lohnsteuer zahlen müssten, vergleiche § 1 IV Einkommensteuergesetz (EStG). Da sie aber auch in ihrem Heimatland Einkommenssteuer zahlen müssen, würde dies zu einer unfairen Doppelbesteuerung führen. Denkbar wäre im schlimmsten Fall, dass die Summen beider Steuerzahlungen das erzielte Nettoeinkommen abzüglich Werbungskosten (zum Beispiel Fahrtkosten zur Arbeit) übersteigen beziehungsweise nur sehr wenig übriglassen. Die Steuerpflichtigen würden also im Verhältnis zu inländischen steuerpflichtigen Arbeitnehmer*innen beider Länder mit ausschließlich Inlandseinkünften massiv benachteiligt.
Zur Vermeidung dieser unschönen Konsequenz gibt es Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen einer Reihe von Staaten. Sie ordnen bei konkurrierender Steuergesetzgebung das Recht zur Steuererhebung nur einem von beiden Ländern zu.
Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) beachten
Deutschland mit seiner zentralen Lage in Europa hat vergleichsweise viele Anrainerstaaten. Im Uhrzeigersinn sind dies Dänemark, Polen, Tschechien, Österreich, Schweiz, Frankreich, Luxemburg, Belgien und die Niederlande. Hier sind steuerliche Grenzgänger und -pendler in vielen Fällen denkbar, weil nur zum Arbeiten nach Deutschland eingependelt wird. Mit allen diesen Nachbarländern besteht jeweils ein Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Die entsprechende Liste findest du hier. Suche das fragliche Land unter dem Anfangsbuchstaben und klicke es an, um staatenbezogene Informationen zu erhalten.
Auch außereuropäische Länder haben DBA mit der Bundesrepublik Deutschland abgeschlossen. Allerdings bestehen nicht mit allen der fast 200 anerkannten souveränen Staaten solche Abkommen. Insgesamt sind es derzeit circa 70 Doppelbesteuerungsabkommen, die die Steuerkonkurrenz zwischen Deutschland und einem anderen Staat regeln.