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Riester-Rente immer unbeliebter - was tun mit dem Vorsorgemodell?


Autor: Dominik Jahn

Deutschland, Freitag, 22. August 2025

Trotz milliardenschwerer Förderung sehen Experten die Riester-Rente als ineffizient an. Können jetzt noch Reformen helfen?
Die Riester-Rente verliert im Jahr 2024 weiter an Beliebtheit, während Experten ineffiziente Strukturen kritisieren und auf dringend notwendige Reformen drängen.


Das Riester-Neugeschäft der Lebensversicherer ging im Jahr 2024 um 26,0 Prozent zurück. Im Bericht "Die deutsche Lebensversicherung in Zahlen 2025" zeigt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) die gravierenden Probleme der Riester-Rente erneut deutlich auf. 

Konkret bedeutet das, dass im Jahr 2024 nur noch rund 30.400 Riester-Verträge neu abgeschlossen wurden. Ein neuer absoluter Tiefstand. Der laufende Beitrag dieser neuen Riester-Verträge erreichte im Jahr 2024 insgesamt 176 Millionen Euro – ein Minus von 17,9 Prozent. Der Bestand an Riester-Renten verminderte sich demnach um mehr als eine halbe Million auf unter 9,7 Millionen Stück.

Wo liegen die Probleme bei der Riester-Rente?

Laut GDV ist eines der großen Probleme die Senkung des Höchstrechnungszinses auf 0,25 Prozent zum 1. Januar2022. Die Kalkulation von Riester-Renten mit ihren 100-Prozent-Garantien der Brutto-Beiträge wäre dadurch erschwert. Auch seien viele Pläne für Reformen schlichtweg nicht umgesetzt worden. 

Dazu kommen immer mehr vorhandene Riester-Verträge in die Auszahlungsphase. Bei der Analyse der Zahlen hat sich laut der Daten des Bundesministerium der Finanzen (BMF) gezeigt, dass sich allein im Jahr 2023 eine Viertelmillion Kontrakte in dieser Phase befanden. Ende 2023 waren es laut der BMF-Zahlen fast 1,2 Millionen Riester-Verträge. 

Die GDV sieht die Politik in der Pflicht. In ihrem Bericht heißt es dazu: "In der Rentenpolitik bleibt für die neue Regierung viel zu tun: Auch die Daten des Alterssicherungsberichts 2024 zeigen, dass die Verbreitung der ergänzenden Vorsorge steigen muss.  Nach Jahren der Diskussion und viel Vorarbeit ist die Reform der privaten Altersvorsorge besonders dringlich."

Welche Position bezieht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft?

Auch auf Nachfrage von inFranken.de bezieht der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft klar Stellung.

Eine Sprecherin des GDV: "Die Zahlen zur Riester-Rente sind ein Beleg dafür, dass der Neustart in der privaten geförderten Altersvorsorge dringend notwendig ist. Die Versicherungswirtschaft fordert die Reform aktiv ein."

Es bräuchte demnach "bessere Renditechancen bei einem weiterhin lebenslang sichere Alterseinkommen". Und auch die Lockerung der starren 100-Prozent-Beitragsgarantie müsste umgesetzt werden.

Was sagt die Deutsche Rentenversicherung zum Riester-Modell?

Auch bei der Deutsche Rentenversicherung (DRV) hat inFranken.de zu dem GDV-Bericht um eine Einschätzung gebeten. Hier sieht man die Riester-Rente durchaus deutlich positiver: "Die zulagegeförderte Altersvorsorge (Riester-Rente) ist ein etablierter Baustein in der Alterssicherung und erreicht aus sozialpolitischer Sicht wichtige Zielgruppen, insbesondere Geringverdienende, Kindererziehende und Frauen."

Allerdings nimmt man gewisse Probleme in ihrer "Verbreitung" als Vorsorge-Modell wahr. DRV: "Dies sind unter anderem die hohen Kosten, die geringen Renditen, ein zu enger förderberechtigter Personenkreis sowie die fehlende Dynamisierung der Förderhöchstgrenzen, sodass eine zusätzliche Altersvorsorge von 4 Prozent des Einkommens nicht mehr für alle Vorsorgenden möglich ist."

Die Hoffnungen ruhen ganz auf der Politik. DRV: "Die neue Koalition aus CDU, CSU und SPD hat sich für die laufende Legislaturperiode vorgenommen, die bisherige Riester-Rente in ein neues Vorsorgeprodukt zu überführen und greift dabei einige dieser zentralen Herausforderungen auf. Es sollen bürokratische Hemmnisse abgebaut, auf Garantien verzichtet und Verwaltungs-, Produkt- und Abschlusskosten reduziert werden."

Die Rentenversicherung weist darauf hin, dass das neue Vorsorgeprodukt, das es auch in Form eines Standardproduktes geben soll, eine möglichst einfache staatliche Förderung für Bezieherinnen und Bezieher kleiner und mittlerer Einkommen haben soll. Wichtig aus Sicht der Deutschen Rentenversicherung sind für eine Reform:

  • Weiterentwicklung der privaten Altersvorsorge mit Bestandsschutz für Altverträge
  •  Vereinfachung der Regelungen durch Reduzierung der Komplexität
  •  Durchgängig digitale Prozesse ermöglichen: Digitalisierungshemmnisse stehen kundenorientierten Verwaltungsleistungen entgegen.
  • Stärkung der bisherigen Zielgruppen: Die aktuelle Fördersystematik ist zielgerichtet auf Personen mit geringem Einkommen, Frauen sowie Kindererziehende ausgerichtet.
  • Auszahlungsmöglichkeiten in der Rentenphase: Das Langlebigkeitsrisiko wird nur durch eine lebenslange Rentenauszahlung abgesichert.
  • Förderberechtigter Personenkreis ist zu eng: Nicht alle Personen haben den gleichen Zugang zu staatlicher Förderung. Der förderberechtigte Personenkreis sollte daher um die Selbstständigen erweitert werden.

Die Kritik des Sozialverbandes VdK an der Riester-Rente

Kritik an der Riester-Rente kommt schon seit Jahren von Sozialverband VdK. Zu den aktuellen Zahlen hat man sich auf Anfrage der Redaktion zwar nicht geäußert, an der Grundhaltung dürfte sich aber wohl nichts geändert haben.

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Bereits im November 2023 hatte VdK-Präsidentin Verena Bentele deutliche Worte gefunden. Damals hatte das Bundesgerichtshof (BGH), eine Sparkassen-Klausel zu Riester-Abschlusskosten für unwirksam erklärt. Die Bank hatte die Sparer nicht über alle Kosten des Riester-Vertrags informiert und dann zu Beginn der Auszahlphase einen Nachschlag verlangt.

Bentele erklärte dazu: "Das heutige BGH-Urteil zeigt einmal mehr, dass die Riester-Rente gescheitert ist. Die Riester-Rente in den Händen der privaten Versicherungswirtschaft ist trotz milliardenschwerer staatlicher Förderung ineffizient und intransparent."

Wie ordnen Finanz-Experten die Riester-Rente ein?

Immer wieder wird die Riester-Rente von den unterschiedlichsten Experten massiv kritisiert. Erst im Mai 2025 stellten sie die Frage: Reform oder Flop?

Unter anderem Britta Langenberg, Altersvorsorge-Expertin der Bürgerbewegung Finanzwende hatte sich in einem Bericht der Tagesschau dafür ausgesprochen, dass man auf "ein staatlich gelenktes Altersvorsorge-Produkt" setzen sollte. Langenberg erklärte: "Wir glauben nicht, dass die Riester-Rente reformierbar ist. Es hat ja schon während der vergangenen 20 Jahre die unterschiedlichsten Reformversuche gegeben. Das hat zu nichts geführt."

Hilfe für eine Reform wurde der Bundesregierung im Juli in einem gemeinsamen Positionspapier von Banken und Brokern angeboten. Die Finanz-Fachleute machen Druck und wollen gerade auch bei der Riester-Rente ein Wörtchen mitsprechen. Passend dazu gab es einen Vorschlag für ein Altersvorsorgedepot in dem Schreiben. 

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