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Aktivrente bringt Staat über 800 Millionen Euro Verlust


Autor: Dominik Jahn

Deutschland, Freitag, 10. Oktober 2025

Die neue Aktivrente ab 2026 sorgt für Diskussionen: Während einige von ihr profitieren könnten, bleiben Selbstständige außen vor. Experten zeigen sich skeptisch.
Die geplante Aktivrente ab 2026 sorgt für Diskussionen und Kritik, da Selbstständige ausgeschlossen werden und steuerliche Bedenken geäußert werden.


In der Regierung ist man sich einig: Im Koalitionsausschuss haben sich CDU, CSU und SPD darauf verständigt, dass die Aktivrente zum Januar 2026 kommen soll. Was mit der Bekanntgabe der Reform am Donnerstag ,9. Oktober jetzt aber auch feststeht: Eine Gruppe wird bewusst von der Maßnahme ausgeschlossen. 

Die Aktivrente kann demnach mit Erreichen der Regelaltersgrenze (derzeit 66 Jahre und zwei Monate) beantragt werden. Möglich ist es für abhängige und nicht-selbständige Tätigkeiten – Selbstständige und Freiberufler profitieren nicht von der neuen Reglung. 

Die Aktivrente könnte den Staat viel Geld kosten

Die Aktivrente ist weiterhin nicht ganz unumstritten. Arbeitgeber-Chef Steffen Kampeter warnte davor, dass die Aktivrente für Steuerzahler richtig teuer wird. Und auch Anja Piel, Vorstandsmitglied beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) und Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund äußerte ihre Bedenken: "Von diesem Angebot profitieren Menschen mit guten Renten und Arbeitsbedingungen, meist in Bürojobs – oder aber Selbstständige."

Und auch der Referentenentwurf der Bundesregierung zur Aktivrente zeigt, dass man in den kommenden vier Jahren jährlich mit Mindereinnahmen bei den Steuern von 890 Millionen Euro rechnet. Verteilt werden die anfallenden Kosten wie folgt:

  • Bund: 387 Millionen Euro
  • Länder: 378 Millionen Euro
  • Gemeinden: 134 Millionen Euro

    Laut Entwurf soll die Aktivrente nach zwei Jahren überprüft werden. Gegebenenfalls könnte sie danach auf Freiberufler erweitert werden.

Selbstständigen-Verband reagiert verärgert – "Ein Schlag ins Gesicht"

Verärgert reagiert der Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland  (VGSD) auf die Pläne der Bundesregierung. In einer Pressemitteilung heißt es dazu von Andreas Lutz, Vorstandsvorsitzender des VGSD: "Das ist ein Schlag ins Gesicht aller Selbstständigen."

Für Lutz widerspricht das klar dem Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes. Lutz: "Es ist verfassungsrechtlich bereits problematisch, wenn Menschen über der gesetzlichen Altersgrenze steuerlich anders behandelt werden sollen als Jüngere. Wenn Menschen gleichen Alters jedoch aufgrund ihrer Entscheidung für eine Selbstständigkeit im Alter so unterschiedlich besteuert werden, ist dies für mich eine klare Form der Diskriminierung und Einschränkung der freien Berufswahl."

Es handele sich bei der Aktivrente um einen Steuerfreibetrag in Höhe von 2.000 Euro monatlich. Lutz: "Seit Jahren behauptet die Regierung, Selbstständige seien von Altersarmut besonders gefährdet. Wenn sie aus diesem Grund – oder einfach aus Freude an ihrer Arbeit – im Rentenalter weiterarbeiten, will man sie nun steuerlich massiv benachteiligen – zusätzlich zu den höheren Krankenversicherungsbeiträgen, die sie in aller Regel im Vergleich zu Arbeitnehmern bezahlen müssen."

Für den Verband der Gründer und Selbstständigen Deutschland wäre "eine auf Arbeitnehmer beschränkte Aktivrente ein fatales Signal für alle Selbstständigen und Unternehmer/innen in Deutschland und würde zu einem erheblichen Vertrauensverlust in die Regierung Merz führen, die mit dem Versprechen angetreten war, für einen wirtschaftspolitischen Aufbruch zu sorgen".

Aktivrente sogar ohne Wirkung?

Einige Experten zweifeln sogar an der grundsätzlichen Wirkung der Aktivrente. Bereits im Juni 2025 hatte inFranken.de darüber berichtet, dass gleich zwei Studien zur Rente die Probleme aufzeigen würden

So hatten der Monatsbericht der Bundesbank und der Wochenbericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW)  in der Maßnahme der Bundesregierung nur unzureichende Effekte für eine Verbesserung des Rentensystems gesehen.

Im Bundesbank-Bericht heißt es dazu unter anderem, dass die Politik das Arbeiten über das gesetzliche Rentenalter hinaus steuerlich fördern möchte, "um Anreize für eine längere und höhere Erwerbsbeteiligung zu setzen. Studien legen diesbezüglich allerdings nur geringe Effekte nahe".

Die Aktivrente im Überblick

  • Wer das gesetzliche Rentenalter erreicht kann die Aktivrente beantragen und freiwillig weiterarbeiten
  • Möglicher Verdienst: bis zu 2.000 Euro pro Monat (24.000 Euro im Jahr) steuerfrei 
  • Der Steuerfreibetrag würde sich damit also in etwa verdoppeln
  • Selbstständige sollen von der Regelung ausgeschlossen sein