Druckartikel: Pläne der künftigen Regierung: Wer bekommt mehr Geld und wer weniger?

Pläne der künftigen Regierung: Wer bekommt mehr Geld und wer weniger?


Autor: Robert Wagner

Deutschland, Dienstag, 11. März 2025

Die Unionsparteien und die Sozialdemokraten haben in ihrem Sondierungspapier grob skizziert, welche Politik sie in den kommenden Jahren machen wollen. Was bedeuten die Pläne für die Menschen in Deutschland. Wer profitiert finanziell - und wer nicht?
Die Sondierungsergebnisse von Union und SPD liegen vor. Was bedeuten die Pläne für die Menschen in Deutschland - und für ihren Geldbeutel?


Der Weg für eine Regierung aus CDU/CSU und SPD ist geebnet: Am Wochenende einigten sich Vertreter der Parteien auf ein Sondierungspapier, in dem die gemeinsamen Inhalte für eine Koalition grob bestimmt wurden. Mit ihrem Papier haben Union und SPD zunächst die Marschrichtung in strittigen Punkten wie der Migrations- oder der Sozialpolitik festgelegt.

Das Augenmerk lag in der Öffentlichkeit zunächst auf dem Sondervermögen für Infrastrukturmaßnahmen und der geplanten Aufweichung der Schuldenbremse bei Rüstungsausgaben. Aber was würden die bisherigen Pläne für die Menschen in Deutschland konkret bedeuten? Wer profitiert von den Plänen, wer muss mit finanziellen Nachteilen rechnen? Ein Überblick über die wichtigsten Punkte im Sondierungspapier:

Überblick: Die Versprechen von Union und SPD für Arbeitnehmer und Steuerzahler

Noch sind die Pläne der kommenden Regierung noch nicht allzu konkret - für die Koalitionäre steht noch viel Arbeit an. Doch schon jetzt zeichnet sich an einigen Stellen ab, wer von den bisherigen Plänen profitieren könnte - und wer nicht. Relativ konkret gehen die Parteien im Sondierungspapier auf Entlastungen für Arbeitnehmer und eine Erhöhung des Mindestlohns ein:

  • Anhebung des Mindestlohns: "Gute Löhne sind eine Voraussetzung für die Akzeptanz der Sozialen Marktwirtschaft", heißt es im Sondierungspapier. Man stehe deshalb zum gesetzlichen Mindestlohn. Dieser solle sich am Durchschnittseinkommen (Bruttomedianlohn) orientieren und 2026 auf 15 Euro pro Stunde steigen.
  • Anreize für Überstunden und Mehrarbeit: "Damit sich Mehrarbeit auszahlt, werden Zuschläge für Mehrarbeit, die über die tariflich vereinbarte bzw. an Tarifverträgen orientierte Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt", heißt es im Sondierungspapier. Heißt übersetzt: Arbeitnehmern bleibt in Zukunft von ihren bezahlten Überstunden mehr Netto übrig. Zudem soll eine mögliche Prämie zur Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten, steuerlich begünstigt werden.
  • Mehr Netto vom Brutto: Außerdem haben sich Union und SPD auf eine Erhöhung der Pendlerpauschale und eine Reform der Einkommenssteuer verständigt. Beides soll dazu führen, dass die "Mitte entlastet" wird, wie es heißt. 
  • Man wolle außerdem "Familien helfen, den alltäglichen Spagat zwischen Kindererziehung, Arbeit, Haushalt, Pflege und auch Erholung besser bewältigen zu können". Deshalb solle es ein "jährliches Familienbudget für Alltagshelfer" geben. Konkreter werden Union und SPD hier nicht.
  • Frauen sollen keine Lohnnachteile in Kauf nehmen müssen: Union und SPD wollen gegen die Benachteiligung von Frauen im Beruf vorgehen. Dazu gehöre auch, das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" konsequent umzusetzen. 

Allerdings sollen Menschen ohne Arbeit gleichzeitig auch stärker unter Druck gesetzt werden. Eine Reform des Bürgergelds ist angedacht - es soll in eine "neue Grundsicherung für Arbeitssuchende" überführt werden. Dabei liegt der Fokus darauf, die "Mitwirkungspflichten und Sanktionen im Sinne des Prinzips Fördern und Fordern [zu] verschärfen". Daher werde "bei Menschen, die arbeiten können und wiederholt zumutbare Arbeit verweigern, [...] ein vollständiger Leistungsentzug vorgenommen".  Zudem müsse dem "Sozialleistungsmissbrauch" ein Riegel vorgeschoben werden.

Steuer und Rente: Was kommt auf die Menschen in Deutschland zu?

Auch mittels Steueranpassungen sollen die Menschen in Deutschland entlastet werden. Dies soll über die bereits angesprochene Entlastung bei der Einkommenssteuer hinausgehen:

  • Für eine "schnelle Entlastungen um mindestens fünf Cent pro kWh" soll die Stromsteuer "auf das europäische Mindestmaß" gesenkt werden. Dabei geht es vor allem Industriekunden, doch auch Verbraucher profitieren davon. Außerdem sollen die Netzentgelte in Zukunft dauerhaft gedeckelt werden.
  • Um die Gastronomie und die Verbraucher zu entlasten, soll die Mehrwert- bzw. Umsatzsteuer für Speisen dauerhaft auf sieben Prozent gesenkt werden.
  • Auch die Unternehmensteuer soll reformiert werden bzw. möchte man in eine Reform "einsteigen". Dies dürfte den Menschen in Deutschland, wenn überhaupt, aber nur indirekt helfen, indem wirtschaftliche Impulse gesetzt werden und so das Wirtschaftswachstum gesteigert wird.

Die Sorge vor Altersarmut treibt viele Menschen in Deutschland um. Vor allem, da in den nächsten Jahren viele Menschen in Rente gehen werden und das gesetzliche Rentensystem daher weiter unter Druck gerät. Union und SPD haben sich hier auf einige Eckpunkte künftiger Reformen geeinigt:

  • Das Renteneintrittsalter soll nicht weiter steigen und bei 67 Jahren liegen. Bei der Rente haben beide Seiten zwar die Sicherung des Niveaus vereinbart, aber nicht auf welcher Höhe.
  • Um die gesetzliche Rentenkasse zu entlasten, sollen "die betriebliche Altersvorsorge [...] und die private Altersvorsorge reformiert" und gestärkt werden. 
  • Auch Selbstständige sollen in Zukunft in die gesetzliche Altersvorsorge integriert werden, wenn sie dies wünschen. "Andere Formen der Altersvorsorge, die eine verlässliche Absicherung für Selbständige im Alter gewährleisten, bleiben weiterhin möglich."
  • Die künftige Regierung in Spe möchte Anreize setzen, damit Menschen freiwillig länger arbeiten. "Arbeiten im Alter machen wir mit einer Aktivrente attraktiv.", heißt es im Sondierungspapier. Bis zu 2000 Euro im Monat dürften Rentner und Rentnerinnen in Zukunft steuerfrei verdienen. 
  • Die Mütterrente mit drei vollen Rentenpunkten soll in Zukunft für alle Geburtenjahrgänge gelten 

Weitere Pläne: Deutschlandticket, E-Autos, Mietpreise

CDU/CSU und SPD haben sich in ihrem Sondierungspapier auch auf weitere Punkte geeinigt, die die Menschen in ihrem Geldbeutel spüren dürften:

  • Mietpreisbremse und sozialer Wohnungsbau: "Mieterinnen und Mieter müssen wirksam vor Überforderung durch immer höhere Mieten geschützt werden", heißt es im Papier. Die Mietpreisbremse soll zunächst für zwei Jahre verlängert werden. Außerdem sollen Baugenehmigungen vereinfacht und der soziale Wohnungsbau ausgebaut werden.
  • Deutschlandticket: Wie es mit dem Ticket weitergeht, ist unklar. Es heißt zunächst nur, dass man "über die Fortsetzung des Deutschlandtickets sowie den Ausbau und die Modernisierung des Öffentlichen Personennahverkehrs" beraten wolle.
  • Die Agrardieselförderung für Landwirte soll wieder eingeführt werden
  • E-Auto-Prämie: Das Ziel ist, die deutsche Autoindustrie zu stärken. Aber für die Verbraucher dürfte eine geplante Prämie beim Kauf eines E-Autos ebenfalls eine Erleichterung im Geldbeutel bedeuten.

Union und SPD haben mit ihrer Einigung in den Sondierungsgesprächen die erste große Hürde auf dem Weg zu einer gemeinsamen Regierung genommen. Die wichtigen Finanzfragen sind geklärt, der Migrationskurs abgesteckt und die Reform des Bürgergelds beschlossen. Damit gibt es eine Grundlage für Koalitionsverhandlungen. Wichtige Punkte bleiben vor den Koalitionsverhandlungen aber noch offen:

Noch zahlreiche offene Fragen: Wo die künftigen Koalitionäre noch verhandeln müssen

Während es für die Finanzierung der Bundeswehr einen gemeinsamen Plan gibt, taucht ein Wehrdienst im Sondierungspapier nicht auf. Damit bleibt unklar, wie viel Zwang zum Militärdienst es geben soll und ob eine Dienstpflicht für Männer und auch Frauen eingeführt werden soll.

Die Außen- und Sicherheitspolitik ist im Sondierungspapier praktisch kein Thema. Zu den offenen Fragen zählt: Werden kurzfristig Waffenlieferungen für drei Milliarden Euro in die Ukraine genehmigt? Bleibt es beim Nein zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern? Und wie steht Deutschland zu einem europäischen nuklearen Schutzschirm und einer europäischen Friedenstruppe für die Ukraine?

Laut Sondierungspapier wollen Union und SPD "im Rahmen der Haushaltsberatungen auch Einsparungen vornehmen". Welche Bereiche das betreffen könnte, wird für heftige Kontroversen sorgen. Außerdem offen: Ob nach dem riesigen Schuldenpaket noch Steuern erhöht werden.

Heizungsgesetz, Atomkraft, Wahlrechte: Viele Fallstricke bleiben

Was wird aus dem Heizungsgesetz, einem hochumstrittenen Erbe der Ampel-Koalition? Die CDU hatte im Wahlkampf versprochen, es rückgängig zu machen. Daran hängt auch die Förderung für den Einbau von Wärmepumpen. Im Sondierungspapier ist all das kein Thema.

Auch die innere Sicherheit und die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz finden sich nicht im Ergebnispapier.

Offen ist, ob man noch über einen Weiterbetrieb der stillgelegten Atomkraftwerke nachdenkt. Die CDU hatte im Wahlprogramm versprochen, das zumindest zu prüfen. Im Sondierungspapier taucht das nicht auf.

Das gerade erst reformierte Wahlrecht soll überprüft werden. Wie es geändert werden könnte, wäre noch zu klären.

Es bleibt also spannend. Ein positives Vorzeichen für die weiteren Verhandlungen ist, dass die Sondierungsrunden ziemlich geräuschlos über die Bühne gegangen sind. Es gab Frühlingsbilder von gut gelaunten Sondierern bei Sonnenschein auf Balkonen - als Kontrastprogramm zu den düsteren Tagen des Ampel-Niedergangs im vergangenen Herbst. rowa/mit dpa