Privatinsolvenz: Schufa verkürzt die Speicherfrist bei erteilter Restschuldbefreiung
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Mittwoch, 03. Mai 2023
Unter dem Eindruck eines Datenschutzprozesses vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) ändert die SCHUFA jetzt ihre Geschäftspolitik. Privatinsolvenzen sind jetzt schon nach sechs Monaten gelöscht. Diese Neuregelung ist aber nur der Anfang.
- Kein 49-Euro-Ticket bei schlechter Bonität
- Schufa-Scoring Verfahren verstößt wohl gegen Datenschutz
- Anpassungen bei der SCHUFA sind zu erwarten
- Speicherdauer der Restschuldbefreiung auf sechs Monate verkürzt
Der SCHUFA-Score ist allgegenwärtig: Er entscheidet darüber, ob Banken Kredite vergeben, Telekommunikationsbetreiber Smartphone-Verträge abschließen, Vermieter den Mietvertrag unterschreiben oder Online-Shops den Kauf abwickeln. Bei der SCHUFA AG in Wiesbaden sammeln 800 Mitarbeitende die Daten von 68 Millionen Bürger*innen und sechs Millionen Unternehmen. Doch das Geschäftsmodell der Datensammlung in Wiesbaden wackelt. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss klären, ob das Verfahren überhaupt mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) vereinbar ist. Die Entscheidung fällt in den nächsten Monaten. Der Generalanwalt hat dazu jetzt einen weitreichenden Antrag gestellt, der aufhorchen lässt.
Kein 49-Euro-Ticket bei schlechter Bonität
Wenn du das neue Deutschlandticket kaufen willst, ist in der Regel vorher eine SCHUFA-Abfrage fällig. Menschen mit finanziellen Schwierigkeiten könnten also Probleme bekommen, das 49-Euro-Ticket zu erhalten, obwohl sie es am dringendsten benötigen.
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Ganz konkret bedeutet das: Beim Kauf des Tickets ist eine Bonitätsprüfung fällig. Wer aufgrund von Schulden, unbezahlten Rechnungen und Mahnungen einen negativen SCHUFA-Score hat, könnte leer ausgehen.
Die Auskunftei speichert negative Zahlungsdaten über dich, selbst wenn sie gar nicht mehr aktuell sind. Sie verschlechtern dann deinen Score. Bei deinem Bonitäts-Scoring geht es um die Frage, wie wahrscheinlich es ist, dass du deine Rechnungen pünktlich bezahlst. Das ist eine wichtige Information für Unternehmen (Online-Handel) oder Banken. Es hilft dabei, datenbasiert zu entscheiden, ob ein Kredit oder ein Kauf auf Rechnung zustande kommt oder nicht. So wird das Risiko eines Zahlungsausfalls für die Wirtschaft verkleinert.
Schufa-Scoring-Verfahren verstößt wohl gegen Datenschutz
Muss sich die SCHUFA bei der Prüfung der Kreditwürdigkeit von Millionen von Bürger*innen neu aufstellen? Der Generalanwalt beim EuGH hat in seinen Schlussanträgen zum SCHUFA-Scoring jedenfalls erheblich datenschutzrechtliche Bedenken zur Frage angemeldet, unter welchen Voraussetzungen, die SCHUFA den Score-Wert an Unternehmen weiterreichen darf. Das Urteil des Gerichts steht zwar noch aus, wird aber nicht lange auf sich warten lassen. Die Stellungnahmen des Generalanwalts sind für die Richter*innen nicht bindend, oft folgen sie ihnen aber. Das Verfahren betrifft nicht nur die SCHUFA. Die Auslegungen des EuGH werden für alle Auskunfteien in Europa bindend sein.
Im Mittelpunkt der Kritik des Generalanwalts Priit Pikamäe (Schlussantrag: Generalanwalt beim EuGH vom 16.3.2023, Az.: C-634/21) steht das von der Schufa genutzte vollautomatisierte Scoring-Verfahren. Die DSGVO schreibt in § 22 vor, dass Entscheidungen, die rechtliche Wirkung auf einen Menschen haben, nicht ausschließlich durch die automatisierte Verarbeitung von Daten (einschließlich Profiling) zu treffen sind. Im Falle des SCHUFA-Scores sieht der Generalanwalt genau dies aber als gegeben an. Die Auskunft zur Kreditwürdigkeit beruht auf der automatisierten Erstellung eines Wahrscheinlichkeitswerts einer Kundin bzw. eines Kunden. Diese wiederum beruht auf einer nicht zulässigen automatischen Entscheidung.