Gericht kippt Online-Krankschreibung ohne Arztgespräch
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Donnerstag, 20. November 2025
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) aus dem Internet kann den Job kosten. Das hat das Landesarbeitsgericht Hamm entschieden.
- Was ist die "Online-AU-Krankschreibung" aus dem Internet?
- Was hat das Landesarbeitsgericht entschieden?
- Ist eine "Online-AU ohne Arztgespräch" zulässig?
- Wie funktioniert die telefonische Krankschreibung?
- Wie geht es weiter mit der "Online-AU"?
Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU) aus dem Internet, die sogenannte Online-AU, kann den Job kosten. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat entschieden, dass die Firma zu Recht die Kündigung für einen Mitarbeiter aussprechen durfte, der eine AU vorlegte, die er im Internet gekauft hatte. Was war passiert und wie unterscheidet sich die Online-AU von der telefonischen Krankschreibung?
Was ist die "Online-AU-Krankschreibung" aus dem Internet?
Eine Krankschreibung (AU) kannst du im Internet gegen Zahlung einer Gebühr (oftmals für unter 30 Euro) kaufen. Das geht relativ einfach, unkompliziert und ohne Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin – weder persönlich noch telefonisch oder per Video-Call. Stattdessen tragen die Patientinnen und Patienten ihre Symptome in ein Onlineformular ein, zahlen eine Gebühr und erhalten kurz darauf die AU-Bescheinigung per WhatsApp oder E-Mail.
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Einige Anbieter im Netz unterscheiden zwischen einer teureren "Krankschreibung mit Arztgespräch" und einer preiswerteren "ohne Gespräch", die nur auf Grundlage des ausgefüllten Fragebogens erstellt wird. Die AU ist die Voraussetzung für die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch deinen Arbeitgeber.
Das Problem dabei ist folgendes: Nach der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie (§ 4 Abs. 1 AU-RL) darf eine AU nur auf Grundlage einer ärztlichen Untersuchung erfolgen. Nur in begründeten Ausnahmefällen kann das auch per Video oder telefonisch erfolgen. Das setzt immer voraus, dass es zu einem realen Kontakt zwischen Arzt und Patient kommt. Fehlt der persönliche Kontakt, liegt keine ordnungsgemäße AU vor. Der Arbeitgeber muss die Krankschreibung also nicht anerkennen. Konkret führt das dazu, dass die Firma für die Krankheitstage keine Entgeltfortzahlung leisten muss. Die AU ist in diesem Fall kein Beweismittel im Sinne von § 5 Abs. 1 S. 2 Entgeltfortzahlungsgesetz (EFZG) und der Arbeitgeber ist berechtigt, die Entgeltzahlung einzustellen.
Was hat das Landesarbeitsgericht entschieden?
Ein IT-Mitarbeiter einer Firma entschied sich für eine AU "ohne Gespräch", um sie von einem Anbieter im Ausland zu kaufen. Laut der Bescheinigung war er von einem "Privatarzt per Telemedizin" für vier Tage krankgeschrieben. Er sei "arbeitsunfähig aufgrund Fernuntersuchung", teilte er seinem Arbeitgeber mit. Nach einer internen Prüfung kündigte ihm sein Arbeitgeber außerordentlich und fristlos. Es kam zur Klage vor dem Arbeitsgericht.
Im konkreten Fall hatte sich der Mitarbeiter über eine Internetplattform eine Bescheinigung ausstellen lassen, nachdem er lediglich einen digitalen Fragebogen ausgefüllt hatte. Das Gericht sah darin eine Täuschung und befand: Eine solche Bescheinigung hat keinen Beweiswert, weil keine ärztliche Untersuchung oder Anamnese stattgefunden hat.