Nie krank? Diese Firmen in Deutschland zahlen Prämien - und so hoch sind sie
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Freitag, 13. Juni 2025
Deutschlands Firmen versuchen, Krankheitstage mit einer Anwesenheitsprämie zu bekämpfen. Wer keine Fehltage wegen Krankheit im Monat hat, bekommt vom Unternehmen eine Prämie.
- Fördern Anwesenheitsprämien, dass Beschäftigte krank zur Arbeit zu gehen?
- Bei Tesla in Grünheide geht es um einen hohen Krankenstand
- Daimler hat den Anwesenheitsbonus wieder abgeschafft
- Anwesenheitsprämien sind steuer- und abgabenpflichtig
- Signalisiert die Anwesenheitsprämie Misstrauen?
Einer der bestbezahlten Manager Deutschlands, Allianz-Chef Oliver Bäte (Jahresverdienst 2024: 10,24 Millionen Euro), kritisiert im Interview mit dem Handelsblatt, dass die Arbeitnehmer hierzulande "Weltmeister bei Krankmeldungen" sind. Sein Vorschlag: die Rückkehr zu einem Karenztag (das lateinische Wort für Verzicht). Danach wäre der erste Tag ohne Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Das gab es schon einmal, und zwar bis 1970. Damals erhielten Arbeiter in den ersten zwei Tagen bei einer Erkrankung keinen Lohn. Viele Arbeitgeber verfolgen allerdings andere Pläne als die des Allianz-Chefs. Sie wollen die Motivation ihrer Mitarbeitenden, zur Arbeit zu kommen, durch Anwesenheitsprämien stärken.
Fördern Anwesenheitsprämien, dass Beschäftigte krank zur Arbeit zu gehen?
Inzwischen zahlt eine ganze Reihe von Unternehmen in Deutschland ihren Mitarbeitenden diese Prämie. Darüber reden sie allerdings nicht offen. Es ist nämlich strittig, ob sie wirklich hilft oder nur den Präsentismus, also krank zur Arbeit zu erscheinen, verstärkt. Präsentismus schadet nicht nur der eigenen Gesundheit, sondern führt auch zur möglichen Ansteckung von Kolleginnen und Kollegen, beispielsweise bei grippalen Infekten. "Die wirtschaftlichen Folgekosten seien etwa doppelt so hoch wie die Kosten krankheitsbedingter Fehlzeiten", so DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel im Nachrichtenmagazin Spiegel.
Anlass für die Debatte ist der gemeldete Rekord beim Krankenstand bei den Krankenkassen. Und in der Tat hat die Techniker Krankenkasse (TK) in Hamburg für die ersten elf Monate des Jahres 2024 im Schnitt 17,7 Krankentage vermeldet – das ist ein neuer Höchststand. Die TK ist mit 12 Mio. Mitgliedern die größte der 94 gesetzlichen Krankenkassen. Für den TK-Vorstandsvorsitzenden Jens Baas sind viele Krankentage allerdings kein Beleg für einen leichtfertigen Umgang mit der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder mit den betrieblichen Interessen. Für ihn sind sie vielmehr der Beweis dafür, dass viele Menschen in Deutschland verantwortungsbewusst mit Erkältungskrankheiten umgehen und darauf achten, ihre Mitmenschen nicht anzustecken.
77 % der Befragten einer bundesweiten Befragung im Auftrag der TK gaben an, bereits bei ersten Anzeichen einer Erkältung wie Kopf- und Halsschmerzen oder Schnupfen soziale Kontakte zu vermeiden. TK-Chef Baas: "Besonders in Pandemiezeiten war die Frage, wie man andere Menschen vor Ansteckung schützen kann, sehr präsent. Dieses Bewusstsein haben offenbar viele Menschen beibehalten." Auch Orte, an denen sich viele Menschen aufhalten, werden nach Möglichkeit von 71 % der Befragten im Krankheitsfall gemieden.
Bei Tesla in Grünheide geht es um einen hohen Krankenstand
Trotzdem gibt es viele Betriebschefs, denen es missfällt, dass ihre Arbeitnehmenden immer wieder an Montagen oder Freitagen fehlen. Teils steht dann der Vorwurf im Raum, die Beschäftigten machen an diesen Tagen gerne blau. Spätestens ein überproportional hoher Krankenstand im Betrieb sollte die Chefs nachdenklich stimmen: Alles über 6,5 % beim Krankenstand gibt Anlass, Maßnahmen zu ergreifen. Die Frage dabei ist, welche: Anwesenheitsprämien oder mehr Gesundheitsvorsorge?
Anwesenheitsprämien sind offenbar für viele Firmen ein probates Mittel. Daten, in welchem Umfang Betriebe sie nutzen, gibt es nicht. Die folgenden Informationen über Prämien basieren auf Medienanfragen bei Pressestellen, Personalabteilungen oder Recruiting-Firmen. Die Firmen sind nicht besonders auskunftsfreudig zu diesem Thema. Es folgen einige Beispiele zu Unternehmen, die Anwesenheitsprämien zahlen. Die Liste ist nicht vollständig.