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Handwerkern Trinkgeld geben: Wie viel ist erlaubt - und wie sieht es mit Essen und Getränken aus?


Autor: Oliver Jung-Kostick

Deutschland, Dienstag, 02. Mai 2023

Musst du Handwerkern Trinkgeld geben oder Essen und Getränke anbieten? Darüber mögen im Alltag die unterschiedlichsten Ansichten bestehen. Doch wie schaut eigentlich die Rechtslage rund um solche Aufmerksamkeiten aus?
Trinkgeld oder Essen und Getränke - da freuen sich Handwerker*innen bestimmt. Doch es gibt einiges zu beachten.


Geduld brauchst du in diesen Tagen nicht nur, wenn du einen Termin bei Fachärzt*innen ausmachen möchtest. Auch Handwerker*innen sind Mangelware und haben prall gefüllte Auftragsbücher, die zu langen Wartezeiten führen können. Da liegt der Gedanke nahe, der "helfenden Hand", die zum Beispiel wichtige Haushaltsreparaturen für dich erledigt, als Ausdruck deiner Dankbarkeit ein Extra zukommen zu lassen. Doch darfst du Handwerker*innen überhaupt Trinkgeld geben? - Musst du sogar? Oder solltest du nur?

Das Trinkgeld - Pflicht oder nur nette Angewohnheit?

Zunächst einmal die gute Nachricht: Das Geben von Trinkgeld ist in Deutschland keine Pflicht. Das stellt § 107 Absatz III Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) klar. Selbst wenn es etwa in der Gastronomie und anderen Dienstleistungsbranchen üblich ist, Trinkgeld zu geben, liegt kein Gewohnheitsrecht vor, weil die Allgemeinheit nicht von einer Rechtspflicht zur Zahlung ausgeht. Wäre dem so, könnte Trinkgeld gefordert und notfalls auch eingeklagt werden.

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Jetzt zum Handwerk. Beispiel: Du hast einen Vertrag mit einer Klempnerei. Diese schickt einen Mitarbeiter. Aus Dankbarkeit, weil die Reparatur so schnell und auch noch gut erledigt wurde, möchtest du Trinkgeld geben.

Den Preis für die Reparatur bestimmt der Vertrag zwischen der Klempnerei und dir. Sobald du diesen bezahlst, hast du deine Pflicht erfüllt. Die Arbeitsleistung erbringt der Handwerker im Beispiel aufgrund seines eigenen Arbeitsvertrages mit der Klempnerei. Direkte vertragliche Ansprüche zwischen dir und dem Handwerker, der für deinen Vertragspartner tätig wird, bestehen nicht. Das Trinkgeld wird daher im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) rechtlich meist als Schenkung durch dich an den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin gesehen und ist durch diese*n annahmepflichtig. Hast du das Trinkgeld übereignet, kannst du es nicht ohne besondere Gründe wieder zurückfordern.

Wie viel Trinkgeld ist angemessen?

Da das Trinkgeld im freien Belieben steht, gibt es hierfür keine Unter- oder Obergrenzen. Du solltest allerdings darauf achten, dass es dem Wert der erbrachten Dienstleistung angemessen ist.

In der Gastronomie sind 5 bis 10 Prozent des Rechnungsbetrages üblich. Diese Größenordnung führt bei einer Handwerkerrechnung, die leicht auch mal vierstellig oder noch höher ausfallen kann, schnell zu exorbitant hohen Trinkgeldern. Dazu ist häufig auch nicht nur eine Person im Einsatz - nach der vorigen Formel berechnet, würdest du bei einer zu erwartenden Rechnung über 3.000 Euro und zwei eingesetzten Handwerker*innen zwischen 300 und 600 Euro Trinkgeld geben "müssen"?

Hier bietet sich eher eine Kombination von Essen, Getränken und kleinem Trinkgeld (5-20 Euro pro Kopf) an, natürlich immer in Abhängigkeit von Dauer und Komplexität des erledigten Auftrags.

Dürfen Handwerker*innen Trinkgeld oder Sachgeschenke überhaupt annehmen?

Im Arbeitsvertrag können zwischen Arbeitgeber*innen und Arbeitnehmer*innen gültige Regelungen für den Umgang mit Geld- beziehungsweise Sachgeschenken getroffen werden. Dies ist jedoch nicht ganz unproblematisch, da die eigentliche Rechtsbeziehung ja zwischen Kund*innen und Handwerker*innen entsteht und der Betrieb daran gar nicht direkt beteiligt ist.

Trotzdem können Trinkgelder und Schenkung von Essen und Getränken Auswirkungen auf das Vertragsverhältnis zwischen Arbeitgeber und Kunde haben. Oft wird die Annahme wegen der Befürchtung von Bestechlichkeit oder Problemen bei der Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer*innen im Betrieb verboten. Ein Beispiel hierfür sind die Regelungen bei kommunalen Müllwerker*innen: Da andere kommunale Angestellte nicht in ähnlicher Weise in den Genuss von Trinkgeldern kommen, wird die Annahme häufig für alle verboten. Dies gilt sinngemäß ebenfalls außerhalb des öffentlichen Dienstes.

Ist die Annahme von Geschenken rechtsgültig verboten worden und werden Arbeitnehmer*innen dabei erwischt, dass sie gegen die Anordnung verstoßen, sind disziplinarische Maßnahmen bis hin zur (fristlosen) Kündigung möglich.

Vorsicht bei alkoholischen Getränken und bei angebotenem Essen

Sicherlich freuen sich Handwerker*innen über Getränke und eine leckere Brotzeit, gerade wenn Reparaturen sich über einen längeren Zeitraum erstrecken.

Doch sollte klar sein, dass sich alkoholische Getränke schon aus Unfallverhütungsvorschriften verbieten, selbst wenn sich diese Regeln nicht an dich als Auftraggeber*in richten, sondern vorrangig die Arbeitnehmerseite verpflichten, während der Arbeit auf Alkoholgenuss zu verzichten. Problematisch wäre auch, wenn du die Arbeitskräfte deines Vertragspartners zum Alkoholgenuss verleitest, diese die Reparatur nicht vorschriftsmäßig ausführen und du dann Ansprüche gegen die Klempnerei im Beispiel geltend machen willst.

Bietest du Essen an, bist du auch für dessen Qualität verantwortlich. Beispiel: Der Kartoffelsalat hat sich im kaputten Kühlschrank, der gerade von einem Mechaniker repariert wird, in einen Tummelplatz für Salmonellen verwandelt. Weil das Essen schnell wegmuss, denkst du, du könntest zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, Lebensmittelverschwendung vermeiden und dem Handwerker etwas Gutes tun. Kommt es hier zu einer Gesundheitsschädigung, sind verschiedene Haftungsansprüche gegen dich denkbar.

Kannst du Schwierigkeiten bekommen, wenn du Essen oder Getränke bereitstellst?

Hier musst du unterscheiden: Sind Trinkgeld, Essen und/oder Getränke nur bloße Nettigkeiten und von ihrem wirtschaftlichen Wert her angemessen, kannst du keinen Ärger bekommen. Etwaige Verbotsvorschriften des Arbeitgebers können sich nämlich maximal an seine eigenen Arbeiter*innen richten, nicht aber an Dritte wie die Kundschaft.

Anders schaut es aus, wenn du tatsächlich mit deinen Geschenken eine Bestechung des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin beabsichtigt haben solltest, damit beispielsweise der Rechnungsbetrag nicht so hoch ausfällt oder Leistungen unter der Hand ausgeführt werden. Dann können straf- und zivilrechtliche Folgen auf dich zukommen. Hast du die Handwerker*innen zum Alkoholgenuss während der Reparatur verleitet und machst dann Ansprüche wegen Mängeln geltend, könnten diese wegen deines Mitverschuldens entfallen oder erheblich gemindert werden.

Vergiss auch nicht, dass du für die Qualität der angebotenen Verpflegung verantwortlich sein kannst. Du hast grundsätzlich die Pflicht, deine Mitmenschen nicht zu schädigen. Tust du dies dennoch, können zivil- und strafrechtliche Sanktionen die Folge sein.

Fazit

Sicherlich freut sich jede*r über eine kleine Extra-Anerkennung für geleistete Arbeit. Doch auch die beschenkten Handwerker*innen könnten peinlich berührt sein, wenn das Trinkgeld übertrieben ausfällt. Du solltest immer bedenken, dass die Leistungen bereits über den Arbeitslohn abgedeckt ist. Du bist also keinesfalls verpflichtet, freiwillig mehr zu zahlen. An heißen Tagen kalte Softdrinks - das kommt sicher gut an. Auch ein frisch gebrühter Kaffee dürfte für Freude sorgen. Bei der Leberkässemmel könntest du vielleicht vorher fragen, ob wirklich alle Fleisch essen würden. 

Freundlicher Umgangston und ein kaltes oder heißes Getränk werden in den meisten Fällen ausreichen, um den Besuch des Handwerkers oder der Handwerkerin auch für diese zu einem angenehmen Termin zu machen. Extra-Zahlungen und Geschenke müssen in der Regel nicht sein.