Kündigung im Kleinstbetrieb: Was Beschäftigte wissen sollten
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Dienstag, 23. Januar 2024
Über fünf Millionen Beschäftigte arbeiten in Kleinstbetrieben mit bis zu zehn Beschäftigten. Für sie gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht. Aber ist deshalb für die Arbeitnehmer eine Politik des "Hire and Fire" nach amerikanischem Vorbild angesagt?
- Die Besonderheit für Kleinstbetriebe bis zehn Beschäftigte
- Es gibt Grenzen, die Kleinstbetriebe berücksichtigen müssen
- Kündigungsfristen gelten auch für Kleinstbetriebe
- Unbedingt auf Formfehler achten
- Lockerung des Kündigungsschutzes hatte geringe Wirkung
Kündigungsschutz hat jeder Beschäftigte? Stimmt nicht. Der ist in Deutschland weit weniger verbreitet, als man denkt. Von den rund 3,2 Mio. Betrieben hatten 2021 knapp 2,6 weniger als 10 Beschäftigte. In diesen Betrieben arbeiteten im Jahr 2020 ca. 5,38 Mio. Arbeitnehmer. Für sie gilt das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nicht. Sind wir also auf dem Weg zu amerikanischen Verhältnissen, in denen "Hire and Fire" der Beschäftigten an der Tagesordnung ist?
Die Besonderheit für Kleinstbetriebe bis zehn Beschäftigte
Zunächst einmal zu den Fakten: Der Betrieb, in dem du arbeitest, hat nicht mehr als zehn Beschäftigte? In diesem Fall kann die Chefin oder der Chef dich in der Regel ohne Angabe von Gründen entlassen. Bei einer ordentlichen Kündigung hast du keinen Anspruch, etwas zu den Beweggründen zu erfahren. Anders als in größeren Unternehmen greift das Kündigungsschutzgesetz in Kleinstbetrieben (bis zu 10 Beschäftigte, § 23 KSchG) nicht. Aber: "Bei der fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund muss der Arbeitgeber dem Kündigenden den Kündigungsgrund auf dessen Verlangen unverzüglich schriftlich mitteilen", heißt es auf der Internetseite der Industrie- und Handelskammer (IHK) Essen.
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Die Ermittlung des Schwellenwerts von bis zu 10 ist keineswegs banal. Diese Aufgabe muss der Betrieb erledigen. Wie dabei zu rechnen ist, erklärt die IHK Essen: Klar: Eine Vollzeitbeschäftigung schlägt mit dem Faktor eins zu Buche. Wer bis zu 30 Arbeitsstunden pro Woche Teilzeit arbeitet, ist mit 0,75 anzusetzen. Bei nicht mehr als 20 Arbeitsstunden pro Woche beträgt der Wert 0,5. Auszubildende, Praktikanten und die Chefin oder der Chef bleiben bei der Berechnung der Betriebsgröße unberücksichtigt.
Eine Besonderheit ergibt sich aus der Geschichte des KSchG, betont die IHK. Zum Jahresende 2003 gab es eine Gesetzesänderung, die den damaligen Schwellenwert von fünf Mitarbeitern auf zehn heraufsetzte. Diese Verschlechterung beim Kündigungsschutz betrifft allerdings nicht die Beschäftigten, die am 31.12.2003 schon in einem Betrieb mit mehr als fünf Mitarbeitern beschäftigt waren. Sie genießen so lange Kündigungsschutz nach dem KSchG, wie mehr als fünf Alt-Arbeitnehmer in dem Betrieb beschäftigt sind. Allerdings müssen sie ebenfalls bereits zu diesem Datum dort beschäftigt gewesen sein (Bestandsschutz). Die neueren Mitarbeiter dagegen genießen keinen Kündigungsschutz.
Es gibt Grenzen, die Kleinstbetriebe berücksichtigen müssen
Zwar kann ein Kleinstbetrieb jedem Arbeitnehmer jederzeit kündigen. Aber: Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen, die wieder Grenzen setzen. Verbot der treuwidrigen Kündigung: Arbeitgebende dürfen sich bei der Kündigung nicht von willkürlichen oder sachfremden Gründen leiten lassen. Kann der Betroffene nachweisen, dass er oder sie aufgrund von Geschlecht, Abstammung, ethnischer Herkunft oder Religion gekündigt wird, ist das vor dem Arbeitsgericht angreifbar.
Die guten Sitten: Verwerfliche Motive wie Rachsucht oder eine durch den Arbeitgeber selbst herbeigeführte Krankheit sind sittenwidrig, deshalb nicht erlaubt und haben ebenfalls bei einem Arbeitsgerichtsprozess keinen Bestand.