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Krankenkassen mit Spar-Potenzial: So sind 13 Milliarden Euro möglich


Autor: Dominik Jahn

Deutschland, Freitag, 20. Juni 2025

Studien zeigen, dass Krankenkassen durch die Optimierung digitaler Prozesse erheblich sparen können.
Die Studie von Deloitte zeigt auf, wie Krankenkassen in Deutschland durch digitale Technologien und Prozessoptimierungen bis zu 13 Milliarden Euro einsparen können.


Die finanzielle Lage der Krankenkassen ist wohl bereits mehr als nur angespannt. Schon im Mai dieses Jahres hatte Doris Pfeiffer, Chefin des GKV-Spitzenverbandes (Spitzenverband Bund der Krankenkassen) davor gewarnt, dass "zum nächsten Jahreswechsel die Krankenkassenbeiträge durch die Decke gehen" würden ohne entsprechende Maßnahmen. 

Jetzt zeigt eine Deloitte-Studie, wie gesetzlichen Kassen insgesamt acht bis 13 Milliarden Euro einsparen könnten. Diese Summe würde etwa zweieinhalb bis vier Prozent der Gesamtausgaben in Höhe von 327 Milliarden Euro über die nächsten zwei bis vier Jahre entsprechen – oder 0,4 bis 0,7 Prozentpunkten des Beitragssatzes.

Krankenkassen-Millionen für Leistungs- und Verwaltungsausgaben 

In einigen Bereichen, wie bei den Leistungsausgaben von rund 312 Milliarden Euro, haben die Kassen oft nur wenig Einfluss. Durch die Optimierung von Prozessen sowie den Einsatz digitaler Technologien wären laut der Untersuchungen aber eben durchaus 12 der 13 Milliarden Euro Sparpotenzial möglich. 

Zu den gesamten Sparmöglichkeiten steht in der Deloitte-Studie: "Bereits kurz- bis mittelfristig könnten GKVen bis zu 13 Milliarden Euro bei Leistungs- und Verwaltungsausgaben einsparen. Es ist wichtig zu betonen, dass Krankenkassen unterschiedliche Reifegrade/ Ausgangspositionen im Ausgabenmanagement haben und entsprechend unterschiedliche Potenziale bestehen. Aus unserer Projekterfahrung bestehen jedoch in Summe umfassende Potenziale sowohl bei Leistungs- als auch Verwaltungsausgaben". Zu den jeweiligen Ausgaben-Bereichen zählen demnach:

  • Verwaltungsausgaben: Standardisierung, Konsolidierung, Automation und die smarte Einsatzsteuerung von Prozessen, Optimierung der Aufbau- und Ablauforganisation unter Einsatz von Process Mining / Process Bionics oder Konsolidierungs- und Volumenbündelungseffekte im Einkaufsmanagement.
  • Leistungsausgaben: Optimierung der Krankenhaus-Rechnungsprüfung durch KI und datenbasierte Krankengeldfallsteuerung oder technologiebasierte
    Automatisierungen & Priorisierungen in Übermittlungs-, Prüf- und Abrechnungsprozessen bei Hilfsmitteln

Mehr Einfluss haben die Kassen der Studie zufolge auf ihre Verwaltungsausgaben, die mit knapp 13 Milliarden Euro einen wesentlich geringeren Anteil der Gesamtausgaben ausmachen. Nach der vorliegenden Analyse können die Krankenkassen dabei mittelfristig bis zu einer Milliarde Euro (8%) einsparen. Maßnahmen wie eine stärkere Konsolidierung des Einkaufs oder effiziente Bürokonzepte könnten helfen, Kosten zu senken.

Leistungsausgaben mit digitalen Technologien verringern

Laut Deloitte könnte man vielfach die Prüfung eingereichter Krankenhausrechnungen durch digitale Technologien verbessern. In geringerem Umfang würde dies auch für die Prüfung von Arzneimittelabrechnungen sowie bei der Bewilligung von Krankengeld und medizinischen Hilfsmitteln gelten.

Auf der eigenen Internetseite des Unternehmens erklärt dazu Dr. Gregor-Konstantin Elbel, verantwortlicher Partner für den Bereich der Kostenträger und Kassen bei Deloitte: "Um die eigene Wettbewerbsfähigkeit in der aktuell angespannten Finanzlage zu stärken, sind die Kassen gut beraten, Kosten zu reduzieren." 

Und Elbel stellt dabei besonders die Rolle der Bundesregierung heraus: "Entsprechendes Potenzial ist vorhanden. Doch zur Wahrheit gehört auch: Für umfassende Einsparungen im Gesundheitswesen ist der Gesetzgeber mit weitreichenden Reformen gefragt.“

Automatisierte Prozesse auch bei Verwaltungsausgaben möglich

Ähnlich wie bei den Leistungsausgaben sieht die Studie "auch bei den Verwaltungsausgaben ein erhebliches Einsparungspotenzial durch die Standardisierung und Automatisierung von Prozessen".

Der Einsatz digitaler Technologien wie künstlicher Intelligenz könnte demnach "außerdem zur Beschleunigung von Prozessen, zu besserem Service und zur Entlastung von Mitarbeitenden beitragen".

Elbel: "Bei einer Krankenkasse mittlerer Größe gehen in einem durchschnittlichen Jahr rund eine Million genehmigungspflichtige Anträge auf Hilfsmittel ein. 850.000 davon werden manuell genehmigt und beantwortet. Das bindet rund 200 Mitarbeitende in Vollzeit, ist aber wenig effizient."

GKV reagiert mit Fakten-Blatt zu Verwaltungskosten

Dass man bei den gesetzlichen Krankenkassen mit unnötig hohen Verwaltungskosten arbeiten würde, wollte man auf Nachfrage von inFranken.de beim Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV) so nicht hinnehmen. 

Der GKV hat dafür auf Fakten und Zahlen zu den Verwaltungskosten GKV verwiesen und sich klar dazu geäußert: "In den letzten Jahren betrug der Anteil der GKV-Verwaltungskosten an den gesamten Ausgaben der GKV stabil unter fünf Prozent, sie waren also insgesamt niedrig."

Zum Vergleich nennt der Spitzenverband die entsprechenden Zahlen der privaten Kassen: "Die Verwaltungskosten im Jahr 2023 sind mit rund 518 Euro pro Vollversicherten bei der PKV rund dreimal so hoch wie die Verwaltungskosten pro Versicherten bei der GKV (170,04 Euro)."

 Verband der Ersatzkassen sieht Verwaltungskosten als notwendiger Bestandteil an

Der Verband der Ersatzkassen  (vdek) sieht es wie der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und erklärt gegenüber unserer Redaktion: "Tatsächlich machen Verwaltungskosten nur einen vergleichsweise geringen Anteil an den Gesamtausgaben der GKV aus und zählen damit nicht zu den Kostentreibern. Im Jahr 2024 lagen sie bei lediglich 3,9 Prozent."

Zudem würden Maßnahmen wie "Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Betrugsbekämpfung oder eine effiziente Steuerung von Versorgungsleistungen" bereits dazu beitragen, "Einsparungen im System zu erzielen".

Verwaltungsausgaben sind daher dem vdek zufolge "ein notwendiger Bestandteil einer effizienten und verantwortungsvollen Gesundheitsversorgung". Verband der Ersatzkassen: "Vor diesem Hintergrund wäre es aus unserer Sicht sinnvoll, den Blick auf die deutlich größeren Einsparpotenziale auf der Ausgabenseite zu richten." 

Auch der GKV-Check-up 2025 zeigt den Kosten-Druck der Kassen

Neben der Deloitte-Studie hat zuletzt auch der "GKV-Check-up 2025" der Unternehmensberatung McKinsey den enormen Kosten-Druck für die Krankenkassen gezeigt. 60 Krankenkassen könnten demnach vor dem Aus stehen

Und für die Mitglieder könnte sich damit die Beitragsspirale sogar noch vor dem Jahreswechsel weiter nach oben drehen.

Für den Juli haben sechs Krankenkassen eine Erhöhung der Beiträge beantragt