Die Einnahmen aus der Kirchensteuer bleiben, trotz massiver Kirchenaustritte, auf einem hohen Niveau. Aber was macht die Kirche eigentlich mit dem Geld?
- Ursprung der Kirchensteuer
- Entwicklung der Kirchensteuer
- Was macht die Kirche mit dem Geld?
Auch heute noch zahlen viele Menschen in Deutschland Kirchensteuern. Austritte von 280.000 Menschen aus der Evangelischen und von knapp 360.000 Menschen aus der Katholischen Kirche ändern nichts daran, dass die Einnahmen hoch bleiben. Wie ist die Geschichte der Kirchensteuer und wofür wird das Geld heute verwendet?
Entwicklung der Kirchensteuer
Die Kirchensteuer hat ihren Ursprung im Mittelalter. Dort hieß sie "Zehnt". Der Begriff war entstanden, weil alle Grundbesitzer den zehnten Teil ihres Ertrages an Vieh, Getreide, Feldfrüchten und anderen landwirtschaftlichen Erträgen (beispielsweise Butter oder Wein) an den jeweiligen kirchlichen Landesherrn abgeben mussten. Im 9. Jahrhundert bestand für alle weltlichen und auch geistlichen Grundbesitzer (z.B. Klöster) die Zehntpflicht. Diese für die Kirche äußerst wichtige Einnahmequelle diente zur Finanzierung ihrer Aufgaben und war sehr genau vorgeschrieben. So war ein Teil den Geistlichen vorbehalten, ein anderer Teil für die Unterstützung der Armen. Ab dem 13. Jahrhundert konnte der "Zehnt" auch durch Geld beglichen werden.
Die Französische Revolution 1789 war in der Historie der Kirchensteuer ein einschneidendes Ereignis. Denn die französische Nationalversammlung beschloss in ihrem Rahmen, den kirchlichen "Zehnt" in Frankreich abzuschaffen (Säkularisation) und erklärte das gesamte Kirchengut zu Staatseigentum. Diese Beschlüsse zogen Kreise: bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die "Zehntpflicht" auch in allen anderen europäischen Staaten abgeschafft. Somit verlor die Kirche ihre wichtigste jahrhundertealte Einnahmequelle. Die Kirche musste sich nach dem Verlust ihrer Einnahmen neu aufstellen. Hierzu trafen zunächst der Papst und einzelne deutsche Staaten (Deutschland in seinen heutigen Grenzen gab es ja noch nicht) Vereinbarungen, die zum Ziel hatten, Kirche und Staat zu trennen und jeweils Eigenständigkeit zu gewährleisten. Im Verlauf der Zeit, vor allem geprägt durch den Beginn der Industrialisierung, setzten Bevölkerungsbewegungen ein, mit der Folge, dass sich einst einheitliche katholische oder evangelische Gebiete mehr und mehr auflösten und immer seltener wurden. Hierdurch sanken die Kircheneinnahmen erneut und die Finanzierung der Aufgaben wurde immer schwieriger. In diesem Zusammenhang entstand der Gedanke einer Kirchensteuer.
Die heutige Regelung der Kirchensteuer beruht auf den Regelungen der Weimarer Reichsverfassung. Sie ist als Mitgliedsbeitrag konzipiert und signalisiert damit den "Rückzug des Staates aus der Finanzierung kirchlicher Aufgaben". Die Kirchen der ehemaligen DDR nutzten im Rahmen der Wiedervereinigung die Möglichkeit, die Kirchensteuererhebung zu übernehmen. So wurde das Kirchensteuergesetz in den Einigungsvertrag vom 31. August 1990 aufgenommen. Seit dieser Zeit gilt in ganz Deutschland ein einheitliches Kirchensteuerrecht.
Was macht die Kirche mit dem Geld?
Grundsätzlich ist zunächst interessant zu wissen, dass außerhalb des deutschsprachigen Raums nur in wenigen Ländern eine Kirchensteuer erhoben wird. So gibt es beispielsweise in Frankreich, England, den Niederlanden, selbst im katholischen Polen keine Kirchensteuer. In Deutschland zählen aktuell die beiden großen christlichen Kirchen rund 41,4 Millionen Mitglieder: 21,6 Millionen Katholiken und 19,7 Millionen evangelische Kirchenmitglieder. Etwa 34 Millionen Bundesbürger sind ohne eine Konfession.
Im Jahr 2021 nahm die Katholische Kirche rund 6,73 Milliarden Euro, die evangelische Kirche ca. 5,99 Milliarden Euro durch die Kirchensteuer ein. Bei aller berechtigten Kritik, insbesondere an der katholischen Kirche, solltest du nicht vergessen, dass mit Kirchensteuern viele sinnvolle und hilfreiche Aktivitäten (Schulen, Kindertagesstätten, Weiterbildungseinrichtungen, Kultur und Seelsorge) finanziert werden. Einige helfende Hände (ca. 1,2 Mio. Menschen) arbeiten zwar ehrenamtlich, viele sind jedoch auch bei der Kirche angestellt: 600.000 hauptamtliche Mitarbeiter*innen beschäftigt die katholische Caritas, beim evangelischen Pendant, der Diakonie, sind gut 460.000 Menschen fest angestellt.