Gibt es im Praktikum den Mindestlohn? - Das sollten Praktikanten wissen
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Freitag, 28. Januar 2022
Wer ein Praktikum macht, fragt sich berechtigterweise, ob es für die Arbeit auch Geld gibt. Hier gibt es Unterschiede. Was du wissen solltest.
- Die zwei Arten von Praktika
- Medizinstudentin klagt erfolglos bis zum Bundesarbeitsgericht
- Mehr Wertschätzung als früher
- So sieht das durchschnittliche Praktikum in Deutschland aus
- Einblick in die Branche
- So sieht der Wunsch-Praktikant aus
Eigentlich eine gute Neuigkeit für die 'Generation Praktikum': Die Zeit der langen und unbezahlten Praktika und billigen Arbeitskräfte soll vorbei sein. Aber ganz so stimmt das dann doch nicht. Tatsächlich haben mit der Einführung des Mindestlohns seit 2015 viele Praktikant*innen einen Anspruch auf eine Vergütung. Sie profitieren davon, wenn im Herbst diese Vergütung auf 12 Euro steigt, aktuell liegt er bei 9,82 Euro (§ 22 Mindestlohngesetz, MiLoG) brutto pro Stunde. Aber es gibt nicht wenige Praktikanten, die leer ausgehen.
Die zwei Arten von Praktika
Es gibt zwei Arten von Praktikum, Pflicht und Kür. Besser formuliert: Ist das Praktikum Pflicht, weil von der Schule oder der Hochschule vorgeschrieben oder ist es freiwillig und geht auf den eigenen Wunsch zurück. Diese Unterscheidung ist wichtig, entscheidet sie doch darüber, ob du ein Praktikumsgehalt bekommst oder du auch zum Nulltarif arbeiten musst (manchmal zahlt der Betrieb trotzdem und freiwillig). Ein Pflichtpraktikum ist von Schule oder Hochschule vorgeschrieben, ist in der Prüfungsordnung festgelegt.
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Praktikanten bei einer freiwilligen Tätigkeit im Betrieb, deren Tätigkeit über drei Monate in Vollzeit hinausgeht, erhalten rund 1.571 Euro brutto im Monat bei einer 40-Stunden-Woche und 160-Stunden im Monat. Gerade kleinere Unternehmen wollen nichts oder weniger zahlen und bieten daher nur Praktika unter drei Monaten an. Der eigentliche Zweck des Mindestlohns, Arbeit angemessen zu bezahlen, ist bei Praktikanten nur bedingt erfüllt. Trotzdem: Der Mindestlohn ist ein Quantensprung für Praktikanten, bedenkt man, dass Praktikanten vor 2015 je nach Größe der Firma in der Regel zwischen 400 und 800 Euro brutto verdient haben.
Es gibt sie also doch noch, die unentgeltlichen Praktika, die zumeist im Rahmen des Studiums absolviert werden. Doch auch wenn Pflichtpraktikanten keinen gesetzlichen Vergütungsanspruch haben, so kann trotzdem der Arbeitgeber den Einsatz eines jungen Menschen finanziell entlohnen. Ein Entgelt-Verbot gibt es jedenfalls nicht.
Medizinstudentin klagt erfolglos bis zum Bundesarbeitsgericht
Dass es für Pflichtpraktika keine Entlohnung gibt, bestätigte jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt einer Medizinstudentin. Die Richter des fünften Senats bekräftigten, dass ihr für ein sechsmonatiges vorgeschriebenes Praktikum zur Zulassung zum Studium, kein gesetzlicher Mindestlohn zusteht (BAG vom 19.1.2022, Az.: 5 AZR 217/21).
Der gesetzlich festgelegte Ausschluss vom Mindestlohn gilt danach nicht nur für Praktika während einer schulischen oder universitären Ausbildung, sondern auch für Vorpraktika, die zur Zulassung eines Studiums notwendig sind. Im Streitfall wollte die Klägerin an einer privaten, staatlich anerkannten Hochschule Medizin studieren.