Im Ausland bietet dir der Ausweis keinen Anspruch auf besondere Leistungen. Es gibt immer wieder Forderungen, einen einheitlichen europäischen Schwerbehindertenausweis einzuführen. Das ist allerdings kompliziert, da die Sozialleistungen für behinderte Menschen in den Mitgliedsstaaten sehr unterschiedlich sind. Hätten behinderte Menschen in allen EU-Ländern annähernd gleiche Ansprüche, wäre dies möglich. Ob es zukünftig einen entsprechenden Ausweis geben wird, ist unklar. Im Ausland kann dir der englischsprachige Hinweis auf der Karte helfen, beispielsweise dann, wenn es für Schwerbehinderte ermäßigten Eintritt gibt.
Voraussetzungen für die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises
Gesundheitliche Beeinträchtigungen und ihre Auswirkungen auf die Rente
Von den rund 8 Millionen schwerbehinderten Menschen waren 2021 laut Arbeitsagentur 47,8 Prozent der schwerbehinderten Menschen im Alter von 15 bis unter 65 Jahren erwerbstätig. Hast du eine Schwerbehinderung und bist erwerbstätig, kannst du nach deiner Arbeitszeit eine besondere Rente beziehen. Diese nennt sich die Altersrente für Schwerbehinderte und erlaubt dir, unter bestimmten Voraussetzungen früher in Rente zu gehen. Für die Altersrente für Schwerbehinderte musst du einerseits mindestens einen GdB von 50 haben, auf insgesamt 35 Versicherungsjahre kommen und die entsprechende Altersgrenze erreicht haben. Für die Versicherungsjahre zählen all diese Zeiten, in denen du:
- sozialversicherungspflichtig beschäftigt warst,
- selbstständig sozialversicherungspflichtig tätig warst (beispielsweise als Handwerker*in, Lehrer*in oder Musiker*in),
- ab dem 17. Lebensjahr zur Schule gegangen bist oder studiert hast (insgesamt acht Jahre),
- Kinder erzogen hast (bis zum zehnten Geburtstag des jüngsten Kindes),
- freiwillig Beiträge an die Rentenkasse gezahlt hast,
- Angehörige gepflegt hast,
- Krankengeld, Arbeitslosengeld 1 oder Übergangsgeld bezogen hast,
- im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2010 Arbeitslosengeld 2 bezogen hast oder
- in der DDR politisch verfolgt wurdest.
- Zusätzlich zählen auch Zeiten, die dir nach einer Scheidung im Rahmen des Versorgungsausgleichs auf dein Konto übertragen wurden.
Die Altersrente für Schwerbehinderte ermöglicht es dir, zwei Jahre vor dem regulären Renteneintrittsalter in Rente zu gehen. Dabei fallen keine Rentenabzüge an. Die Altersgrenze für die Rente für Schwerbehinderte steigt stufenweise von 63 Jahre auf 65 Jahre an. Für alle, die nach 1964 geboren sind, gilt bereits das früheste Renteneintrittsalter ohne Abzüge ab 65 Jahren. Bist du einverstanden mit Abzügen, kannst du sogar bis zu fünf Jahre vor der Regelaltersgrenze in Rente gehen.
Grad der Behinderung (GdB) und Gleichstellung
Der Grad der Behinderung (GdB) wird, wie bereits im vorherigen Absatz erklärt, auf Antrag beim Versorgungsamt festgestellt. Der GdB zielt darauf ab, die Schwere einer Behinderung zu beziffern. Variieren kann der GdB zwischen 20 und 100. Nach deinem Antrag untersucht dich ärztliches Personal und legt den Grad im Anschluss fest. Dein Grad der Behinderung ist von da an aber nicht fix: Er kann immer wieder überprüft und neu festgestellt werden. Voraussetzung dafür ist, dass du einen Antrag auf eine Neufeststellung stellst. Nur im Falle einer Schwerbehinderung kann auch ein Schwerbehindertenausweis beantragt werden.
Wurde bei dir ein GdB von mindestens 30, aber unter 50 festgestellt, hast du kein Recht auf einen Schwerbehindertenausweis. Allerdings gibt es hier die Möglichkeit, dich mit schwerbehinderten Personen gleichstellen zu lassen. Ziel dieser Gleichstellung ist, dass du ebenfalls im Alltag und Berufsleben entlastet wirst. Voraussetzung für eine Gleichstellung sind einerseits, dass du einen festgestellten GdB von 30 oder 40 hast. Zudem musst du einen Bezug zu Deutschland haben. Das meint, dass du hier rechtmäßig lebst, dich rechtmäßig hier aufhältst oder deinen Arbeitsplatz rechtmäßig in Deutschland hast. Treffen alle Voraussetzungen auf dich zu, kannst du den Gleichstellungsantrag bei der Agentur für Arbeit stellen. Für den Antrag benötigst du einen Bescheid über deinen GdB. Diesen erhältst du von deinem Versorgungsamt. Den Bescheid und das dazugehörige Antragsformular zur Beantragung einer Gleichstellung reichst du der Agentur für Arbeit in deiner Nähe ein. Alternativ kannst du den Antrag auch ganz formlos, also beispielsweise per Telefon oder bei einem persönlichen Besuch in der Agentur für Arbeit, stellen. Wurde deinem Antrag zugestimmt, treten einige Bestimmungen in Kraft, die auch für schwerbehinderte Menschen gelten. Dazu gehören beispielsweise:
- Besonderer Kündigungsschutz
- Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie beispielsweise die Kostenübernahme für Hilfsmittel oder besondere Reha-Angebote
- Hilfe bei der Arbeitsplatzgestaltung, beispielsweise für barrierefreie Umbauten
- Betreuung durch spezielle Fachdienste, zum Beispiel durch die Integrationsfachdienste
- Lohnkostenzuschüsse für den Arbeitgeber und weitere Anreize zur Beschäftigung
- Wahlberechtigung für die Wahl der Schwerbehindertenvertretung im Unternehmen
Die Bedeutung des Schwerbehindertenausweises für den Rentenantrag
Rente wegen Erwerbsminderung
Kannst du wegen einer Krankheit oder deiner Behinderung gar nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten, gibt es ebenfalls eine Option für dich: Die Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung. Diese erhältst du unter bestimmten Voraussetzungen. Dein persönliches Leistungsvermögen spielt hier eine wichtige Rolle. Kannst du nur in deinem aktuellen Beruf nicht mehr in vollem Umfang arbeiten, in einem anderen allerdings schon, hast du keinen Anspruch auf diese Rente. Wie groß dein verbliebenes Leistungsvermögen noch ist, wird durch den Sozialmedizinischen Dienst des Rentenversicherungsträgers festgestellt. Es wird zudem danach bemessen, wie hoch die täglichen Arbeitsstunden sind, die du noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leisten kannst.
Die Erwerbsminderungsrente erhältst du unter diesen Voraussetzungen:
- Du hast die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht
- Du bist voll oder teilweise erwerbsgemindert
- Du erfüllst die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren oder du erfüllst sie vorzeitig, zum Beispiel infolge eines Arbeitsunfalls
- Du hast in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung mindestens drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit gezahlt
- Du hast bereits vor dem 1. Januar 1984 die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt haben und jeder Monat seit Januar 1984 bis zum Eintritt der Erwerbsminderung ist mit Anwartschaftserhaltungszeiten belegt
Die Rente wegen voller Erwerbsminderung erhältst du dann, wenn du unter den üblichen Bedingungen nicht mehr als drei Stunden täglich arbeiten kannst. Kannst du allerdings mehr als drei, aber weniger als sechs Stunden am Tag im allgemeinen Arbeitsmarkt arbeiten, kannst du die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten. Nimmst du eine Erwerbsminderungsrente in Anspruch, solltest du mit Abschlägen rechnen. Denn: Seit dem 1. Januar 2012 wird die Altersgrenze für die Rente ohne Abschläge schrittweise angehoben. Lag dein Rentenbeginn vor dem 1. Januar 2012, war eine abschlagsfreie Rente bereits ab dem 63. Lebensjahr möglich. Für eine Erwerbsminderungsrente, die nach dem 1. Januar 2012 angetreten wird, steigt die Altersgrenze schrittweise von 63 auf 65 Jahre. Beziehst du die Altersgrenze vorzeitig, beträgt der Abschlag je Monat des vorzeitigen Beginns 0,3 Prozent. Der Höchstabschlag liegt bei 10,8 Prozent. Ab dem Jahr 2024 kannst du eine abschlagsfreie Rente erst ab einem Alter von 65 Jahren bekommen.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für den Antrag auf einen Schwerbehindertenausweis
Vermutest du, dass dir aufgrund deiner körperlichen Beeinträchtigungen oder deiner Behinderung ein Schwerbehindertenausweis zusteht, solltest du zunächst deinen Hausarzt oder deine Hausärztin kontaktieren. Dein Arzt oder deine Ärztin wird dir erste Hinweise darauf geben, ob der Ausweis tatsächlich eine Option für dich wäre. Kommt es dann zu einer Beantragung des Schwerbehindertenausweises, kann dein Arzt oder deine Ärztin dir auf Nachfrage sicherlich auch mit den nötigen Nachweisen und Attesten helfen. Bittest du ärztliches Personal um Hilfe, ist es wichtig, dass du eine Schweigepflichtsentbindung ausstellst. Andernfalls dürfen keine Daten von dir weitergeben werden. Dies ist allerdings notwendig, falls das Versorgungsamt bei Nachfragen hat und Kontakt zu deinem Arzt oder deiner Ärztin aufnehmen will. So kann in der Regel besser und schneller über deinen Antrag entschieden werden. Frage am besten das für dich zuständige Versorgungsamt, ob es hierfür Vordrucke gibt, die du verwenden kannst.
Welche Unterlagen werden benötigt?
Deinem Antrag kannst du eine Stellungnahme zu deinem Gesundheitszustand beilegen. Diese schreibt dir in der Regel dein Arzt oder deine Ärztin auf Anfrage. Darüber hinaus werden eine Reihe weiterer Dokumente benötigt. Ziel ist, dass das Versorgungsamt deinen Grad der Behinderung anhand der Unterlagen besser einschätzen kann. Vor Ort wirst du im Normalfall nicht noch einmal untersucht. In den Antrag gehören alle Faktoren, die dich im Alltag behindern. Dies kann neben deiner Hauptbehinderung beispielsweise auch eine Sehschwäche sein. Es sollte also eine möglichst vollständige Liste sein. Für jede*n sind andere Dokumente relevant. Je nachdem, in welcher Situation du dich befindest, sind andere Dokumente für deinen Antrag notwendig. Hier ist eine Ansammlung von Unterlagen, die möglicherweise für dich von Bedeutung sind:
- Unterlagen von Arzt, Krankenhaus & Co.: Befunde oder Gutachten der behandelnden Ärzt*innen mit Angabe des Behandlungszeitraums, Namens und der Adressen, Dokumente über Krankenhaus- und Reha-Aufenthalte (z. B. Entlassungsberichte), EKG-/Laborberichte oder ähnliche Nachweise
- Bereits bestehende amtliche Gutachten: Beispielsweise Gutachten von der Kranken-/Pflegekasse, dem Bezirksamt, den Rententrägern oder der Agentur für Arbeit
- Anerkennungsbescheide von Arbeitsunfällen/Berufskrankheiten oder einer Kriegs-/Wehrdienst-/Zivildienstbeschädigung: Zum Beispiel von der Berufsgenossenschaft (BG), von Versorgungsämtern oder der Unfallkasse
- Informationen über bereits gestellte Anträge bei den verschiedenen sozialen Leistungsträgern: Informationen wie etwa der Name der zuständigen Behörde sowie das Geschäftszeichen des Antrags sind mit anzugeben.
- Name und Anschrift von Sonder-/Förderschule und besuchten Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
Begutachtung und Entscheidung des Versorgungsamtes
Von Bundesland zu Bundesland unterscheiden sich die Anträge für einen Schwerbehindertenausweis. Ein allgemeingültiges Formular gibt es nicht. Für Bayern kannst du den Erstantrag beispielsweise auf der Webseite des Zentrums Bayers Familie und Soziales (ZBFS) online stellen. Das zuständige Versorgungsamt prüft deinen Antrag und entscheidet dann, ob du einen Schwerbehindertenausweis erhältst oder nicht. In der Regel wird die Entscheidung innerhalb von drei bis sieben Wochen getroffen. Wird dein Antrag genehmigt, erhältst du den Ausweis in Form einer Scheckkarte. Ändert sich dein Gesundheitszustand oder läuft dein Ausweis ab, musst du dich erneut an das Versorgungsamt wenden. In dem Fall werden die Angaben auf dem Ausweis angepasst beziehungsweise dein Ausweis verlängert.
Fazit
Der Schwerbehindertenausweis muss beim Versorgungsamt in deiner Nähe beantragt werden. Wurde dir aufgrund deines GdB ein Ausweis ausgehändigt, hast du in Deutschland Anspruch auf besondere Rechte und Leistungen. Mit einer körperlichen Einschränkung oder einer Behinderung kannst du darüber hinaus verschiedene Arten der Rente in Anspruch nehmen. Dazu gehören die Erwerbsminderungsrente und die Altersrente für Schwerbehinderte. Bei individuellen Fragen zu diesem Thema wendest du dich am besten an die Deutsche Rentenversicherung.