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"Es kann nicht sein, dass der Staat an den hohen Energiepreisen verdient": Forderung soll Deutsche entlasten


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Samstag, 22. Januar 2022

Die Energiepreise schießen gerade durch die Decke. Angesichts dieser Entwicklung fordert der renommierte Wissenschaftler, Prof. Peter Bofinger, und das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin, massive Steuerentlastungen.
Aufgrund der hohen Energiepreise werden Steuerentlastungen gefordert. Symbolbild.


  • 270 Euro Entlastung durch Halbierung der Mehrwertsteuer
  • Die Energiepreise schießen gerade durch die Decke
  • Auch das DIW in Berlin verlangt Entlastungen
  • Statistiker schlagen Alarm

Je höher die Energiepreise sind, umso mehr kassiert der Staat durch seine 19-Prozentige-Umsatzsteuer, die auch die Energieunternehmen zahlen müssen und an ihre Kund*innen weitergeben. Der Ökonom Prof. Peter Bofinger bringt es auf den Punkt: "Es kann nicht sein, dass der Staat an den hohen Energiepreisen verdient!"

270 Euro Entlastung durch Halbierung der Mehrwertsteuer

Viele Bürger*innen leiden darunter, dass sie derzeit deutlich mehr für Gas, Heizöl oder Strom bezahlen. Der Volkswirt und langjährige Ökonom Prof. Peter Bofinger, von der Universität Würzburg, fordert von der Bundesregierung, die Mehrwertsteuer bei Energie zu halbieren, anstatt an den hohen Energiekosten auch noch Geld zu verdienen.

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"Die Regierung muss den hohen Energiepreisen mehr entgegenwirken", forderte Bofinger in der Süddeutschen Zeitung. Die Preisschwankungen belasten die Geringverdiener und auch den Mittelstand "massiv". Angesichts der steigenden Inflation plädiert Bofinger für eine Halbierung der Mehrwertsteuer auf Gas und Heizöl auf zehn Prozent statt der bisherigen 19 Prozent. "Der Gaspreis hat sich verdoppelt, Heizöl kostet rund 60 Prozent mehr als vor einem Jahr", sagte der Ökonom. Würde der Staat die Mehrwertsteuer auf Gas und Heizöl auf 10 Prozent halbieren, hätte er fast die gleichen Einnahmen wie zuvor. Gleichzeitig würden die Haushalte um 270 Euro im Jahr von der Gasrechnung entlastet.

Der Preisanstieg bei Strom und Benzin fällt etwas geringer aus, sodass eine vorübergehende Absenkung auf 16 Prozent sinnvoll wäre. Statt zu helfen, ignoriere die Bundesregierung die deutschen Inflationssorgen, kritisierte der Ökonom. "Es kann nicht sein, dass der Staat an den hohen Energiepreisen verdient!"

Die Energiepreise schießen gerade durch die Decke

Aufgrund der extremen Schwankungen am Strommarkt kalkulieren viele Stromanbieter gerade ihre Tarife neu. Die ersten Billiganbieter unter den Energieversorgern haben sogar ihren Kunden fristlos gekündigt und Insolvenz angemeldet. Die Lage ist extrem angespannt. 769 Stromgrundversorger erhöhen in diesen Tagen ihre Tarife. In den letzten Jahrzehnten ist der Strompreis fast durchgängig gestiegen. 2000 lag er noch bei 13,94 Cent pro Kilowattstunde im Durchschnitt. Zwanzig Jahre später sind es bis zu gewaltige 90 Cent pro Kilowattstunde im Grundversorgungstarif in der Spitze. Durchschnittlich liegt der Preis pro Kilowattstunde aktuell bei 34 Cent. Bei den Gaspreisen ist die Lage nicht viel anders.

Viele Stromanbieter geben die jetzt eingetretenen Preissteigerungen an Verbraucher*innen weiter. Im Durchschnitt betragen die Preiserhöhungen 58,2 Prozent und betreffen rund 4,6 Millionen Haushalte. Für einen Musterhaushalt mit einem Verbrauch von 5.000 kWh bedeutet das zusätzliche Kosten von durchschnittlich 955 Euro pro Jahr.

Energiepreise zogen im Dezember um 18,3 Prozent an. "Hier wirkten sich zusätzlich die CO2-Bepreisung und die Rohstoffpreisentwicklung aus", erklärten die Statistiker vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden in ihrer Presseerklärung. Leichtes Heizöl verteuerte sich mit 61,0 Prozent besonders stark, ebenso Kraftstoffe mit 33,8 Prozent. Nahrungsmittel kosteten im Schnitt 6,0 Prozent mehr.

Auch das DIW in Berlin verlangt Entlastungen

Angesichts der hohen Energiepreise hat auch der Präsident der Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, Finanzhilfen des Bundes, insbesondere für Menschen mit geringem Einkommen, gefordert. "Es ist Aufgabe der Politik, Menschen mit geringem Einkommen und die von den explodierenden Energiepreisen am stärksten betroffenen Haushalte durch Direktzahlungen von Energiegeldern zu unterstützen", sagte Fratzscher der "Rheinischen Post".

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Die Corona-Pandemie und der Konflikt mit Russland machen die Preisentwicklung weiterhin schwer vorhersehbar. "Kurzfristig wird in Deutschland niemand etwas dagegen tun können, weder die Politik noch die Notenbank", so Fratzscher.

Die steigenden Strom- und Energiepreise setzen die Ampelregierung unter Druck. Noch im Januar will die Regierung noch über konkrete Hilfen für Wohngeldempfänger entscheiden. Laut Plan soll es "kurzfristig zu einer einmaligen Erhöhung der Heizkosten" kommen.

Statistiker schlagen Alarm

Das Statistische Bundesamt meldete einen Anstieg der Verbraucherpreise im Dezember um 5,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Hauptverantwortlich für den Anstieg ist weiterhin die Preisentwicklung bei Energie. 

Die Inflation dürfte dieses Jahr anhalten, wie die Erzeugerpreise für Dezember zeigen. Teure Energie hat die Preise für gewerbliche Produkte in Deutschland um 24,2 Prozent über den Vorjahreswert getrieben. Einen solchen Anstieg hat es in der Bundesrepublik nach Angaben der Behörde noch nie gegeben.

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