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Gericht geht gegen Clever Fit vor: Wann müssen Kunden Preiserhöhungen akzeptieren?


Autor: Klaus Heimann

Deutschland, Montag, 17. Oktober 2022

Merkwürdige Praxis: Wer das Drehkreuz in einem Fitnessstudio passiert, stimmt der Preiserhöhung zu. Fitnessketten tricksen immer wieder bei den Verträgen und fallen dabei regelmäßig wieder auf.
Die Geschäftspraktiken von Fitnessstudios landen immer wieder vor Gericht.


  • Gerichte stoppen Drehkreuz-Preiserhöhungen
  • McFit marschierte bereits im April voran
  • Überrumpelung funktioniert nicht
  • Einstweilige Verfügungen stoppen Drehkreuzpraxis

Den 9.500 Fitnessstudios mit ihren 9,3 Millionen Mitgliedern (Umsatz der Branche 2,2 Milliarden Euro) steckt die Corona-Krise noch in den Knochen. Jetzt versuchen sie mit allen möglichen Tricks Preiserhöhungen durchzusetzen. In der jüngsten Variante spielen Drehkreuze im Eingangsbereich eine entscheidende Rolle. 

Gerichte stoppen Drehkreuz-Preiserhöhungen

Fitnessstudios wollen die Zustimmung ihrer Kundschaft für Preiserhöhungen möglichst schnell und trickreich durchsetzen. Warum dann nicht das Drehkreuz am Eingang in den Fitnesstempeln als Votum nutzen? Die Mitglieder haben keine Wahl: Entweder sie passieren das Drehkreuz und stimmen damit der Preiserhöhung zu oder sie dürfen nicht mehr ins Studio, obwohl sie dafür bezahlt haben. 

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Das Landgericht (LG) Augsburg (Urteil vom 26.9.2022, Az.: 084 O 3035/22) hat der clever fit GmbH per einstweiliger Verfügung diese Praxis verboten. Eine entsprechende Verfügung erließ das Landgericht (LG) Rottweil (Urteil vom 26.9.2022, Az.: 4 O 41/22) auch gegen den Franchisenehmer des CF Minden GmbH, der das clever-fit-Studio in Minden betreibt. 

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) wirft den Unternehmen vor, Druck auf die Mitglieder in Fitnesszentren auszuüben, um so schnell an die vermeintliche Zustimmung zu Preiserhöhungen zu kommen. Im Verhalten des Anbieters sieht der vzbv ein aggressives und unlauteres Geschäftsgebaren gegenüber den Mitgliedern, deshalb der Klageweg.

McFit marschierte bereits im April voran

Die "Drehkreuz-Zustimmung" ist kein Einzelfall: Bereits im April 2022 erhöhte McFit den Basis-Tarif um 25 Prozent. 24,90 Euro statt 19,90 Euro kostet der Monat Training sowohl für Neukundschaft, als auch Bestandskund*innen. Ebenso sind seit dieser Zeit andere Tarife angehoben. Als Begründung wurden die schweren Corona-Monate herangezogen. Damals waren die Studios über Monate geschlossen. 

Für einen Shitstorm im Netz sorgte die Art und Weise, wie sich McFit die Zustimmung der Kundschaft für die Preiserhöhung einholte: Damals erfanden die pfiffigen Geister den Trick mit dem Drehkreuz. Auch hier sollte das Passieren des Drehkreuzes am Einlass zu den Studios als Zustimmung zur Preiserhöhung gelten. Gegen dieses Vorgehen hatten die Verbraucherschützer nach erfolgloser Abmahnung Klage beim LG Bamberg (Az.: 13 O 730/22) eingereicht. Dieses Urteil steht aber noch aus. Rechtsanwältin Nicole Mutschke fand damals schon das Verhalten von McFit den Kund*innen gegenüber "wirklich befremdlich", das erklärte sie RTL-news. 

"So mit Verbrauchern umzugehen, ist schon wirklich sehr seltsam und so vom Gesetz her, würde ich sagen, nicht vorgesehen". Denn: "Nur weil ich durch das Drehkreuz gehe - da weiß ich ja gar nicht, was ich da noch für Erklärungen abgebe. Vererbe ich dann McFit auch mein Vermögen? Das halte ich für wirklich abwegig!" Aber erst jetzt landete dieses Geschäftsgebaren vor Gericht.

Überrumpelung funktioniert nicht

Die clever fit GmbH ist laut eigenen Angaben eine Fitnesskette mit 500 Studios, die Franchisepartner betreiben. Mitten im Ferienmonat, im August, kündigte das Studio in Minden per Aushang und E-Mail eine Preiserhöhung um acht Euro im Monat oder 96 Euro im Jahr an. Für Mitglieder, die bislang 14,90 Euro im Monat zahlten, war das immerhin ein Aufschlag von 54 Prozent. Bei einer so happigen Erhöhung überlegen sich viele einen Wechsel.

Die nötige Zustimmung der Mitglieder zur Preiserhöhung wollte sich der Betreiber auf besondere Weise einholen: "Für deine Zustimmung kannst du ganz unkompliziert unser Drehkreuz passieren", hieß es im Aushang und in den E-Mails. Allein durch die weitere Nutzung des Studios stimmten die Mitglieder demnach der geforderten Preiserhöhung zu.

Nach Auffassung der klagenden Verbraucherschützer sind die Preiserhöhungen aber unwirksam und das Vorgehen der Anbieter ein Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht. Mitgliedern, die nicht mit der Preiserhöhung einverstanden sind, werde so der Zutritt zum Studio faktisch verweigert. Sie müssten somit auf ihr Training verzichten, obwohl sie dafür bezahlt hätten. Clever fit schaffe am Drehkreuz eine Zwangssituation und setze die Mitglieder unzulässig unter Druck, der Preiserhöhung zuzustimmen. Jana Brockfeld, Referentin im Team Rechtsdurchsetzung beim vzbv in Berlin, sieht darin ein rücksichtsloses Verhalten.

Einstweilige Verfügungen stoppen Drehkreuzpraxis

Eine wirksame Zustimmung zu Preiserhöhungen während der Vertragslaufzeit ist laut vzbv grundsätzlich nur durch eine aktive Zustimmung der Kundschaft möglich. Die Fitnessstudios müssen schriftlich auf ihre Kund*innen zugehen, über die geplante Preiserhöhung informieren und ausdrücklich um Zustimmung bitten. Bei Preiserhöhungen hat die Kundschaft ein Sonderkündigungsrecht

Indem die Mitglieder das Drehkreuz durchschreiten, nähmen sie lediglich ihr Recht wahr, das Studio vertragsgemäß zu nutzen. Eine stillschweigende Zustimmung zu einer Preiserhöhung lasse sich daraus in keinem Fall ableiten. Clever fit, McFit oder andere Studios haben also keine wirksame Preiserhöhung vorgenommen. Eventuell einkassierte höhere Mitgliedsbeiträge sind nach den Urteilen zurückzuerstatten.  

Das LG Rottweil hat dem Antrag des vzbv auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die CF Minden GmbH stattgegeben. Gegen die clever fit GmbH erwirkte der vzbv ebenfalls eine einstweilige Verfügung beim LG Augsburg. Beide Gerichte untersagten den Anbietern, die Zustimmung zu einer Preiserhöhung dadurch herbeizuführen, dass die Mitglieder das im Eingangsbereich befindliche Drehkreuz passieren, um in das Fitnessstudio zu gelangen.

Fazit

Fitnessstudios sind eine etablierte Geschäftsidee, die bei vielen Menschen ankommt. Mehr als neun Millionen Kund*innen sprechen für sich. Dass die Branche trotzdem nicht aus der "Schmuddel-Zone" rauskommt, ist ärgerlich, aber durch unseriöse Praktiken, wie das Drehkreuz-Verfahren, selbst verschuldet.