Digitale Behörde - so geht Verwaltung in der Zukunft
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Sonntag, 21. Januar 2024
Die öffentliche Verwaltung soll sich so schnell wie möglich digital aufstellen. Die Behörden sind aber auf einem ganz unterschiedlichen Stand.
- Viel Zeit und Geduld sind notwendig
- Die Bundesregierung arbeitet zu langsam
- Mit Elster hat die Finanzverwaltung den Sprung geschafft
- München liegt bei den Kommunen ganz weit vorne
Der Gang aufs Amt ist für viele nur lästig. Der Ärger fängt für viele schon bei der Terminbuchung an. Die Zeit, die dann für den eigentlichen Besuch aufzuwenden ist, ärgert viele. Dafür gibt es eine bessere Lösung – und die heißt digitalisierte Verwaltung. Nur die lässt auf sich warten. Es gibt aber nicht die eine Lösung. Viele müssten mitmachen: Kommunalverwaltung, Bundes- und Landesbehörden, Finanzämter, Arbeitsagenturen. Wir prüfen, wie der Stand bei den Ämtern ist.
Viel Zeit und Geduld sind notwendig
Personalausweis verlängern, Kindergeldantrag stellen oder sich nach dem Umzug ummelden: Für die meisten Bundesbürgerinnen und Bundesbürger sind Behördengänge echte Zeitfresser. Im Durchschnitt dauert der Besuch auf dem Amt zwei Stunden und 21 Minuten. Dabei entfallen 57 Minuten auf die An- und Abreise, 48 Minuten auf die Wartezeit vor Ort sowie 36 Minuten auf die Bearbeitung des Anliegens selbst.
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Das sind Ergebnisse einer repräsentativen Befragung unter 1.007 Menschen in Deutschland ab 18 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. "Das Ziel muss sein, künftig alle Behördenkontakte digital abzuwickeln. Die Menschen in Deutschland würden dadurch viel Zeit sparen. Vor allem aber würde der Aufwand in den Behörden durch einen vollständig digitalen Antrags- und Bearbeitungsprozess drastisch reduziert", sagt Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst. Rund die Hälfte (51 %) hatte schon Schwierigkeiten bei der Terminzuteilung. Für 16 % gestaltete sich die Terminfindung eher "schwierig", für 35 % war sie sogar "sehr schwierig".
Angesichts dieser Fakten wundert es dann nicht, dass Deutschland im "Digital Government Citizen Survey" der Boston Consulting Group (BCG) beim Leistungsvergleich mit 41 Ländern (Gesamtzufriedenheit mit den digitalen Behördendiensten) ganz weit hinten landet. Schlechter sind nur noch Österreich und Japan. Fazit von BCG: "Deutschland ist in den vergangenen zwei Jahren bei digitalen Verwaltungsdiensten entgegen dem globalen Trend weiter zurückgefallen." Das in der Digitalstrategie der Bundesregierung ausgegebene Ziel, bis 2025 einen Platz unter den Top Ten zu belegen, ist kaum noch zu erreichen.
Die Bundesregierung arbeitet zu langsam
Die Bundesregierung hat in der Digitalpolitik zuletzt zwar an Tempo zugelegt, die Geschwindigkeit reicht aber bei weitem nicht aus, um die selbstgesteckten Ziele auch nur annähernd zu erreichen. Zum Januar 2024 sind erst 60 der insgesamt 334 digitalpolitischen Vorhaben dieser Legislatur umgesetzt – das entspricht einem Anteil von 18 %. Im zweiten Halbjahr 2023 konnte die Bundesregierung lediglich 22 Digitalvorhaben abschließen, wovon sie fünf im dritten und 17 im vierten Quartal über die Ziellinie brachte. Das zeigt die neueste Auswertung des "Monitor Digitalpolitik" des Bitkom.
Um vor den nächsten Bundestagswahlen alle 334 Vorhaben abzuschließen, wären noch 274 Projekte in sieben Quartalen umzusetzen. Macht die Ampel-Koalition in dem aktuellen Tempo von 17 abgeschlossenen Digitalvorhaben pro Quartal weiter, würde sie allerdings lediglich 119 schaffen. Einschließlich der bereits abgeschlossenen 60 Vorhaben brächte sie mit insgesamt 179 nur etwas mehr als die Hälfte ihrer Digitalvorhaben (54 %) ins Ziel. Der Rest bliebe auf der Strecke.