Kapital-Lebensversicherung in der Kritik: "Braucht grundsätzlich niemand"
Autor: Frank Kirschberger
Deutschland, Samstag, 25. Juni 2022
Ist die Kapital-Lebensversicherung heute überhaupt noch eine gute Vorsorge fürs Alter? Die Sparzinsen liegen bei den Banken zurzeit bei nur knapp über null Prozent. Kann zumindest das die Versicherung besser?
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Wer in der heutigen Zeit sein Geld - außer vielleicht in Immobilien - sicher und gewinnbringend anlegen möchte, sollte lieber einmal mehr als zu wenig darüber nachdenken und die verschiedenen Möglichkeiten in Ruhe prüfen. Doch eine Variante kann man mit gutem Gewissen bereits im Vornherein ausschließen: Die Kapitallebensversicherung. Die Wahrscheinlichkeit, bei dieser Form der Altersvorsorge später einmal eine bittere Enttäuschung zu erleben, ist zumindest laut verschiedener Experten relativ hoch.
Die Kapitallebensversicherung - ein legaler Betrug?
Ob man die Kapitallebensversicherung zurecht als "legalen Betrug" bezeichnen möchte, wie dies schon vor rund drei Jahrzehnten der Versicherungsexperte und Vorsitzende des Bundes der Versicherten Hans Dieter Meyer getan hat, darf einmal dahingestellt bleiben. Dennoch lohnt sich in Zeiten von Negativzinsen und Niedrigzinsen ein kritischer Blick auf diese Geldanlageform, die immer noch gerne zur Altersvorsorge genutzt wird. Doch zunächst erstmal die Antwort auf die Frage, was genau überhaupt eine Kapitallebensversicherung ist. Ohne zu tief in die Details einzusteigen, lässt sich zumindest feststellen, dass diese Form der Geldanlage eine Kombination aus einer Risikolebensversicherung mit einem Sparvertrag ist. Manchmal ist sogar noch eine Berufsunfähigkeitsversicherung integriert. Erstere sichert die Hinterbliebenen für den Todesfall des oder der Versicherten ab, indem sie diesen einen bestimmten Geldbetrag auszahlt. Solch eine Risikolebensversicherung kann auch alleine abgeschlossen werden und ist im Verhältnis zur Kapitallebensversicherung relativ preisgünstig. Schon mit wenigen Euro im Monat lässt sich für den Fall der Fälle bereits eine Versicherungssumme von mehreren zehn- oder sogar hunderttausend Euro und mehr versichern. Die Kosten dafür schwanken einerseits je nach Versicherungsunternehmen sowie nach Alter und Gesundheitszustand der versicherten Person. Zu empfehlen ist diese auf jeden Fall dem, dessen Angehörige bei Wegfall des oder der Versicherten in finanzielle Not geraten würden und auch besonders dann, wenn noch Schulden zu bezahlen oder Hypotheken zu tilgen sind. Da die Versicherungsbeiträge mit zunehmenden Alter deutlich ansteigen, empfiehlt sich zumeist, den Vertrag zumindest dann zu kündigen, wenn kein wirkliches Risiko mehr besteht. Die Beiträge sind übrigens als Vorsorgeaufwendungen steuerlich absetzbar.
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Der Sparvertrag als Teil der Kapitallebensversicherung wiederum soll dafür sorgen, dass in jedem Fall später einmal Geld ausgezahlt wird, also auch völlig unabhängig vom Todesfall. Die Idee dabei ist, dass nach einem Zeitraum von zumeist zwanzig, dreißig oder noch mehr Jahren zu einem bestimmten Zeitpunkt die eingezahlten Sparbeiträge plus der vom Versicherungsunternehmen erwirtschafteten Gewinne zur Verfügung stehen. Wer also bereits zu Beginn seines Berufslebens solch einen Vertrag abgeschlossen hat und dann über viele Jahre seine monatlichen Beiträge entrichtet hat, darf sich darauf freuen, im Alter entweder eine recht hohe Einmalzahlung zu erhalten oder über viele Jahre eine monatliche Rente. Eigentlich hört sich das Ganze ja bis zu dieser Stelle noch relativ positiv an. Doch die Crux liegt in der Verzinsung des Sparanteils: Seit dem 01.01.2022 dürfen die Versicherungsunternehmen nur noch 0,25 Prozent Gewinn garantieren.
Zu Zeiten von Hans Dieter Meyer in den Neunzigerjahren lag dieser immerhin noch bei 3 Prozent und in den Achtzigern sogar bei 3,5 Prozent. Doch wieso hat Meyer diese aus heutiger Sicht nicht gerade unbeachtliche Verzinsung überhaupt kritisiert? Der Grund lag und liegt auch heute noch gar nicht in der Verzinsung, sondern im Gewinn. Und aus genau diesem Grund wird die Kapitallebensversicherung nach wie vor vom Bund der Versicherten kritisiert: "Eine Kapitallebensversicherung braucht grundsätzlich niemand. Sie ist sowohl für den Vermögensaufbau als auch für die Altersvorsorge ungeeignet." Und zwar deshalb, weil sich der garantierte Gewinn lediglich auf den Sparanteil der monatlichen Versicherungsprämie bezieht, also ohne den Beitrag für die enthaltene Risikolebensversicherung und unter Abzug sämtlicher Verwaltungskosten wie auch Vermittlungsprovisionen. Auf diese Weise kann es letztlich sogar zu einer Negativ-Verzinsung kommen. Man bekommt also weniger Geld ausgezahlt, als man im Laufe der Jahre eingezahlt hat.
Mögliche Renditen und Gewinne
Die Inflationsrate hat in Deutschland im Mai 2022 bereits 7,9 Prozent erreicht. Damit ist klar, dass jede Geldanlage, die unter diesem Wert liegt, grundsätzlich zur unmittelbaren Geldvernichtung führt, wenn man etwaige Steuervorteile einmal außen vorlässt. Und die Renditen, die aktuell sowohl Banken als auch Versicherungen für Ratensparverträge garantieren, liegen zumeist unter 0,5 Prozent.
Als die garantierten Gewinne der Versicherer in den Achtziger- und Neunzigerjahren noch bei 3 oder 3,5 % lagen, war selbst dies im Vergleich zu den Banken zumeist ein schlechtes Geschäft. Letztere boten Verträge mit ähnlichen Zinsen, jedoch bei langfristigen Verträgen mit zusätzlichen Boni-Zahlungen an. Zudem bezog sich die Verzinsung auf die tatsächlichen Spareinlagen der Kunden und Kundinnen und nicht nur auf den Gewinn nach Abzug unternehmensinterner Kosten. Wer damals seine Kapitallebensversicherung kündigen wollte, musste oft mit Schrecken feststellen, dass aufgrund der hohen Verwaltungskosten und Vermittlungsprovisionen von seinen bislang eingezahlten Beiträgen selbst nach mehreren Jahren (noch) nichts übrig war. Dennoch muss der Fairness halber ausdrücklich gesagt werden, dass es sich damals wie heute nur um den vertraglich garantierten Gewinn handelt bzw. gehandelt hat.