Darf der Arbeitgeber Minusstunden bei Kündigung abziehen?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Montag, 05. Februar 2024
Durch ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gilt, dass Arbeitszeiten zu erfassen sind. Der Arbeitgeber muss also Minus- und Plusstunden registrieren und miteinander verrechnen. Aber was passiert bei der Kündigung mit den Stunden?
- Was sind Minusstunden und was zählt dazu?
- Nachweis von Minusstunden
- Sind Minusstunden vom Gehalt abzuziehen?
- Sind Minusstunden mit Urlaub zu verrechnen?
- Schwangerschaft hat besondere Regeln
Flexible Arbeitszeiten sind ein Fortschritt – für Arbeitnehmer und für Arbeitgeber. Das setzt allerdings klare Arbeitszeitregeln und eine technisch einfach zu bedienende Technik voraus. Das Prinzip der Erfassung ist einfach: Wer weniger als vertraglich vereinbart arbeitet, sammelt Minusstunden. Wer mehr arbeitet, sammelt Plusstunden auf seinem persönlichen Arbeitszeitkonto. Es gibt allerdings einige Feinheiten und besondere Situationen im Arbeitsleben (Kündigung, Schwangerschaft, Ausbildung etc.), in denen spezielle Lösungen notwendig sind. Wie sind die Minus- und Plusstunden bei einer Kündigung zu behandeln? Sind Minusstunden mit dem Urlaub zu verrechnen? Wir geben einen Überblick über die kniffligen Fragen.
Was sind Minusstunden und was zählt dazu?
Minusstunden sind im Arbeitsrecht die Zeiten, die von der vertraglich festgelegten Arbeitszeit (üblicherweise 40 oder 35 Stunden) abweichen und weniger gearbeitet werden. Sind beispielsweise 40 Wochenstunden vereinbart, der Arbeitnehmer hat aber nur 36 Stunden gearbeitet, zählt das als vier Minusstunden auf seinem Konto. Die Bezeichnung für Minusstunden ist unterschiedlich. Manchmal heißen sie Mindeststunden oder Unterstunden. Das Gegenteil sind Überstunden (Mehrarbeit). Es ist möglich, beide Teilkonten miteinander zu verrechnen.
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Voraussetzung für die Stundenregistrierung ist ein persönliches Arbeitszeitkonto. Ohne Konto gibt es kein Minus und kein Plus. Gibt es in der Firma, in der du arbeitest, keine Arbeitszeitkonten, ist es schwierig, Minus- oder Plusstunden unstrittig zu erfassen. In einigen Fällen ist eine "Selbsterfassung der Arbeitszeit" vorgesehen, bei anderen gibt es Vertrauensarbeitszeit. Bei dieser Variante gleichst du eine längere Pause oder einen früheren Feierabend einfach selber aus, indem du an einem anderen Tag länger arbeitest. Nicht alle Methoden der Arbeitszeiterfassung sind erlaubt. So hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg einer radiologischen Praxis verboten, ein System mit einem Fingerabdruck-Scanner zu verwenden (LAG, Urteil vom 4.6.2020, Az.: 10 Sa 2130/19).
Nur wenn Beschäftigte weniger arbeiten und dies selbst zu verantworten haben, ist diese Zeit als Minus zu verbuchen. Das kann folgende Gründe haben: Du beginnst die Arbeit verspätet, du willst früher gehen, du überziehst die Mittagspause oder private Termine (zum Beispiel ein Arzttermin, Besuch beim Amt oder andere Besorgungen) liegen in der Arbeitszeit. Krankheit oder ein Feiertag sind keine Minusstunden. Ebenfalls nicht der Erholungsurlaub, angeordnete Fortbildungen oder genehmigter Bildungsurlaub. Geht die Weiterbildung auf deine Initiative und Interessen zurück und fallen Stunden während der regulären Arbeitszeit an, kann es sein, dass du die Zeit nacharbeiten musst.
Nachweis von Minusstunden
Eine pauschale gesetzliche Regelung, beispielsweise im Arbeitszeitgesetz (ArbZG), wie viele Minusstunden erlaubt sind, gibt es nicht. Entscheidend ist, was im Arbeits- oder Tarifvertrag steht. Gibt es keine Regelung, sind Minusstunden streng genommen eigentlich gar nicht möglich. Arbeitest du weniger als im Arbeitsvertrag vorgesehen, dann ist das ein Verstoß gegen die vertraglichen Pflichten. Mögliche Folgen: Abmahnung oder Gehaltskürzung.
Der Arbeitgeber kann die Zahl der zulässigen Minusstunden vorübergehend erhöhen, um den Mitarbeitern mehr Flexibilität (Krankheit der Kinder oder Angehörigen, Kita ist vorübergehend geschlossen) einzuräumen. In der Vereinbarung zum Arbeitszeitkonto legt der Arbeitgeber fest, wie viele Minusstunden möglich sind. Hast du ein Negativsaldo, musst du durch Überstunden – meist ebenfalls in einem festgelegten Zeitraum – ausgleichen. Minusstunden verfallen nicht.