Company Catfishing: So lügen Unternehmen ihre Bewerber an
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Freitag, 19. Januar 2024
Arbeit und Bewerbung beruhen auf Vertrauen. Arbeitgeber erwarten, dass die Bewerber nicht lügen. Arbeitnehmer erwarten das ebenso von ihrem Gegenüber. Aber hat das gegenseitige Vertrauen in der Realität noch Bestand?
- Bei den Überstunden und vielen Stellenbeschreibungen wird gelogen
- Bei Frauen sind die Betriebe vorsichtiger
- So reagieren Beschäftigte auf Company Catfishing
- Warum Unternehmen Company Catfishing unbedingt vermeiden sollten
Die Nase, die bei jeder Lüge ein Stück länger wird: diesen "Pinocchio-Effekt" wünschen sich viele Arbeitnehmer für ihre Chefs, wenn sie unwahre Angaben zur Stelle, zu den Entwicklungsperspektiven in der Firma oder zum Einkommen machen. Was bei Online-Datingportalen und in sozialen Netzwerken relativ häufig vorkommt, nämlich vorzugeben, etwas zu sein, was man nicht ist, stößt auch in der Arbeitswelt negativ auf. Wie sind die Erfahrungen der Deutschen mit "Company Catfishing"?
Bei den Überstunden und vielen Stellenbeschreibungen wird gelogen
Wenn Arbeitgeber vorgeben, etwas zu sein, was sie nicht sind, um beispielsweise qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber für sich zu gewinnen, nennen Personaler das "Company Catfishing" (Catfishing: Vortäuschen falscher Tatsachen). Dass sich diese Taktik auf die spätere Mitarbeiterzufriedenheit und -bindung nicht unbedingt positiv auswirkt, ist wohl offensichtlich. Eine Umfrage der Jobplattform Monster in Eschborn in Zusammenarbeit mit dem Umfrageinstitut YouGov Deutschland hat jetzt mehr Information zum "Company Catfishing" präsentiert. Das überraschende Ergebnis: 32 % der Befragten haben im Bewerbungsverfahren schlechte Erfahrungen gemacht. Mit falschen Informationen wurden sie in den Job gelockt. Vieles erwies sich mit der Realität nicht vereinbar. An welchen Punkten stellen sich Unternehmen gerne besser dar, als sie es eigentlich sind? Am häufigsten flunkern Arbeitgeber im Bewerbungsverfahren und bei den Überstunden. Das sind die heiklen Themen, bei denen Arbeitgeber nicht immer bei der Wahrheit bleiben:
Video:
- Work-Life-Balance (11 %)
- Stellenbeschreibung (11 %)
- Teamkultur bzw. Führungsstil (11 %)
- Karriere- bzw. Aufstiegschancen (9 %)
- Gehaltsschritte (9 %)
Weniger häufig, aber immer noch zu oft versuchen Unternehmen zudem zu verschleiern, dass sie bei der räumlichen und technischen Ausstattung (5 %) sowie bei den im Unternehmen möglichen Arbeitszeitmodellen hinterherhinken (7 %). Weitere 6 % der Beschäftigten mussten schon einmal unwahre Angaben zu Benefits, Boni und Provisionen verarbeiten.
Bei Frauen sind die Betriebe vorsichtiger
7 % haben außerdem erlebt, dass die im Bewerbungsverfahren versprochenen Werte des Unternehmens, wie zum Beispiel Diversität, Inklusion und Nachhaltigkeit, nicht mit der tatsächlichen Arbeitskultur übereinstimmen.
Überraschenderweise sind es Männer, die häufiger von Unwahrheiten im Bewerbungsverfahren erzählen. Insgesamt 36 % der männlichen Befragten gaben an, schon einmal von einem Unternehmen falsche Angaben zur Stelle oder der Unternehmenskultur erhalten zu haben. Bei den Frauen waren es 29%.