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Caritas-Chefin warnt: Aktivrente führe zu "schwer erklärbaren Ungerechtigkeiten"


Autor: Ellen Schneider, Agentur dpa

Deutschland, Montag, 22. Sept. 2025

Bis zu 2000 Euro sollen sich Rentner mit Merz' Aktivrente ab Januar 2026 steuerfrei dazuverdienen können. Die Caritas-Chefin hält das für einen Fehler. Sie hat eine andere Idee.
Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin der Caritas, warnt vor Ungerechtigkeiten zwischen den Generationen durch die Aktivrente.


Wenn es nach Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) geht, sollen sich Rentner schon ab Januar 2026 bis zu 2.000 steuerfrei zur Rente dazuverdienen können. Sein Konzept der Aktivrente sorgt jedoch immer wieder für Kritik.

So würden beispielsweise Selbstständige bewusst von der Regelung ausgeschlossen, was der Vorsitzende des Verbands der Gründer und Selbstständigen Deutschland (VGSD) als einen "Schlag ins Gesicht" bezeichnet. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes BDA, Steffen Kampeter warnt zudem, dass die Aktivrente vor allem für Beitrags- und Steuerzahler teuer werden könnte. Auch von der Präsidentin des Deutschen Caritasverbands, Eva Maria Welskop-Deffaa, kommt nun Kritik.

Aktivrente in der Kritik: Teure Steuergeschenke zulasten der Jungen?

Welskop-Deffaa sagte dem Nachrichtenportal t-online: "Es ist nicht hilfreich, den Älteren zulasten der Jungen teure Steuergeschenke zu machen." Die Aktivrente führe "im Generationenverhältnis zu schwer erklärbaren Ungerechtigkeiten". Ältere könnten neben der vollen Rente 2.000 Euro steuerfrei hinzuverdienen. "Wenn aber junge Eltern ihre Erwerbstätigkeit wieder aufstocken, sobald die Kinder in der Schule sind, kommt jeder Euro, den sie mehr verdienen, in die volle Steuer-Progression", beanstandete sie.

Als überfällig zur Stabilisierung der Rentenkassen bezeichnete Welskop-Deffaa die Einbeziehung von Selbstständigen in die Rentenversicherung. Gerade diese seien von Altersarmut bedroht. Viele Selbstständige unterschätzten diese Risiken. "Sie nutzen in den ersten Jahren der Selbstständigkeit jeden Euro für die Gründungsidee – und merken zu spät, dass sie damit große Lücken in ihrer Altersabsicherung aufreißen." Auch werde die Arbeitswelt immer hybrider. Menschen wechselten zwischen Anstellung und Selbstständigkeit oder kombinierten beides. Allerdings gingen dann auch nur für Teile des Einkommens Beiträge in die Rentenkasse.

Die Caritas-Chefin bezeichnete zugleich das Rentenniveau als eine "überschätzte Kennzahl". Sie sage wenig darüber aus, wie viel Rentnerinnen und Rentner tatsächlich im Geldbeutel haben. Die Koalition will die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent – also das Absicherungsniveau der Rente im Verhältnis zu den Löhnen – bis 2031 verlängern.

Caritas-Chefin rät: Spielräume zur Umverteilung bei Rente besser nutzen

Welskop-Deffaa regte stattdessen an, die Spielräume solidarischer Umverteilung in der gesetzlichen Rente intensiver zu nutzen. "Es darf nicht sein, dass Menschen 40 Jahre lang Beiträge zahlen und am Ende trotzdem keine existenzsichernde Rente erhalten. Damit zerstören wir das Vertrauen in das System." Deshalb sollte in der Rentenformel unterschieden werden zwischen denen, die jahrelang aus kleinen Einkommen Beiträge gezahlt haben, und denen mit hohen Einkommen.