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Abfindung bei Kündigung: Anspruch und Berechnung


Autor: Klaus Heimann, Nadine Wüste

Deutschland, Dienstag, 22. April 2025

Betriebliche Umstrukturierungen führen oft zu Entlassungen. Abfindungen werden als Instrument genutzt, um Arbeitnehmer finanziell zu unterstützen und rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.
Abfindungen bei betriebsbedingten Kündigungen dienen als finanzieller Ausgleich und können abhängig von der Betriebszugehörigkeit und gesetzlichen Regelungen verhandelt werden.


Was passiert, wenn einem "normalen" Buchhalter, einer Kfz-Mechanikerin oder einer Verkäuferin betriebsbedingt gekündigt wird? Ist dann eine Abfindung fällig? Oder können nur Top-Manager damit rechnen? Wer seine rechtliche Situation richtig einschätzt, kann den "goldenen Handschlag" aushandeln. Allerdings gibt es einiges zu beachten, zu berechnen und zu verhandeln.

Betriebsbedingte Kündigung: Der Anspruch auf Abfindung

Es gibt keinen Rechtsanspruch auf eine Abfindung, also auf eine einmalige Geldzahlung. Nur wenn der Arbeitgeber betriebsbedingt kündigt (also es sich nicht um eine personenbedingte Kündigung handelt) kann überhaupt der "goldene Handschlag" am Horizont erscheinen.

Auf den ersten Blick ist es widersprüchlich: Obwohl der Arbeitgeber per Gesetz nicht zur Abfindung bei einer Kündigung verpflichtet ist, machen sie das oftmals doch. Der Grund dafür ist im Arbeitsrecht zu suchen. Damit eine Kündigung wirksam ist, benötigen Arbeitgeber einen zulässigen Kündigungsgrund. Gründe für die betriebsbedingte Entlassung können etwa sein: schlechte wirtschaftliche Lage, die Schließung eines ganzen Standorts oder eines Bereichs, Auftragsflaute, Insolvenz, Fusion, Verkauf oder veränderte Marktsituation. Trotzdem kann der Beschäftigte eine Kündigungsschutzklage anstreben.

Um langwierige Verfahren mit unklarem Ausgang zu vermeiden, erhält der Arbeitnehmer bei einer betriebsbedingten Kündigung ein Abfindungsangebot. Bedingung ist aber, dass er oder sie die dreiwöchige Frist für die Erhebung der Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht verstreichen lässt (§ 1a Kündigungsschutzgesetz - KSchG). Es kann also nicht zum Kündigungsschutzprozess kommen. 

Die Höhe der Abfindung ist Verhandlungssache

Ist die Abfindung geklärt, ergibt sich sofort die Frage nach der Höhe. Ein erster wichtiger Hinweis enthält das KSchG: Es spricht von einem halben Monatsverdienst für jedes Jahr des Arbeitsverhältnisses (§ 1a, Abs. 2 KSchG). Unabhängig von dieser gesetzlichen Regelung ist die Höhe der Abfindung im Aufhebungsvertrag frei verhandelbar. Besteht ein Betriebsrat in der Firma, sind die Abfindungssummen meistens höher als ein halber Monatsverdienst pro Beschäftigungsjahr. Beispiel: Hast du etwa 30 Jahre im Betrieb gearbeitet und 4.000 Euro brutto verdient, erhältst du 60.000 Euro als Abfindung. (Berechnet auf der Basis von § 1a Abs. 2 KSchG, wonach die Abfindung einen halben Monatsverdienst für jedes Jahr der Betriebszugehörigkeit beträgt.) Die Staffelung der Abfindungssumme nach sozialen Kriterien ist durchaus üblich. Das gilt sowohl für den Sozialplan als auch für richterliche Entscheidungen vor dem Arbeitsgericht. So schreibt die Gewerkschaft Verdi auf ihrer Internetseite, dass in Ausnahmefällen die Höhe der Abfindung höher sein kann. Zum Beispiel in diesen Fällen:

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  • Der Arbeitnehmer ist 50 Jahre oder älter und war mindestens 15 Jahre in dem Betrieb beschäftigt, dann kann die Abfindung bis zu 15 Monatsverdienste betragen.
  • Der Arbeitnehmer ist 55 Jahre oder älter und sein Arbeitsverhältnis bestand mindestens 20 Jahre, so ist eine Abfindung bis zu 18 Monatsverdienste möglich.

Eine Abfindung soll die finanziellen Verluste durch die Kündigung abfedern, deshalb zählt sie auch nicht zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt. Von der Abfindung sind deshalb keine Sozialabgaben wie Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- oder Arbeitslosenversicherung abzuziehen. Die Abfindung ist allerdings steuerpflichtig, der Arbeitgeber muss also die Lohnsteuer abführen. Wird die Abfindung in einer Gesamtsumme überwiesen, ist die Fünftelregelung möglich. Die Steuerlast wird dann gleichmäßig auf fünf Jahre verteilt und dadurch geringer. Der Arbeitgeber kann die Abfindung direkt in Raten auszahlen, was auch den Anteil für die Steuer mindert.

Die Abfindung beim Kündigungsschutzprozess vor dem Arbeitsgericht

Kündigungen landen regelmäßig vor dem Arbeitsgericht. Es hat sich herumgesprochen, dass Arbeitgeber oft Verfahrensfehler unterlaufen und deshalb Abfindungen ein übliches Instrument in einem Kündigungsschutzprozess sind. Stellt der Arbeitsrichter fest, dass die ausgesprochene Kündigung unwirksam ist, dann geht es trotzdem meistens nicht so weiter, wie vor der Entlassung. Das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer ist häufig so belastet, dass eine sinnvolle Zusammenarbeit nicht mehr möglich ist.

In der sogenannten Güteverhandlung regt das Gericht an, einen Vergleich zu schließen, der mit einer Abfindungszahlung verbunden ist. Das kann auch für den Arbeitgeber interessant sein: Wenn sich abzeichnet, dass die Kündigung unwirksam ist, kann er sein Risiko, die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer weiter beschäftigen zu müssen, auf diese Art klein halten.

Nach § 9 KSchG sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, bei beiderseitigem Interesse, die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit Zahlung einer Abfindung zu beenden. Die Höhe bestimmt dann das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen und ist abhängig von drei Faktoren: Höhe des monatlichen Bruttogehalts, Dauer der Betriebszugehörigkeit und dem Risiko für den Arbeitgeber. Eine höhere Abfindung erzielen oft Mitarbeitende, die einen persönlichen Sonderkündigungsschutz haben. Dazu gehören etwa Betriebsratsmitglieder, Datenschutzbeauftragte, Schwerbehinderte, Schwangere sowie Arbeitnehmer in Elternzeit, Mutterschutz und Pflege- oder Familienpflegezeit und tarifliche unkündbare Beschäftigte.

Die Abfindung und das Arbeitslosengeld

Auf das Arbeitslosengeld wirkt sich die Abfindung nicht negativ aus. Bei einer betriebsbedingten Kündigung drohen keine Sperrzeiten. Es gibt eine Ausnahme, bei der eine Abfindung Auswirkungen auf das Arbeitslosengeld haben kann. Nämlich dann, wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei einem Abfindungsvergleich – etwa im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens – auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses einigen und sich dadurch die geltende Kündigungsfrist verkürzt.

Dann ruht das Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist. Das heißt jedoch nicht, dass du als Empfänger des Arbeitslosengelds weniger Geld von der Arbeitsagentur erhältst, so wie das bei einer Sperrzeit der Fall wäre. Die Zahlung des Arbeitslosengelds setzt in diesem Fall zu einem späteren Zeitpunkt ein.

Sobald der Arbeitnehmer von der betriebsbedingten Kündigung erfährt, muss er sich bei der Arbeitsagentur als arbeitssuchend melden. Es gilt eine Frist von drei Tagen. Die Meldung kann telefonisch, online oder vor Ort bei der Agentur für Arbeit erfolgen. Wer sich nicht oder zu spät als arbeitssuchend meldet, riskiert im schlimmsten Fall eine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld.

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Der Aufhebungsvertrag hat so seine Tücken

Spricht sich herum, dass der Betrieb betriebsbedingte Kündigungen plant, starten die Beschäftigten ihre Suche nach einem neuen Arbeitgeber. Ist das erfolgreich, kann ein Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis beenden. Aber Vorsicht: Wird der Aufhebungsvertrag auf Veranlassung des Beschäftigten geschlossen, gibt es keinen Grund für den Arbeitgeber, eine Abfindung zu zahlen.

Eine andere Variante ist, wenn der Arbeitgeber einen Aufhebungsvertrag in Verbindung mit einer Abfindung anbietet. Arbeitnehmer sollten in diesem Fall vorsichtig sein. Da sich nicht in jedem Fall eine nahtlose Beschäftigung anschließt, kann es sein, dass du zur Arbeitsagentur musst, um Arbeitslosengeld zu beantragen. Die Agentur schaut genau hin, wenn du den Aufhebungsvertrag vorlegst. Es droht eine Sperrzeit von 12 Wochen. Schließlich gibt der Arbeitnehmer durch den Aufhebungsvertrag freiwillig seinen Arbeitsplatz auf. Eine Sperrzeit ist allerdings unwahrscheinlich, wenn der Arbeitgeber mit einer rechtmäßigen betriebsbedingten Kündigung gedroht hat. Der Arbeitnehmer muss diese nicht abwarten. Er kann dann vorher einen Aufhebungsvertrag abschließen, in diesem Fall riskiert der Beschäftigte keine Sperrzeit. Dafür müssen laut Bundesagentur für Arbeit allerdings die folgenden Voraussetzungen vorliegen:

  • Der Arbeitgeber hat eine ordentliche Kündigung aus einem betriebsbedingten Grund ernsthaft angekündigt, z. B. wegen einer Umstrukturierung des Betriebs. 
  • Die vom Arbeitgeber angedrohte Kündigung ist rechtmäßig.
  • Der Arbeitnehmer darf durch den Aufhebungsvertrag nicht früher arbeitslos sein, als dies bei einer Kündigung der Fall gewesen wäre. Zwischen Tag der Unterschrift und Beendigungsdatum laut Aufhebungsvertrag muss also mindestens die Kündigungsfrist liegen.
  • Durch den Aufhebungsvertrag sind objektive Nachteile der Kündigung abzuwenden.
  • Zudem darf der Arbeitnehmer nicht unkündbar gewesen sein.
  • Wenn der Arbeitnehmer eine Abfindung unter 0,5 Monatsgehältern pro Beschäftigungsjahr erhält, ist die Rechtmäßigkeit der angedrohten Kündigung nicht entscheidend.

Abfindungen als eine komplizierte Sache

Eine betriebsbedingte Kündigung, das braucht niemand. Selbst wenn du mit einer Abfindung rechnen kannst, ist dies eine Ausnahmesituation. Sie erfordert viel Umsicht und Abwägung der Risiken. Wenn es keinen Betriebsrat gibt, der durch einen Sozialplan die Kernfragen klärt, bist du in dieser schwierigen Situation alleine unterwegs.

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Deshalb gibt es nur einen wichtigen Rat: Suche dir einen guten Anwalt, der im Arbeitsrecht fit ist.

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