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Offboarding: Wenn Mitarbeiter die Firma verlassen - wie ein guter Abschied gelingt


Autor: Joachim Tiefenthal

Deutschland, Freitag, 28. April 2023

In Zeiten von Führungskräftemangel fokussieren sich Unternehmen besonderes auf das Recruiting neuer Mitarbeiter*innen. Aber was passiert, wenn sich die Wege trennen? Dann ist Offboarding, die Kunst des guten Abschieds, gefragt.
Mit einem professionellen Offboarding verlassen Mitarbeitende die Firma auf Augenhöhe.


  • Onboarding und Offboarding – was ist der Unterschied?
  • Warum ein gutes Offboarding wichtig ist
  • Wie man einen wertschätzenden Offboarding-Prozess gestaltet
  • Vorteile von Offboarding-Prozessen
  • Fazit

Onboarding beschreibt einen professionellen Prozess mit Maßnahmen, der neuen Mitarbeiter*innen den Einstieg in den neuen Job und ins Unternehmen erleichtern soll. Ziel ist es, ab dem ersten Tag eine empathische und vertrauensbildende Arbeitsatmosphäre zu schaffen, in der sich die neu startenden Kolleg*innen wohlfühlen. Laut dem Magazin Human Resources wird unter Offboarding dagegen ein idealerweise ebenso professionell gestalteter Prozess verstanden, der dann in Gang kommt, wenn sich die Wege von Unternehmen und Mitarbeitenden trennen sollen.

Warum ein gutes Offboarding wichtig ist

Unternehmen lassen sich mittlerweile einiges einfallen, um junge Fachkräfte für sich zu gewinnen. Sie bieten attraktive Benefits (Jobtickets, Firmenfahrrad, kostenfreie Getränke und gesunde Snacks, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Mentorenprogramme) und investieren darüber hinaus immer häufiger auch in ungewöhnliche und innovative Recruiting-Events. Wenn es dann gelungen ist, die neuen Mitarbeitenden für das eigene Unternehmen zu gewinnen, gilt es im nächsten Schritt, sie mit einem Onboarding sowohl fachlich und sozial in die Firma zu integrieren. 

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Mit Offboarding sollte es umgekehrt jedoch für den Fall, dass ein Arbeitsverhältnis beendet werden soll, auch einen professionell organisierten Prozess geben. Natürlich gibt es für solche Trennungen unterschiedliche Gründe. Die Initiative dazu geht entweder von dir selbst aus, zum Beispiel wenn das Arbeitsklima schlecht ist, du unzufrieden mit den dir übertragenen Aufgaben bist oder keine Entwicklungsmöglichkeiten und Perspektiven siehst. Gerade Konflikte mit dem Vorgesetzten zählen zu den häufigen Trennungs- bzw. Kündigungsgründen, wie das Portal Business Wissen berichtet. Aus der Perspektive des Unternehmens können es Gründe sein, die sich z. B. auf eine zu geringe Leistung, ein nicht zu tolerierendes Fehlverhalten oder auf eine schlechte Geschäftsentwicklung beziehen, die Entlassungen notwendig machen. Letztlich kann es schlicht das Erreichen der Altersgrenze und der Übergang in die Rente sein, die ein Arbeitsverhältnis beenden.

In eher seltenen Fällen wird die vorzeitige Beendigung eines Arbeitsverhältnisses beidseitig gewünscht und verläuft daher oft weniger harmonisch und nur selten konflikt- und emotionsfrei. Von daher fällt ein professionell gestalteter Abschied meist schwer. Dennoch, unabhängig von den Gründen, die zur Entscheidung einer Trennung geführt haben, liegt im Offboarding für beide Seiten die letztmalige Möglichkeit, zum Ende hin, gegenseitig einen guten Eindruck zu hinterlassen. Abgesehen von dem bekannten Spruch, sich im Leben immer zweimal zu begegnen, bietet das Offboarding die Gelegenheit, sich respektvoll und auf Augenhöhe voneinander zu verabschieden. Verlangt es auch beiderseits viel ab, so sollte der Arbeitgeber bedenken, dass scheidende Mitarbeitende durchaus als künftige Multiplikatoren und Botschafter auf das Image des Unternehmens Einfluss nehmen können. Umgekehrt sollten sich die verabschiedeten Mitarbeiter*innen bewusst machen, dass üble Nachrede und böses Nachtreten weder beim alten noch beim neuen Arbeitgeber gut ankommen. Gerade wenn dies freimütig in den sozialen Medien zum Besten gegeben wird, kann das die Chancen für künftige Jobchancen deutlich senken und gegebenenfalls ein gerade neu begonnenes Arbeitsverhältnis belasten.

Wie man einen wertschätzenden Offboarding-Prozess gestaltet

Beim Offboarding ist das Ziel, den Abschied zwischen Mitarbeitenden und Unternehmen positiv und in einer gegenseitig wertschätzenden Atmosphäre zu gestalten. Denn für beide Seiten gilt: Es zählt nicht nur der erste, sondern immer auch der letzte Eindruck. Bei der Gestaltung eines professionellen und wertschätzenden Offboarding-Prozesses sollten die rein organisatorische und die sozio-emotionale Perspektive beachtet werden. Zur Gestaltung eines Offboarding-Prozesses kann eine Checkliste hilfreich sein, auf die man im Fall der Fälle immer wieder zurückgreifen kann. Empfehlenswert ist, eine solche Checkliste anlassbezogen und auf unterschiedliche Kündigungsformen bzw. Ausstiegsszenarien anzupassen. Wenn auch bestimmte Schritte in einem Offboarding-Prozess notwendigerweise gleich bleiben, so werden sich die Vorgehensweisen im Detail schon darin unterschieden, ob es sich um ordentliche, betriebsbedingte oder fristlose Kündigungen handelt. Selbst beim altersbedingten Ausscheiden (Erreichen des Renteneintrittsalters) stellt eine wertschätzende Verabschiedung einen insbesondere von der Belegschaft beachteten Aspekt im Rahmen von Offboarding dar.  

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Beim organisatorischen Vorgang sind außer dem direkten Vorgesetzten in erster Linie das Personalmanagement, die Buchhaltung und die IT involviert. Neben einer ordnungsgemäßen Kündigung, bei der Schriftform und Fristen gewahrt werden müssen, sowie einem konstruktiven Kündigungsgespräch (z. B. in Form eines Austrittsinterviews), sind es hier vor allem Vorgänge wie die Rückgabe von Schlüsseln, Ausweisen, Zugangsdaten (Token), Firmenwagen, Laptop und Smartphone. Hierzu gehören auch die Gestaltung des Arbeitszeugnisses und die abschließenden Regelungen zu Resturlaub und eventuellen finanziellen Ansprüchen. Letztlich sollte in dem Zusammenhang auch eine gemeinsame Übereinkunft über die Kommunikation der Trennung (intern wie extern) sowie die Form der Verabschiedung getroffen werden.

Aus sozio-emotionaler Sicht stehen die persönlichen Beziehungen im Blickpunkt, die scheidende Mitarbeitende zum Unternehmen und vor allem zu den Kolleginnen und Kollegen pflegen bzw. gepflegt haben. Da es sich beim Offboarding um einen Prozess handelt, muss die Zeit zwischen der ausgesprochenen Kündigung und dem letzten Arbeitstag entsprechend gestaltet werden. Das erfordert Transparenz, Offenheit und Ehrlichkeit – sowohl vom Unternehmen bzw. Vorgesetzten als auch von den ausscheidenden Mitarbeitenden. An der Stelle ist der Kündigungsgrund sicher maßgeblich für die Art und Weise des Ablaufs. Bei einem Auseinandergehen im Unfrieden wird nicht selten eine sofortige Freistellung ausgesprochen. Damit werden ad hoc alle bestehenden Beziehungen gekappt und die Betroffenen müssen das Unternehmen i. d. R. sofort verlassen. Die noch notwendigen formal-organisatorischen Angelegenheiten werden entweder noch vor Ort oder zu einem späteren festen Termin vereinbart. In dem Fall erfolgen meist auch keine Gespräche mehr über den Austritt oder gar eine offizielle Verabschiedung. Ebenso entfallen Übergabe und Dokumentation von Aufgaben, Projekten und Know-how. Gelingt dagegen ein gegenseitig wertschätzender Abschied, können Abschlussgespräche, Übergaben und die Rückgabe von Equipment in Ruhe erfolgen. Zuletzt kann sogar eine feierliche Verabschiedung geplant werden, die ihren Abschluss im finalen Gang durch die Tür findet. Je nach Situation und Grund für das Verlassen der Firma können zum Erhalt eines beidseitig gewünschten Kontakts Verbindungen in sozialen Netzwerken oder regelmäßige Einladungen zu künftigen Veranstaltungen des Unternehmens vereinbart werden. Eine Trennung im Guten hält die Chancen offen, zu einem späteren Zeitpunkt wieder zusammenzufinden. Auch auf diese Option können sich Unternehmen und scheidende Mitarbeitende im Rahmen eines Offboardings verständigen.

Vorteile von Offboarding-Prozessen

Verlassen Mitarbeitende das Unternehmen unfreiwillig und im Unfrieden, besteht meist ein besonders hohes Konfliktpotenzial. Hier kann sich ein professionelles Offboarding, beispielsweise in der Form einer Orientierungs- und Outplacement-Beratung, vollziehen. Dies trägt u. a. dazu bei, dass eine beide Seiten belastende juristische Auseinandersetzung vor Gericht vermieden wird.

Der Aufwand zur Gestaltung eines Offboarding-Prozesses lohnt durchaus. Neben der Tatsache einer hohen Professionalisierung dokumentiert das Unternehmen Anstand und Wertschätzung. Damit ist es ein Vorbild nach innen und außen, mit dem sich ggf. ungewollte Fluktuationen vermeiden oder zumindest senken lassen.

Zudem werden potenzielle Bewerber auf aktuelle oder künftig offene Stellen nicht abgeschreckt. Denn ehemalige Mitarbeitende sind nach ihrem Weggang, trotz arbeitsrechtlicher Verschwiegenheitsklauseln, immer noch Botschafter des Unternehmens – positiv wie negativ. Bei einem Ausscheiden auf Augenhöhe, unabhängig von den Trennungsgründen, sind die betroffenen Mitarbeitenden auch eher noch dazu bereit, eine saubere Übergabe und Dokumentation sicherzustellen. Idealerweise können entsprechende Übergabeprotokolle digital hinterlegt werden, sodass dies das Onboarding eines etwaigen Nachfolgers bzw. einer Nachfolgerin erheblich erleichtert.

Fazit

Mit einem Offboarding-Prozess gestalten Unternehmen und Mitarbeitende eine bevorstehende Trennung. Offboarding stellt damit einen professionellen Umgang mit der realistischen Situation dar, dass Mitarbeitende die Firma nach einer langen oder auch nur kurzen Zeit der Zusammenarbeit wieder verlassen. Selbst wenn die jeweils individuelle Situation und der jeweilige Grund für das Ausscheiden entscheidend dafür sind, in welcher emotionalen Verfassung das Offboarding vollzogen wird, so sollte es ein Anspruch beider Seiten sein, der Situation reflektiert und konstruktiv zu begegnen.