Bayerisches Handwerk fordert Renten-Hammer
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Donnerstag, 18. Sept. 2025
Das bayerische Handwerk ist unzufrieden mit der Bundesregierung. Tief sitzt der Frust über die Strompreissenkung nur für die Industrie.
- Warum hat die ausgebliebene Senkung der Stromsteuer die Handwerksbetriebe verärgert?
- Wie groß ist die Wut bei den Handwerksbetrieben?
- Unterschiedliche Positionen: Rente erst mit 70 oder gar mit 75 Jahren?
- Kommt das Sofortprogramm zum Abbau von Berichtspflichten und Nachweisen?
Die bayerischen Handwerksbetriebe sind sauer auf Bundeskanzler Friedrich Merz und sein Regierungsteam. Nach 100 Tagen im Amt kritisieren die Präsidenten des Handwerks, Franz Xaver Peteranderl, Chef des bayerischen Handwerkstages (BHT) und Jörg Dittrich, Chef des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), die Bundesregierung massiv. Vor allem die versprochene, aber nicht umgesetzte, Senkung der Stromsteuer, verärgert das Handwerk. Allerdings: Bei der Anhebung des Renteneintrittsalters auf 70 oder gar 75 Jahre ist es aus mit der Einigkeit.
Warum hat die ausgebliebene Senkung der Stromsteuer die Handwerksbetriebe verärgert?
Maßlos enttäuscht zeigte sich der BHT-Präsident Franz Xaver Peteranderl vor allem darüber, dass die Bundesregierung die für die Handwerksbetriebe versprochene Senkung der Stromsteuer wieder einkassiert hat. "Hier wurde unnötig Vertrauen zerstört. Die Handwerksbetriebe hatten sich darauf verlassen, in der schwierigen wirtschaftlichen Lage mit international wettbewerbsfähigen Energiekosten planen zu können. Verlässlichkeit ist gerade in Zeiten wie diesen besonders wichtig und die Grundlage für Investitionen."
Viel Porzellan hat die Bundesregierung damit zerschlagen, dass sie die Stromsteuer nur für große Industriekonzerne senkt, nicht aber für kleine Betriebe. Energieintensive Handwerke, wie z. B. Bäckereien, KFZ-Betriebe, Metallhandwerker, Friseure oder Textilreinigungen bräuchten ebenso bezahlbare Energie, wie industriell geprägte Großunternehmen.
Peteranderl: "Nur einzelne Teile der Wirtschaft zu entlasten, ist ungerecht und verzerrt den Wettbewerb. Das bayerische Handwerk fordert die Bundesregierung daher auf, ihre Entscheidung zu korrigieren und alle unsere Gewerke bei der Strompreiskompensation zu berücksichtigen." Schließlich hätten die Handwerker auf diese Zusage vertraut und sie bei ihren Planungen einbezogen "und darauf basierend unternehmerische Entscheidungen getroffen", ergänzt ZDH-Präsident Dittrich auf der Nachrichtenseite handwerk.com.
Wie groß ist die Wut bei den Handwerksbetrieben?
Die Stimmung im Handwerk scheint auf dem Nullpunkt angekommen zu sein. Nach der Entscheidung des Koalitionsausschusses, die Stromsteuer für alle vorerst nicht abzusenken, hat das Handwerk der Bundesregierung sogar Wortbruch vorgeworfen. "Es gibt Wut bei vielen Leuten. Ich bekomme viele Anrufe dazu", sagte Dittrich im Interview mit der Bild-Zeitung, das der ZDH veröffentlichte.
Frank Hüpers, Hauptgeschäftsführer des Bayerischen Handwerkstags (BHT), relativiert im Gespräch mit BR2, allerdings die Aussage des Präsidenten, dass die Wut groß sei. Vereinzelt möge es schon Wut geben, aber pauschal könne er davon nicht berichten. Trotzdem fasst ZDH-Präsident Dittrich fasst seine Kritik in einem plakativen Bild so zusammen: "Wir sitzen in einem Schiff, das am Rumpf ein Leck hat. Wenn wir dieses nicht bald abdichten, wird der Kahn komplett untergehen."