Aus für die Amazon-VISA-Karte: Achtung, Abzocke - die neue Karte lässt dich richtig bluten - ein Kommentar
Autor: Rupert Mattgey
Deutschland, Montag, 31. Juli 2023
Die bisherige Amazon-VISA-Karte der Landesbank Berlin wird von Amazon eingestellt. Der angebotene Ersatz für die Karte ist allerdings mehr als zweifelhaft. In einer diesbezüglichen Mail können sich Kunden für eine neue VISA-Karte entscheiden - interessanterweise auch von der Landesbank Berlin. Die Konditionen sind fragwürdig - wir warnen vor der Abzocke. Ein Kommentar.
Amazon.de und die Landesbank Berlin AG stellen ihre Zusammenarbeit bei der Amazon-VISA-Karte ein. Das verkündet Amazon in einer Mail, die nun - zwei Jahre, nachdem das bevorstehende Ende der Kooperation zum ersten Mal kommuniziert wurde - nach und nach an alle Amazon-Kartenbesitzer geschickt wird.
Ich habe die Mail vorgestern bekommen und war entsetzt: Die Konditionen sind so schlecht, dass man sich ernsthaft fragt, ob die Kunden gezielt von der Bestellung der neuen Karte abgehalten werden sollen.
Warnung vor der neuen VISA-Karte der Landesbank Berlin
In der Amazon-Mail wird Kunden dargelegt, dass ihre Amazon-VISA-Karte Ende September 2023 Geschichte sein wird. Wer nichts unternimmt, ist die Karte nach dem 30.9. automatisch los. So weit, so schade, denn die Amazon-VISA-Karte war enorm lukrativ. Für jeden Einkauf erhielt man Amazon-Punkte, die man sammeln und in Form von Bargeld für den nächsten Einkauf einlösen konnte, ähnlich wie Payback also. Die Zahlung konnte man ganz individuell einstellen, also entweder als 100-prozentige Vollzahlung jeden Monat oder als Teilzahlung, für die entsprechende Zinsen anfielen. Zudem kostete die Karte für Prime-Kunden keinerlei Gebühr.
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Die neue VISA-Karte kommt ebenfalls von der Landesbank Berlin: „Die Visa Card Extra wird ausschließlich von der Berliner Sparkasse, einer Niederlassung der Landesbank Berlin AG, ausgegeben und verwaltet. Die Karte und die damit einhergehenden geänderten Vertragsbedingungen stehen dann nicht länger in Verbindung mit Amazon.“ Amazon ist also raus aus der Nummer, wie der zuletzt zitierte Satz deutlich macht, und dafür scheint es einen - oder besser gesagt gleich mehrere - triftige Gründe zu geben: Die Konditionen der neuen VISA-Karte sind, verglichen mit denen der alten, eine Frechheit. Das Wichtigste im Überblick:
- Es sind keine Vollzahlungen des Rechnungsbetrages mehr möglich. „Das neue Kartenkonto wird als sogenanntes Teilzahlungskonto geführt, unabhängig davon, ob Sie diese Option bislang genutzt haben.“
- Und genau hier wird es richtig teuer: „Die Rückzahlung des monatlich offenen Rechnungsbetrags kann in festen oder prozentualen Raten erfolgen. Die Raten müssen mindestens 5 % des Gesamtrechnungsbetrags, jedoch nicht weniger als 50,00 € betragen. Eine Änderung der Rate ist jederzeit möglich, jedoch nur bis zur Höchstrate von 50 % bzw. 500 €.“
- Im Klartext: Wenn deine Rechnung 1000 Euro beträgt, darfst du maximal 50 Prozent davon direkt bezahlen, also höchstens 500 Euro (auch bei höheren Beträgen maximal 500 Euro). Den Rest musst du abstottern – und darauf fallen enorme Zinsen an! Wenn du im nächsten Monat wieder für 1000 Euro einkaufst und wieder nur 500 Euro abbezahlen kannst, summiert sich der Restbetrag, auf den die hohen Zinsen anfallen – das wird schnell unübersichtlich und geht richtig ins Geld.
- Wie hoch sind die Zinsen? „Der Zinssatz orientiert sich zukünftig an einem von der Deutschen Bundesbank ermittelten marktüblichen Zinssatz (Referenzzinssatz), der auf der Website der Deutschen Bundesbank eingesehen werden kann, zuzüglich eines Aufschlags von 14 Prozentpunkten.“ Das heißt: Zum aktuellen Zeitpunkt (Stand: 27.7.2023) läge der Zinssatz bei insgesamt 17,02 % pro Jahr nominal und 18,41 % effektivem Jahreszins.
- Zur Orientierung: Der durchschnittliche Zinssatz bei Kreditkarten in Deutschland liegt aktuell zwischen 12 und 20 Prozent.
- Das Bonusprogramm wurde modifiziert: Bis zum 26.03.2024 kannst du noch Amazon-Punkte sammeln und einlösen. Vorhandene Punkte verfallen am 27.03.2024.
- Gibt es danach noch Cashback in vergleichbarer Höhe? Nein. „Ab dem 27.03.2024 erhalten Sie für jeden Einkauf mit der neuen Visa Card Extra 0,75 % Cashback auf bis zu 5.000,00 € Umsatz pro Kalenderjahr (entspricht max. 37,50 € pro Jahr).“
- Für die neue VISA-Karte wird eine jährliche Gebühr fällig. „Der Kartenpreis der Visa Card Extra beträgt 19,99 € pro Jahr.“ Und das gilt auch für Prime-Kunden, die bislang die Amazon-VISA-Karte kostenlos nutzen konnten.
- Für die Visa Card Extra wird keine Partnerkarte ausgestellt.
Schade um die Amazon-Punkte! Schade um die guten Konditionen!
Unterm Strich bleiben deutlich schlechtere Konditionen als mit der bisherigen Amazon-VISA-Karte. Kunden sollten sich gut überlegen, ob sie den Nachfolger „Visa Card Extra“ der Landesbank Berlin tatsächlich nutzen möchten - auf dem Markt gibt es weitaus bessere Angebote. „Nachfolger“ ist in diesem Kontext ein schwieriger Begriff, denn Amazon hat nichts mehr mit dem Angebot zu tun. Warum dieses den Kunden in der Kündigungs-Mail der Amazon-VISA-Karte überhaupt schmackhaft gemacht wird, sei dahingestellt. Vermutlich war der Deal mit der Landesbank Berlin anders nicht aufzulösen (aber das ist pure Spekulation).
Als langjähriger Nutzer der Amazon-VISA-Karte bin ich schwer enttäuscht von diesem „Angebot“. Für mich kommt es nicht einmal ansatzweise in Betracht, mir die „Visa Card Extra“ zuzulegen. Ich werde mir eine andere Kreditkarte holen. Schade um die schönen Amazon-Punkte! Schade um die guten Konditionen! Es bleibt zu hoffen, dass Amazon bald einen neuen Partner für die Amazon-Kreditkarte findet, der Besseres zu bieten hat.