Wirklich krank: Darf der Chef Kontrollbesuche bei Krankschreibung machen?
Autor: Klaus Heimann
Deutschland, Samstag, 12. Oktober 2024
Darf der Arbeitgeber Kontrollbesuche bei krankgeschriebenen Mitarbeitenden machen? Diese Frage beschäftigt die Arbeitswelt, seitdem Manager des Tesla-Werks in Grünheide 30 Kontrollbesuche ansetzten. War das überhaupt zulässig?
- Der Fall Tesla
- Arbeitsrechtler sind bei Hausbesuchen skeptisch
- Bei Krankheit gibt es klare Regeln
- Was können Arbeitgeber tun, um sich vor Blaumachen zu schützen?
- Welche Rolle spielt der Medizinische Dienst der Krankenkassen?
Ob ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin wirklich krank ist oder nur "blau macht", ist häufig schwer zu beurteilen. Gerade wenn Beschäftigte häufig rund um das Wochenende krank sind, kann das den ein oder anderen Arbeitgebenden stutzig machen. Aber darf er deshalb Kontrollbesuche in der Wohnung der Mitarbeitenden beauftragen? Arbeitsrechtler sind sich da ziemlich einig.
Der Fall Tesla
Im Tesla-Werk in Brandenburg (12.000 Beschäftigte) ist der Krankenstand, nach Angaben der Werksleitung, mit 17 % dreimal so hoch wie im Durchschnitt in der Autoindustrie. Konkret waren im August 2024 rund 2.000 Mitarbeiter krank. Auffällig viele Krankheitstage gab es an Freitagen und an Montagen. Das veranlasste die Geschäftsführung dazu, 30 Kontrollbesuche direkt bei den Mitarbeitenden zu Hause zu machen. Darüber berichtete als Erstes das Handelsblatt. Der Wirtschaftszeitung war ein Mitschnitt von einer Betriebsversammlung bei Tesla zugespielt worden.
Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden informiert regelmäßig über den Krankenstand. 2023 waren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Deutschland durchschnittlich 15,1 Arbeitstage krankgemeldet. Der Anstieg gegenüber 2021 (plus vier Krankheitstage) dürfte unter anderem auf das Aufkommen von Grippe- und Erkältungswellen zurückzuführen sein. Bei der Berechnung sind nur Krankmeldungen erfasst, die eine Abwesenheitsdauer von drei Tagen überschreiten. Die Zahl der Krankheitstage dürfte also faktisch höher liegen.
In Deutschland besteht im Krankheitsfall ein Anspruch auf Lohnfortzahlung in voller Höhe durch den Arbeitgebenden. Dieser Anspruch gilt in der Regel für maximal sechs Wochen pro Jahr. Danach zahlen die Krankenkassen Krankengeld.
Arbeitsrechtler sind bei Hausbesuchen skeptisch
Arbeitsreglerinnen und Arbeitsrechtler sind sich einig, unangekündigte Hausbesuche bei kranken Mitarbeitenden sind möglich, aber nur in Ausnahmefällen. Im Ergebnis bleiben sie ohne verwertbare Erkenntnisse. Und es muss in jedem Fall ein berechtigtes Interesse bestehen. Mareike Curtze, Fachanwältin für Arbeitsrecht aus Hamburg, beschreibt im Deutschlandfunk den Fall, wann der Arbeitgebende ein berechtigtes Interesse hat, zu Hause auf der Matte zu stehen.
"Wenn der Arbeitgeber einen begründeten Verdacht hat, dass die Krankheit nur vorgetäuscht ist, darf er vorbeikommen." Ein solcher Verdacht könnte etwa entstehen, wenn sich jemand regelmäßig an Montagen oder Freitagen krankmeldet. Nicole Mutschke, Fachanwältin für Arbeitsrecht in Bielefeld, ergänzt gegenüber Bild.de: "Grundsätzlich dürfen Arbeitgeber Hausbesuche im Krankheitsfall machen oder den Mitarbeiter auch anrufen".