So wichtig sind Momente der Stille für unser Gehirn
Autor: Susy Bergmann
Deutschland, Donnerstag, 01. Februar 2024
Hirnforscher haben den Nutzen der Stille entdeckt. Sie ist gut für dein Gehirn und deine Gesundheit. So profitierst du von lärmfreien Augenblicken.
- Lärm macht krank
- Urlaub für Körper und Gehirn
- Unerträgliche Ruhe?
- Tipps für mehr stille Momente in deinem Leben
- Fazit: Stille tut gut
Wann hast du das letzte Mal Stille erlebt? Einen Moment der Ruhe, ohne Beschäftigung, Musik oder Handy? Der moderne Alltag ist laut. Auch in ihrer Freizeit erleben die meisten Menschen kaum Stille. Doch Lärm kann krank machen. Ruhe dagegen ist gut für das Gehirn, wie immer mehr Studien zeigen.
Lärm macht krank
Im Alltag bist du ständig von Lärm umgeben. Unterwegs: Hintergrundmusik beim Einkaufen oder in Fahrstühlen, ständige Durchsagen auf Bahnhöfen, Autos, Züge, Flugzeuge, Baustellen. Im Großraumbüro: Stimmengewirr, Drucker, Telefon. Zu Hause: Nachbarn, brummende Elektrogeräte, Laubbläser, Rasenmäher, Fernseher. Und allgegenwärtig, immer und überall: eigene und fremde Handysignale. Lärm ist dabei übrigens nicht immer laut. Auch monotone und ständig wiederkehrende leisere Geräusche können belastend sein.
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Du nimmst Lärm oft nicht bewusst wahr, weil du daran gewöhnt bist. Trotzdem ist eine ständige Geräuschkulisse nicht gesund. Lärm gilt heute als eine Form von Umweltverschmutzung. Die Weltgesundheitsorganisation WHO errechnete 2011, dass allen Europäern jährlich mindestens eine Million gesunde Lebensjahre durch Lärm geraubt würden. Es gilt als erwiesen, dass Lärm auf Dauer krank machen kann. So belegen zahlreiche Studien den Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Dauerlärm an Flughäfen oder Autobahnen. Eine Studie von Professor Gary W. Evans von der Cornell University untersuchte die Auswirkungen von Flughafenlärm auf Schulkinder und fand Effekte auf die Lern- und Denkleistung.
Dein Gehirn reagiert immer sofort auf Geräusche, sogar wenn du schläfst. Lärm wird als Gefahr eingestuft und Stresshormone wie Adrenalin und Cortisol werden ausgeschüttet. Eine dauerhafte Geräuschkulisse versetzt den Körper in Dauerstress. Du bist dann innerlich ständig in Alarmbereitschaft und dein Körper kommt nicht zur Ruhe. Stressbedingte Krankheiten und Gesundheitsprobleme können die Folge sein. Dazu gehören Konzentrations- und Schlafstörungen, Depressionen, aber auch Bluthochdruck, Herzinfarkt, Schlaganfall und vieles mehr.
Urlaub für Körper und Gehirn
Stille reduziert den Stress und du kannst entspannen. Forscher haben festgestellt, wie gut uns Momente der Stille tun. Sie senken beispielsweise den Blutdruck. Hirnforscher Luciano Bernardi und sein Team von der Universität Pavia in Italien entdeckten das zufällig. Eigentlich untersuchten sie, welche Arten von Musik unserem Herz-Kreislauf-System guttun. Sie spielten Versuchspersonen Musikstücke in verschiedenen Stilen vor und maßen dann Atmung, Blutdruck und Herzschlag. Dann entdeckten sie, dass die Werte in den zweiminütigen Pausen zwischen der Musik stärker sanken, teilweise sogar unter die Ausgangswerte. Die Stille entspannte mehr als jede Art von Musik. Und: Die vorhergehende Musik schien die Wirkung der Stille zu verstärken.
Stille bedeutet nicht nur für deinen Körper Erholung, sondern auch für dein Gehirn. Du entspannst vielleicht gerne beim Fernsehen oder Musikhören. Doch auch das sind Reize für dein Gehirn. Bist du dauerhaft vielen verschiedenen Reizen ausgesetzt, ist dein Gehirn irgendwann müde. In völlig ruhigen Momenten aber, wenn keine äußeren Reize auf dich einwirken, wird ein Netzwerk aus vier neuronalen Schaltstellen im Gehirn aktiv. Forscher nennen es "Default Mode Network" (Ruhezustandsnetzwerk). Verschiedene Studien beweisen, dass bei einem aktiven "Default Mode Network" im Hintergrund Informationen ausgewertet und gesammelt werden. So entstehen neue Verknüpfungen. Das hilft, kreativ zu sein und Problemlösungen zu finden. Viele kreative Köpfe schwören auf die Methode des "geistigen Leerlaufs" zur Inspiration.