Skin Picking Disorder: Was dahinter steckt und was Betroffene tun können

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Die Haut von Betroffenen leidet oft unter den Konsequenzen des Skin Picking.
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Vadym Drobot/Colourbox.de

An der eigenen Haut zupfen, drücken oder kratzen – grundsätzlich ein ganz normales Verhalten. Wird dies jedoch unkontrollierbar, kann eine Skin Picking Disorder dahinter stecken.

Im Gesicht oder anderen Hautpartien hat sicher jede*r von uns schon einmal herumgedrückt oder gekratzt. Das Knibbeln, Pulen, Drücken und Bearbeiten der Haut kann jedoch auch zu einem Zwang werden. In diesem Fall spricht man von einer Skin Picking Disorder. Wir verraten dir, was dahinter steckt und wie sich die Erkrankung äußert.

Skin Picking Disorder: Grundlagen und zuständige Anlaufstelle

Der Begriff "Skin Picking Disorder" stammt aus dem Englischen und setzt sich aus den Wörtern "skin", also Haut, "picking", das Kratzen, und "disorder", was Störung bedeutet, zusammen. Im medizinischen Sinne wird die psychische Erkrankung auch Dermatillomanie genannt. Von einer Skin Picking Disorder spricht man dann, wenn die betroffene Person einen zwanghaften Drang dazu verspürt, die eigene Haut immer wieder zu berühren, zu kratzen oder zu quetschen.

Durch das permanente Skin Picking können Hautveränderungen entstehen, die in der Regel den Grund für einen ersten Besuch in einer dermatologischen Praxis darstellen. Dazu gehören unter anderem Krusten, juckende Knötchen, Infektionen oder Narben. Die Dermatolog*innen können zwar Hilfe gegen die Auswirkungen auf der Haut in Form von Cremes oder Medikamenten leisten, jedoch nicht das eigentliche Problem lösen. Denn bei dem Skin Picking handelt es sich um eine psychische Erkrankung.

Sicherlich kann es einige Fälle geben, bei denen tatsächlich eine klassische Hautkrankheit das Skin Picking verursacht. Eine dermatologische Fachkraft kann in der Regel schnell einschätzen, ob eine Hautkrankheit vorliegt oder nicht. Steckt jedoch eine psychische Ursache hinter dem zwanghafte Knibbeln an der Haut, wird dich die Dermatologie vermutlich an eine psychotherapeutische Praxis weiterleiten. Wichtig ist, dass du dich als Betroffene*r dem hautärztlichen Personal anvertraust und reflektierst, ob die Hautveränderungen durch dein eigenes Verhalten zustande gekommen sind. 

Häufigkeit und Symptome: Ein Überblick

Wie häufig die Skin Picking Disorder vorkommt, unterscheidet sich von Studie zu Studie. Wie die Barmer Krankenkasse offenlegt, kann man von einer Anzahl von 1,4 bis 5,2 Prozent der Deutschen ausgehen, die einmal im Leben unter der Erkrankung leiden. In den meisten Fällen beginnt das Skin Picking im Jugendalter; es kann jedoch auch in höherem Alter beginnen. Meist sind es Frauen, die von der psychischen Erkrankung betroffen sind.

Als Betroffene*r ist es nicht immer leicht, ehrlich zu sich selbst zu sein. Damit du Hilfe bekommen kannst, ist dies jedoch sehr wichtig. Beobachte dich und frage dich selbst: Kann ich meine Haut im Gesicht, an den Fingern, Armen oder Beinen in Ruhe lassen? Das Skin Picking kann dabei nicht nur mit den eigenen Händen geschehen, sondern auch mithilfe von Pinzetten, Nadeln, Zähnen oder Hautscheren. Die Intensität und der Ablauf des Skin Pickings können sich von Person zu Person stark unterscheiden.

Für Betroffene fühlt sich der Moment des Skin Pickings so an, als sei man in einer Trance gefangen. Eine gewisse seelische Spannung wird durch das Zupfen, Knibbeln und Drücken abgebaut. Dem Skin Picking geht also oft eine Art Anspannung oder Angst voraus. Versuche auch hier, offen zu dir zu sein und dich zu fragen: Verursachst du Schmerzen bei dir? Schämst du dich vor anderen aufgrund des Skin Pickings? Machst du dir Vorwürfe und ziehst dich sozial zurück? Versuchst du bereits aufzuhören, schaffst es aber nicht? Beantwortest du alle oder einige dieser Fragen mit einem "ja", könnte dies ein Hinweis auf eine Skin Picking Disorder sein. Eine genaue Diagnose muss jedoch immer über medizinisches Fachpersonal erfolgen. Auch, wenn es eine Menge Überwindung kostet, solltest du dir in jedem Fall Hilfe holen. Expert*innen sind genau für solche Fälle da, helfen dir gerne und werden dich ganz sicher nicht verurteilen. Traust du dich nicht alleine, in eine Praxis zu gehen, können dich vielleicht Verwandte oder Freude unterstützen.

Diagnose und Therapie

Damit der oder die Psychotherapeut*in eine Diagnose stellen kann, werden dir zunächst verschiedene Fragen gestellt. Dazu kann gehören:

  • Wie regelmäßig und wie lange findet das Skin Picking statt?
  • Wie tief sind Wunden und wie bleibend die Narben?
  • Wie massiv sind die dadurch entstehenden negativen Gefühle?
  • Welche Konsequenzen wie sozialer Rückzug oder berufliche Probleme hat das Knibbeln?

Der Weg aus dem Skin Picking ist sicherlich kein leichter. Therapeut*innen können dir jedoch bei den ersten Schritten aus der Erkrankung helfen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Selbsthilfegruppen, in denen du dich mit anderen Betroffenen austauschen und Erfahrungen teilen kannst. Online kannst du sicher auch eine Gruppe in deiner Nähe finden.

Inhalt des therapeutischen Ansatzes ist typischerweise eine kognitive Verhaltenstherapie. Dies bedeutet, dass die Selbstbeobachtung im Zentrum steht und Gewohnheiten, in diesem Fall das Skin Picking, durch etwas anderes ersetzt werden soll. Dies kann beispielsweise das Ballen der Fäuste oder das Setzen auf die Hände sein. Betroffene lernen in der Therapie außerdem, wie sie ihre Emotionen auf eine andere Weise regulieren und mehr Selbstvertrauen aufbauen können und sich selbst besser zu akzeptieren. Als Resultat soll der Drang zum Skin Picking verringert werden beziehungsweise vollkommen verhindert. In einigen Therapien wird ergänzend mit Entspannungsverfahren gearbeitet, wie zum Beispiel mit progressiver Muskelentspannung oder autogenem Training. Auch hierdurch soll der Drang zum selbstverletzenden Verhalten abgebaut werden.

Fazit

Die Skin Picking Disorder variiert von Person zu Person hinsichtlich ihrer Intensität. Betroffene sollten versuchen, ehrlich zu sich zu sein und Hilfsangebote wahrzunehmen. In der Regel beginnt der Heilungsweg in der Dermatologie und führt zu einer psychotherapeutischen Diagnose. Die anschließende Behandlung ist speziell auf deine Bedürfnisse und Symptome zugeschnitten. Wie lange eine solche Therapie andauert, hängt immer vom Individualfall ab.