Dating-Burnout: So schaden Online-Partnerbörsen deiner Psyche
Autor: Strahinja Bućan, Agentur dpa
Deutschland, Montag, 23. Sept. 2024
Immer mehr Menschen nutzen Apps, um den idealen Partner zu finden. Doch das hat auch seine Tücken. Internationale Forscher haben festgestellt, dass sich Online-Dating negativ auf die Psyche auswirken kann.
Die Finger gleiten über das Smartphone, die Dating-App wird geöffnet und ein fremdes Gesicht erscheint auf dem Bildschirm. Sekunden später fällt eine Entscheidung – gefällt mir diese Person oder nicht? Die Suche nach der Liebe per Mausklick ist längst Alltag.
Eine beliebte Methode: Online-Dating, das sich in den letzten Jahren fest etabliert hat. Laut einer Umfrage des IT-Branchenverbands Bitkom aus dem Jahr 2022 haben bereits 20 Millionen Deutsche Dienste wie Tinder, Parship oder Bumble genutzt. Etwa 60 Prozent dieser Nutzer haben darüber eine oder mehrere feste Beziehungen gefunden. Die Umfrage von Bitkom Research umfasste 1.005 Personen ab 16 Jahren aus Deutschland.
Liebe per Mausklick - Online-Dating mit unterschätztem Stress-Potenzial
Vor allem junge Menschen sehen sich bei der Partnersuche im Internet oft mit Unsicherheiten konfrontiert. Eine Studie aus Indien, die bei einer Konferenz in Prag vorgestellt wurde, enthüllte, dass mehr als die Hälfte der befragten 18- bis 30-Jährigen sich bei der Suche nach einem Partner verwirrt fühlt – besonders Frauen.
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Die Ursachen dafür sind vielfältig, meinen die Forscher. Bearbeitete Fotos und die schiere Anzahl an Möglichkeiten im Internet setzen viele unter Druck. Der tägliche Kontakt mit manipulierten Bildern hebt die Erwartungen an mögliche Partner. Zudem trägt die Vielzahl an Optionen in Dating-Apps und sozialen Medien dazu bei, so das Team um Chayan Munshi von der Ethophilia Research Foundation in Santiniketan. Die Forscher berichten außerdem, dass junge Menschen häufig sexuell stimulierende Inhalte in sozialen Medien sehen, was die Realität und die Erwartungen an potenzielle Partner verzerren kann.
Wera Aretz, Paartherapeutin und Psychologin an der Hochschule Fresenius in Köln, macht auf das Phänomen des Dating-Burnouts aufmerksam. Langanhaltender Stress und Frust beim Online-Dating können zu diesem psychosomatischen Syndrom führen, schreibt sie im Journal of Business and Media Psychology. Dating-Burnout ist zwar keine eigenständige Krankheit, äußert sich aber durch emotionale Erschöpfung, Zynismus und verminderte Leistungsfähigkeit. Laut Aretz sind schätzungsweise 14 Prozent der Nutzer von Dating-Plattformen betroffen.
Immer mehr Menschen verwirrt beim Online-Dating - zu viele Möglichkeiten?
Besonders riskant ist die Monotonie des ständigen Wischens auf dem Bildschirm, um interessante Personen zu finden. Manche verbringen Stunden damit, Profile zu lesen, dieselben Nachrichten zu verschicken und stehen letztlich ohne Date da. Auch Ghosting – das plötzliche Ignorieren oder Blockieren durch den Kommunikationspartner – stellt ein erhebliches Risiko dar und kann jeden treffen. Laut einer Studie sind besonders Menschen mit geringem Selbstwertgefühl oder Bindungsängsten anfällig für Dating-Burnout.
Jetzt Singles in deiner Region findenSozialpsychologin und Paartherapeutin Johanna Degen aus Flensburg kritisiert die Ungerechtigkeit im Online-Dating: "Online-Dating ist überhaupt nicht fair", sagt sie. "Online-Dating ist super sexistisch und diskriminierend. Sie sehen ja auf den Dating-Apps auch kaum Menschen mit Behinderung".