Depressionen durch Ungleichgewicht im Darm: Neuer hoffnungsvoller Therapieansatz
Autor: Kyrill Wunderlich
Shanghai, Donnerstag, 01. April 2021
Der Darm ist nicht nur für die Verdauung zuständig, sondern kann auch unsere Psyche stark beeinflussen. Der genaue Zusammenhang wird seit Jahren wissenschaftlich untersucht. Nun gibt es neue Erkenntnisse - und einen hoffnungsvollen Therapieansatz.
- Komplexes Zusammenspiel von Darmflora und menschlicher Psyche
- Wissenschaft untersucht Zusammenhänge
- Bakterienkur könnte depressive Störungen lindern
- Erste Untersuchungen laufen bereits
- Ernährung kann positiven Effekt auf Darm und Psyche haben
Depressionen zählen zu den häufigsten Krankheiten in Deutschland. Konkrete Ursachen sind häufig schwer auszumachen. Auch die medikamentöse Behandlung und Therapien gestalten sich oft schwierig, in einigen Fällen kann Vitamin B helfen.
Welchen Einfluss hat der Darm auf die Psyche?
In den vergangenen Jahren rückte zunehmend das Zusammenspiel des Darms und der menschlichen Psyche in den Fokus der Forschungen. Im Darm leben eine Vielzahl von Bakterien und Mikroben, die zusammengefasst als Mikrobiom bezeichnet werden. Gerät dieses Biom einmal in Schieflage, drohen unter anderem Verdauungsprobleme -einige Lebensmittel können dem allerdings entgegenwirken. Doch auch die menschliche Psyche leidet unter einer solchen Schieflage, wie Studien aus den letzten Jahren zeigen.
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In einer breit angelegten Studie aus Belgien, die in der Fachzeitschrift "Nature Microbiology" veröffentlicht wurde, untersuchten Forscher im Jahr 2019 den Zusammenhang von Mikrobiomen und psychischer Gesundheit und kamen dabei zu einem interessanten Ergebnis. "Die Wissenschaftler stellten fest, dass Bakterienarten der Gattungen Coporooccus und Dialister bei Personen mit Depressionen vermindert im Stuhl nachgewiesen wurden", berichtete der Bayerische Rundfunk damals. Die Gattungen Coprococcus und Dialister werden vom menschlichen Körper benötigt, um beispielsweise das Glückshormon Dopamin zu produzieren. Auch die Einnahme von Antidepressiva veränderte das Ergebnis nicht.
Unklar blieb allerdings, ob das Fehlen dieser beiden Bakterienarten zu einer Depression führt oder ob umgekehrt eine Depression das Mikrobiom beeinflusst. "Wenn das Fehlen von bestimmten Bakterien tatsächlich das Entstehen von Depressionen beeinflusst, dann könnte das neue Therapieansätze mit Probiotika eröffnen", schreibt das ORF.
Neue Studie: Darmflora bei Depressiven in Schieflage
Im vergangenen Jahr knüpfte eine Studie an die Befunde von 2019 an. Ein Forscherteam um Wissenschaftler Shaohua Hu von der Zhejang Universität in China untersuchte konkret die Wechselwirkungen von Mikrobiom im Darm und Depressionen. Dabei interessierten sich die Wissenschaftler vor allem für das Auftreten bestimmter Bakterienarten und Bakteriophagen.
Buchtipp: Darm mit Charme: Alles über ein unterschätztes OrganBei Patienten mit Depressionen fiel den Forschern auf, dass sich das allgemeine Gleichgewicht des Darm-Ökosystems in Schieflage geraten war: "Genauer gesagt das Miteinander von Bakteriophagen - das sind Viren, Bakterien und deren Stoffwechselprodukte. Das zeigt einmal mehr, dass die mentale Gesundheit und die des Darms zusammenhängen", zitiert Deutschlandfunk Shaohua Hu, den Autor der Studie. Die Ergebnisse wurden am 2. Dezember 2020 in der wissenschaftlichen Fachzeitschrift Science Advances veröffentlicht.