Das Couvade-Syndrom: Wenn Männer sich schwanger fühlen
Autor: Evelyn Isaak
Deutschland, Dienstag, 17. Oktober 2023
Ist die Frau schwanger, kann es sein, dass der Mann sich mit schwanger fühlt. In diesem Fall spricht man von dem Couvade-Syndrom. Wir verraten dir, was dahinter steckt.
- Wie äußert sich das Couvade-Syndrom?
- Welche Rolle spielen die Hormone?
- Tipps, um in die Vaterrolle hineinzufinden
Das Glück eines Paares soll mit Nachwuchs gekrönt werden – doch während der Schwangerschaft der Frau kann es passieren, dass die Veränderungen von Körper und Emotionen nicht nur sie betreffen. Fühlen sich Männer mit schwanger, sprechen Ärzt*innen von dem sogenannten Couvade-Syndrom. Doch was steckt dahinter? Und muss es behandelt werden?
Symptome des Couvade-Syndroms
Ist die Frau schwanger, kann es passieren, dass auch der Mann körperliche und emotionale Veränderungen bemerkt. Diese Veränderungen werden von Ärzt*innen unter dem Couvade-Syndrom zusammengefasst. Der Begriff "Couvade-Syndrom" hat seinen Ursprung in dem französischen Wort "couver". Dies bedeutet so viel wie "brüten" oder "umhegen". Die emotionalen und körperlichen Veränderungen, die Männer mit dem Couvade-Syndrom erleben, ähneln denen der Frau während der Schwangerschaft stark. Männer machen sich die Beschwerden allerdings kaum bewusst. Typische Beschwerden sind beispielsweise:
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- morgendliche Übelkeit
- Erbrechen
- Bauchschmerzen und Verdauungsprobleme
- Gewichtszunahme
- Schlafstörungen
- Stimmungsschwankungen und Reizbarkeit
- Rückenschmerzen
- Muskelverspannungen
- emotionale Belastungen, wie beispielsweise depressive Verstimmungen
Ein erstes, häufiges Anzeichen des Couvade-Syndroms ist die Gewichtszunahme. Bei Frauen ist eine deutliche Gewichtszunahme während der Schwangerschaft ganz natürlich. In der Regel bringen normal gewichtige Frauen am Ende der Schwangerschaft etwa 10 bis 16 kg mehr auf die Waage. Männer nehmen im Schnitt vier Kilo zu. Wolf Lütje, Frauenarzt und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe (DGPFG) e. V., sagt gegenüber der Barmer, dass der Mann seiner Partnerin durch die Gewichtszunahme zu verstehen gebe, dass er mit im Boot ist. Welche Symptome auftreten und wie stark sie sich äußern, ist von Mann zu Mann unterschiedlich.
Die Rolle der Hormone
Das Phänomen des "schwangeren" Mannes kann insbesondere im ersten und im letzten Schwangerschaftsdrittel auftreten. Wird das Baby geboren, verschwinden in der Regel alle Beschwerden. Ärzt*innen gingen lange davon aus, dass das Couvade-Syndrom ein rein psychologisches Phänomen sei. Allerdings konnte eine kanadische Studie zu hormonellen Veränderungen bei werdenden und frisch gebackenen Vätern aufzeigen, dass auch biologische Veränderungen eine Rolle spielen. Die Wissenschaftler*innen untersuchten bei insgesamt 34 Eltern den Hormonspiegel von Testosteron, Prolaktin und Kortisol. Der Hormonspiegel wurde vor und nach der Geburt beobachtet. Hier ein kurzer Überblick über die Hormone und die beobachteten Ergebnisse:
- Testosteron: Bei Testosteron handelt es sich um das wichtigste männliche Sexualhormon. Das Hormon wird laut der Barmer mit Attributen wie Aggression, Stärke und Potenz verbunden. In der Studie konnte beobachtet werden, dass der Testosteronspiegel eher abfiel. Der Befund könnte so interpretiert werden, dass ein niedriger Testosteronspiegel die fürsorglichen Verhaltensweisen stärkt. Ein größeres Engagement bei der Kinderbetreuung könnte hiermit ebenfalls einhergehen.
- Prolaktin: Prolaktin sorgt für das Brustwachstum und die Milchproduktion bei Frauen. Zudem wird dem Hormon nachgesagt, dass es Bindungen und zwischenmenschliche Annäherungen fördert sowie dem Abbau von Stress und Angst hilft. Im Blutspiegel der Männer stieg Prolaktin in der Studie an. Männer, die einen höheren Prolaktinspiegel hatten, kümmerten sich lieber um ihre Kinder.
- Kortisol: Bei Kortisol handelt es sich um ein Stresshormon. Darüber hinaus regelt es den Schlaf und den Fettstoffwechsel. In der Studie stieg der Kortisolspiegel der untersuchten Männer an. Männer, die einen höheren Kortisolspiegel vor der Geburt hatten, waren engagierter bei der Betreuung ihrer Kinder. Ähnliches ließ sich bei Männern beobachten, deren Kortisol bei Interaktion mit ihrem Baby anstieg.