Chronische Darm-Entzündungen: Neuer Therapieansatz gibt Hoffnung - wie Phagen helfen sollen
Autor: Evelyn Isaak
Deutschland, Montag, 23. Januar 2023
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen betreffen alleine in Deutschland rund 320.000 Menschen und gelten bisher als nicht heilbar. Ein internationales Forschungsteam hat nun einen möglichen Therapieansatz entwickelt.
- Wissenswertes rund um chronisch-entzündliche Darmerkrankungen
- Phagen und ihr Potenzial
- Ablauf und Ergebnisse der Studie
- Fazit
Von einer chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) betroffene Menschen zeigen häufig Symptome wie Durchfall und Bauchschmerzen. Eine Heilungsmöglichkeit gibt es nach derzeitigem medizinischen Stand nicht, jedoch können Medikamente Betroffenen den Alltag erleichtern. Ein Forschungsteam hat nun eine neue Möglichkeit entdeckt, mit der CED zukünftig vielleicht sogar ursächlich behandelt werden könnte.
Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Das musst du wissen
Im Gegensatz zu anderen Darmerkrankungen kehren die chronisch-entzündlichen immer wieder und halten teils länger an. Am häufigsten treten Morbus Crohn und die Colitis ulcerosa auf. Bei Colitis ulcerosa ist die Darmschleimhaut betroffen, wobei sich die Entzündung in diesem Fall auf den Dickdarm beschränkt. Im Unterschied dazu kann bei Morbus Crohn der gesamte Magen-Darm-Trakt, sprich vom Mund bis zum After, betroffen sein. Damit kann die Krankheit die ganze Darmwand betreffen und im schlimmsten Fall die Entstehung von Fisteln hervorrufen.
Insgesamt sind in Deutschland etwa 320.000 Menschen von einer der beiden häufigsten Varianten der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung (CED) betroffen. Die Tendenz wird als steigend eingestuft. Typische Symptome eines entzündeten Darms sind starke Bauchschmerzen, teils blutige Durchfälle, ein Gewichtsverlust und Müdigkeit. Darüber hinaus kann es zu weiteren Beschwerden an den Gelenken oder der Haut kommen. Damit einher geht häufig eine gewisse Anspannung und Angst, über die Krankheit zu sprechen sowie unterwegs keine Toilette finden zu können, wenn es notwendig wird. Eine Studie, die 2021 in der Fachzeitschrift "The Lancet" veröffentlicht wurde, verdeutlicht, dass fast jede dritte Person mit einer CED Angstsymptome aufweist; ein Viertel der Proband*innen zeigt sogar Anzeichen einer Depression.
Nach dem derzeitigen medizinischen Stand können weder Morbus Crohn noch Colitis ulcerosa ursächlich behandelt werden. Es geht bei der Therapie eher darum, durch die Anpassung des Lebensstils und verschiedene Medikamente die Beschwerden für die Betroffenen angenehmer zu machen. Medikamente, die nach einer ausführlichen ärztlichen Diagnose oft verschrieben werden, sind Kortison, Mesalazin, Immunsuppressiva, Biologika und Mittel gegen Durchfall. CED gelten damit als nicht heilbar. Ein internationales Forschungsteam hat nun ein neues Verfahren entdeckt, welches Hoffnung für eine neue Therapiemöglichkeit für Menschen mit einer CED geben kann.
Neue Studie: Potenzial der sogenannten Phagen
In der Medizin suchen Menschen seit Jahren nach einem Weg, die Krankheit ursächlich behandeln zu können. Erste Erkenntnisse zu einem neuen Verfahren hat jetzt ein internationales Forschungsteam veröffentlicht. Die Forschenden gingen bei ihrer Untersuchung einen Schritt zurück. Bekannt ist, dass es eine Vielzahl an Bakterien im Darm gibt, die in einem sensiblen Gleichgewicht miteinander stehen. Wird dieses gestört, schüttet der Körper Abwehrstoffe aus, damit beispielsweise eine im Überfluss vorhandene Bakterienart so gut wie möglich zurückgehalten wird. Im Mittelpunkt der Forschung stand, von diesem Wissen ausgehend, ob und welche Bakterien bei einer CED eine Rolle spielen. Des Weiteren sollte herausgefunden werden, wie diese Bakterien ohne den Einsatz von Antibiotika bekämpft werden können, da letzteres unspezifisch ist und zudem anderem Teilen der Darmflora schaden kann.
Die am Forschungsprojekt Beteiligten konzentrierten sich auf eine andere Art der Bekämpfung von Bakterien, und zwar jene durch Viren. Hierfür setzten sie sogenannte Phagen ein. Das sind Viren, die für ihre Vermehrung auf Bakterien als Wirtsorganismen angewiesen sind. Phagen haben eine Art kleinen Kopf, in dem sich ihr Erbgut befindet, sowie eine Art Schwanz und kennzeichnen sich dadurch, dass sie sich auf ein spezielles Bakterium spezialisieren können. Diese Viren machen nicht, wie etwa das bekannte Coronavirus, krank, sondern können im Gegensatz dazu schädliche Bakterien abtöten.