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Schloss Fantaisie nahe Bayreuth: Gärtnern als schöne Kunst


Autor: Rudolf Görtler

Bayreuth, Freitag, 05. Mai 2017

Das Schloss Fantaisie ist zum Museum für Gartenkunst um- und ausgebaut worden.
Schloss Fantaisie in Donndorf bei Bayreuth Fotos: Ronald Rinklef


Nicht mehr allzu viele Leser wird des Dichters Jean Paul Armenadvokat Siebenkäs aus Kuhschnappel faszinieren. Dabei ist ein Schauplatz des 1796 erschienenen Romans ganz leicht zu erreichen: der laut Jean Paul "erste Himmel" um Bayreuth, Schloss Fantaisie (der zweite war die Eremitage, der dritte "die ganze Gegend").
Von Büchern sagt man, dass sie ihre Schicksale haben, dieses Schloss, unmittelbar an der Bundesstraße 22 wenige Kilometer vor Bayreuth gelegen, hat auch seins. Das ist, wie soll es anders sein auf dem Terrain der ehemaligen Markgrafen, eng verflochten mit nicht nur adligen Irrungen und Wirrungen vom 18. bis zum 21. Jahrhundert. In dem alles gut wurde, denn seit dem Jahr 2000 residiert in dem Schloss ein Gartenkunst-Museum, verantwortet und unterhalten von der Bayerischen Schlösserverwaltung.


Gartenkunst für Fachleute und Familien

Nach bescheidenen Vorstufen ließ Elisabeth Friederike Sophie (1732-1780) das Schloss ab 1763 zum Sommersitz ausbauen. Elisabeth Friederike war die Tochter des Markgrafen Friedrich von Brandenburg-Bayreuth und dessen Gattin Wilhelmine - und die Nichte Friedrichs des Großen. 1748 war diese Nichte mit Herzog Carl Eugen von Württemberg (genau, der mit Schiller!) verheiratet worden, kehrte jedoch bereits 1756 zurück wegen der Mätressenwirtschaft ihres Gatten.

Der "Weiße Saal" und das Spindler-Intarsienkabinett gehen auf die Initiative einer Prinzessin Dorothee Sophie zurück; Herzog Alexander II. von Württemberg sorgte ab 1850 für die endgültige Gestalt von Schloss und Park. Beide erlebten mehrere Metamorphosen - so fanden der Nationalsozialistische Lehrerbund und die US Army vorübergehend Unterschlupf.

Man könnte nun vermuten, dass bei all der hohen Herrschaftsherrlichkeit ein Ort für Fachleute und -wissenschaftler entstanden ist. Gemach!, wehren die Kastellanin Christine Obst und die Museumspädagogin Kornelia Weiß ab. In den 21 Themenräumen sei ein "Museum für jedermann" eingerichtet worden, insbesondere auch für Familien und Kinder (siehe Box unten). Und in der Tat: Auf zwei Etagen wird museumsdidaktisch hoch modern ein Abriss der Gartenkunst geboten mit dem Schwerpunkt auf englische und französische Gärten vornehmlich des 18. und 19. Jahrhunderts anhand süddeutscher Beispiele in Modell, Bild und Film. Dazu kommt natürlich das Schloss-Ambiente mit einem herrlichen Park, in dem man jederzeit und unabhängig vom Museumsbesuch lustwandeln kann.


Ob Englischer Garten oder Bamberger Hain: Der Barockgarten orientiert sich am Vorbild Versailles

Jawohl, die Gartengestaltung war im Barock, Rokoko und auch später eine hohe Kunst, Gartenkünstler wie Friedrich Ludwig Sckell waren hoch angesehen ebenso wie der handwerklich ausgefeilte Gärtnerberuf. Zwei Linien, Konzepte, durchziehen Schloss und Park in Donndorf. Da ist einmal der barocke Garten der absolutistischen Herrscher, orientiert am großen Vorbild Versailles, mit geometrischer, abgezirkelter Anlage, genau eingeteilt. Er sollte die Dominanz des Souveräns auch über die Natur demonstrieren. Auf der anderen Seite der "englische" Landschaftsgarten, scheinbar naturbelassen, in den sich die Gebäude einschmiegten - Beispiele sind der Park Schönbusch bei Aschaffenburg, der Englische Garten in München oder auch der Bamberger Hain. Im Park des Schlosses Fantaisie gehen Elemente des Rokoko- mit dem des "sentimentalen" und modernen Landschaftsgartens eine reizvolle Symbiose ein. Dazu gehören auch Bauwerke wie ein Turm, ein Pavillon, ein "Komödienhaus" und eine Kaskadenanlage mit einem Neptunbrunnen.


Wasser als bedeutendes Element im Garten

Dies alles wird veranschaulicht durch die Exponate im Museum mit kurzen Erläuterungstexten. Man sieht etwa Duplikate von allegorischen Skulpturen Ferdinand Tietz', wie sie den Rokokogarten in Veitshöchheim in Massen bevölkern, oder eine prachtvolle Zinkguss-Amazone aus dem 19. Jahrhundert, schon fast in Serienproduktion hergestellt. Ein bedeutendes Element, das Wasser ("die Seele des Gartens"), wird anhand von Filmen beseelt, so wie meist liebevoll und minutiös ausgearbeitete Pläne, Gemälde und Drucke an den Wänden hängen und so die Imaginationen der alten Gartenkünstler sichtbar machen, wie alte Geräte, oft erstaunlich modern wirkend, auch die ins Bewusstsein rufen, die letzten Endes die Arbeit machen mussten.
Es ist jedoch ein Museum historischer Gartenkünste. Wer Tipps zur richtigen Aussaat oder fürs Blumenpflanzen erwartet, ist im Schloss Fantaisie (es heißt so seit 1770) fehl am Platze. Freilich sieht man "Pleasure Grounds" mit zur Erbauung angelegten Blumenarrangements aus Rosen, Tulpen und Nelken, sieht man alte Gartenmöbel und den Eingang von Goethes Gartenhaus. Höhepunkte eines jeden Rundgangs sind der Weiße Saal, heute gelegentlich für Konzerte genutzt, und das Intarsienkabinett der Brüder Spindler (ein Nachbau). Ausblicke auf Kloster-, Bürger- und Bauerngärten fehlen ebensowenig wie schöne alte Bücher zum Thema. Nach dieser reichen Wissens-Ernte kann man zu einem Weiher im Park spazieren und die schwarzen Schwäne Tristan und Isolde beobachten, der Worte Jean Pauls eingedenk, der diesen Park in seiner typischen Diktion als "artistisches Lust- und Rosen- und Blüthenthal" gepriesen hatte.


Öffnungszeiten, Führungen und Museumspädagogik

Standort
Schloss und Park Fantaisie, Bayreuther Str. 2, 95488 Eckersdorf/Donndorf, Tel. 0921/731400-11, Fax -18, www.gartenkunst-museum.de

Öffnungszeiten April bis September 9-18 Uhr, 1.-15. Oktober 10-16 Uhr, Mo. und 16. Okt. bis 31. März geschlossen. Der Garten ist immer zugänglich!

Eintrittspreise 3,50 Euro (3 erm.), Kinder/Jugendliche frei

Sonderführungen für Gruppen sind buchbar unter Tel. 0921/75969-0, E-Mail sgvbayreuth@bsv-bayern.de (Park oder Museum 60-90 Min. 45 € pro Gruppe plus Museumseintritt; Museum plus Park 90-150 Min. 65 € pro Gruppe plus Eintritt ins Museum)

Termine für öffentl. Führungen 21. Mai, 10 Uhr (Spaziergang), 21. Mai, 14 Uhr (Kinderführung), 21. Mai, 14 Uhr (Spaziergang), 18. Juni, 14 Uhr (Spaziergang, Kinderführung extra)

Museumspädagogik "Kinder entdecken Garten-Kunst": Tour mit Rätseln. 90-120 Min., max. 25 Teiln. (im Grundschulalter), Buchung unter Tel. 0921/75969-0, E-Mail sgvbayreuth@bsv.bayern.de. Ein "Rallye-Bogen" ist auch für Erwachsene interessant und für zwei Euro an der Museumskasse zu haben. Geeignet für eigenständige Erkundung. rg

Hier geht es zur interaktiven Kartemit Ausflugstipps zum Thema Lehrgärten und Botanischen Gärten in Franken.